Klimawandel

Klimapolitik muss die extrem Reichen treffen

Eine Studie von Oxfam zeigt, dass es vor allem die Reichen sind, die weltweit die Klimakrise vorantreiben – durch ihren exzessiven Konsum und Lebensstil. Die Leidtragenden sind die Armen. „Für den Konsumrausch einer reichen Minderheit zahlen die Ärmsten den Preis,“ kritisiert Oxfam. Die Reichsten sind es demnach, die am dringendsten ihr Verhalten ändern müssen, wenn wir unser Klima retten wollen.

Der reichste Teil der Menschheit treibt die Erderwärmung am meisten voran, das zeigt die Oxfam-Studie anlässlich der Weltklimakonferenz COP26 2021. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung stößt 30 Mal mehr CO2 aus als sie sollten – zumindest wenn die Temperaturen bis 2030 nicht um mehr als 1,5 Grad steigen sollen. Sie müssten ihre Emissionen um 97 Prozent reduzieren, wenn die CO2-Reduktion fair verteilt sein soll.

„Ein Milliardär verbraucht bei einem Flug ins All mehr CO2 als ein armer Mensch im ganzen Leben. Eine kleine Elite scheint den Freifahrtsschein zur Verschmutzung zu haben”, kritisiert Nafkote Dabi, Klimaexpertin bei Oxfam.

Während die ärmste Hälfte der Welt weit weniger CO2 ausstößt als ihr zustehen würde, leben die obersten 10 Prozent über ihre Klima-Verhältnisse: Ihr CO2-Ausstoß liegt 9 Mal höher als geboten wäre. Wenn sie ihren CO2-Ausstoß nicht reduzieren, ist das 1,5 Grad Ziel nicht erreichbar. Egal, wie sich die anderen 90 Prozent verhalten.

Oder anders gegenübergestellt: Damit wir das Klimaziel erreichen, dürften wir pro Kopf und Jahr maximal 2,8 Tonnen CO2 ausstoßen. Milliardäre wie Roman Adamovich, Bill Gates, Elon Musk oder Jeff Bezos haben einen Tausende Male höheren Verbrauch als das.

Eine Superyacht verursacht mehr CO2 im Jahr als 1.400 Menschen

Wie sieht der Lifestyle der Superreichen konkret denn aus und wie schädigt er das Klima? Die AnthropologInnen Richard Wilk und Beatriz Barros haben diese Frage beantwortet und den CO2-Ausstoß von Superreichen beispielhaft berechnet. Yachten, Privat-Jets und Villen, die zig Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre schleudern. Eine Superyacht samt ständiger Besatzung, Hubschrauberlandeplatz, U-Booten und Pools beispielsweise stößt nach den Berechnungen von Wilk und Barros jährlich etwa 7.020 Tonnen CO2 aus und ist damit der mit Abstand umweltschädlichste Besitz, den man sich anschaffen kann.

Dass wir so weit von unseren Klimazielen entfernt sind, „ist nicht dem Konsum und Lebensstil der allermeisten Menschen geschuldet. Es liegt an den exzessiven Emissionen der reichsten Menschen auf diesem Planeten“, erklärt Tim Gore, einer der Studienautoren von Oxfam. Regierungen müssen Maßnahmen entwickeln, die auf Reiche zielen: „Die Klimakrise und die Ungleichheitskrise müssen gemeinsam angegangen werden“.

Das sieht auch die Ökonomin Ann Petifor so. Für sie ist die Steuerpolitik ein wichtiger Hebel zur Problemlösung:

„Die Reichen stoßen mit Abstand das meiste CO2 in die Atmosphäre, sie müssen wir auch am stärksten besteuern. Den CO2-Ausstoß der Reichsten auf den europäischen Durchschnitt zu senken, das würde schon viel zur Lösung des CO2-Problems beitragen.“ – Ann Petifor, Ökonomin

Luxus-Lifestyle mit Folgen: Die reichsten 10% verursachen 52% der CO2-Emissionen

Oxfam hat bereits in früheren Studien gezeigt, wie ungleich der CO-Ausstoß verteilt ist: Die reichsten zehn Prozent (630 Millionen Menschen) sind für mehr als die Hälfte (52 Prozent) des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Das reichste Prozent (63 Millionen) für 15 Prozent – Tendenz steigend. Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung ist dagegen nur für sieben Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Die reichsten 10% der Weltbevölkerung sind für die Hälfte des CO2 Ausstoß verantwortlich

Der Grund für dieses Ungleichgewicht liegt im Lebensstil: Wer viel Geld hat, kauft mehr, fährt mehr Auto und fliegt oft. Noch extremer fällt das Bild aus, wenn wir das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung betrachten. Die Reichsten der Erde stoßen doppelt so viel CO2 aus wie die ärmste Hälfte der Bevölkerung.

In fast allen Ländern verursachen die Reichsten ein Vielfaches der Emissionen des Durchschnittsbürgers

Klimakrise und Ungleichheitskrise gemeinsam angehen

Klimapolitik muss Reiche in die Verantwortung nehmen und arme Menschen bei der Bewältigung der Krise unterstützen. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden die krassen Ungleichheiten bei Einkommen und Emissionen innerhalb der Weltbevölkerung bestehen bleiben. Dies stellt das Gerechtigkeitsprinzip in Frage“, so Emily Ghosh vom Stockholmer Umweltinstitut.

Staaten müssen Luxus-Konsum wie Mega-Yachten, Privat Jets oder private Flüge ins All beschränken und Investitionen in Öl- oder Gasgeschäfte stärker besteuern, rät Oxfam. Denn die extrem Reichen verdienen mit Erdöl und Erdgas nach wie vor viel Geld: Laut dem Jahresbericht der Energieagentur (IEA) über die Investitionstrends in der Energiewirtschaft, flossen 2020 726 Mrd. US-Dollar in Projekte mit Öl, Gas und Kohle. Das heißt: In neue fossile Anlagen, die zu den bereits bestehenden dazu kommen. Dabei stoßen die bestehenden Kraftwerke schon so viele Treibhausgase aus, um uns weit über das 1,5 Grad Ziel hinauszuschießen. Weniger als die Hälfte des Geldes, nämlich nur 359 Mrd. Euro, haben Investoren dagegen in erneuerbare Energie investiert. Auch für das Jahr 2021 bleibt das Geld für die Öl- und Gasgewinnung weit höher als das für Wind- oder Solarenergie.

„Höhere Einnahmen vom obersten Prozent sollen Staaten in den öffentlichen und grünen Sektor investieren, wo gute Arbeitsplätze entstehen“, sagt Tim Gore, einer der Studienautoren.

„Weniger Armut bedeutet am Ende aber mehr CO2-Verbrauch“ – falsch, zeigt Studie

Klimaschutz und Armutsbekämpfung sind kein Widerspruch. Eben weil der derzeitige CO2-Verbrauch so ungleich verteilt ist. Weltweit die krassesten Formen von Armut zu beenden, erhöht laut Berechnungen die Emissionen nur um 1,6 bis 2,1 Prozent. Ein Team aus ÖkonomInnen hat hierzu auf umfassende Daten der Weltbank zurückgegriffen, um valide Ergebnisse zu erhalten.

Ausgangslage der Studie waren Befürchtungen, dass das Verfolgen der „SDG“-Zielen den Zielen des Pariser Klimaabkommens zuwiderlaufen könnte. Zur Erklärung: Im Pariser Abkommen haben sich Staaten darauf geeinigt, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten einzudämmen, wobei sie aber 1,5 Grad+ anstreben. Die „SDG“-Ziele wiederum zielen auf die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen weltweit ab. SDG steht für Sustainable Development Goals – es geht also um nachhaltige Entwicklung. Die SDGs umfassen 17 Ziele. Seit 2016 arbeiten Staaten daran, diese gemeinsame Vision zur Bekämpfung der Armut und Reduzierung von Ungleichheiten in nationale Entwicklungspläne zu überführen. Bis 2030 will man diese Ziele erreichen.

Je ungleicher eine Gesellschaft, umso ungleicher auch der CO2-Ausstoß

Dass die Reichsten weit mehr Treibhausgase verursachen als ärmere Teile der Bevölkerung gilt sowohl über die ganze Welt verteilt als auch in jedem einzelnen Land. Auch wenn sie die Ergebnisse pro Land stark unterscheiden, so gilt: Reiche verbrauchen überdurchschnittlich viel CO2 – egal, wo sie sich befinden. Wo die Ungleichheit besonders hoch ist – etwa in den USA – ist auch der Unterschied in den Emissionswerten besonders hoch.

In Österreich fallen die Unterschiede kleiner aus, doch auch hier fällt das Einkommen ins Gewicht: Hier sind Laut Oxfam die reichsten zehn Prozent bzw. 872.964 Menschen für ein Viertel (24,6%) der österreichischen CO2-Emissionen verantwortlich. Die mit 4,4 Millionen Menschen fünf Mal größere ärmere Hälfte der österreichischen Bevölkerung hat mit 30 Prozent nur etwas mehr verbraucht. Noch krasser ist der Vergleich mit den reichsten 0,1 Prozent: Jemand wie René Benko verbraucht 20 Mal soviel CO2 im Jahr wie ein Österreicher aus den unteren 50 Prozent.

Arme sind die Leidtragenden

Von den Konsequenzen der Klimakrise sind hingegen die Armen global viel stärker betroffen: Länder wie Bangladesch oder Mosambik müssen mit den katastrophalen Auswirkungen – Hitze, Dürre, Überschwemmungen – rechnen. Staaten wie Kanada oder Norwegen kommen im Vergleich glimpflich davon. Doch auch innerhalb der Staaten sind die wohlhabenden Teile der Bevölkerung am wenigsten und die Ärmsten am meisten betroffen. Bei der Flutkatastrophe in Deutschland fehlte den ärmeren Deutschen nicht nur eine ausreichende Versicherung, sondern auch Erspartes für neue Anschaffungen oder den Umzug.

Arme Menschen leben in schlechten Häusern und haben unsichere Jobs. Selten haben sie Geld auf der Seite, um Klimaanlagen anzuschaffen oder ein Ferienhaus im Kühlen zu kaufen. Ihre Arbeiten sind körperlich anstrengender und gesundheitlich sind sie meist schlechter beisammen – weshalb ihnen Wetterextreme auch mehr zu schaffen machen.

Die Rechenweise der Studie
Die Studie benutzt eine neue Rechenweise: Anstatt den CO2 Ausstoß dort zu messen, wo er produziert wird – etwa in einer Spielzeug-Fabrik in China oder in einer Näherei in Bangladesch, wird der Emissionswert für das Produkt dort gemessen, wo es konsumiert wird. Wenn also die Jeans aus Bangladesch in Österreich getragen wird oder das Spielzeug aus China in den USA unter dem Christbaum liegt, dann fällt dort der Emissionswert an. Berechnet man den CO2-Ausstoß am Konsum, kommt man zu dem Ergebnis: Reiche sind die wahren Klimasünder  – und zwar überall auf der Welt.
Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 64%, 681 Stimme
    681 Stimme 64%
    681 Stimme - 64% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 13%, 137 Stimmen
    137 Stimmen 13%
    137 Stimmen - 13% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 11%, 117 Stimmen
    117 Stimmen 11%
    117 Stimmen - 11% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 8%, 80 Stimmen
    80 Stimmen 8%
    80 Stimmen - 8% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 41 Stimme
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    41 Stimme - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 1056
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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