Gesundheit & Leben

Die Folgen der Impfskepsis: Masern am Vormarsch in Europa

1,5 Millionen Todesfälle könnten jährlich durch höhere Impfquoten verhindert werden. Die Weltgesundheits-Organisation listet fehlende Impfbereitschaft unter den 10 gefährlichsten Bedrohungen der Weltgesundheit. Wegen der wachsenden Impfskepsis explodiert die Zahl der Masernfälle in Europa. Warum sind gerade junge Eltern gegen eine der wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizin? Hier die größten Impf-Mythen im Faktencheck.

Masern sind eine der ansteckendsten Krankheiten. Wer mit einem Infizierten in Kontakt kommt und nicht geimpft ist, steckt sich zu 99 % damit an. Die Krankheit kann an bis zu 18 Menschen weitergegeben werden – bei Krankheiten wie Grippe sind es nur vier. Man muss also nicht ohne Grund seine Masern-Erkrankung beim Arzt melden. 2019 gab es (mit Stand 6. November 2019) bereits 146 gemeldete Masern-Fälle. 2018 waren es insgesamt 77. Mastern können sogar tödlich enden: Im Schnitt stirbt 1 von 1.000 erkrankten Patienten.

Folgen der Krankheit

Die Gefahr von Masern wird oft unterschätzt: Durch Masern-Erreger kann sich das Gehirn entzünden, das verläuft in 20% der Fälle tödlich, 30% leiden danach unter Behinderungen. Es kann aber auch zu einer chronischen Gehirnentzündung kommen (SSPE). Diese wird erst nach sechs bis acht Jahren wirklich bemerkt: Das Gehirn fängt an abzubauen – der Prozess ist nicht zu stoppen und endet immer tödlich.

Außerdem kann durch die Masern ein Lungenversagen eintreten.

Impfskepsis führt zur Rückkehr von Masern

Dass die Masern noch immer nicht ausgerottet sind, liegt an der zu geringen Durchimpfungsrate: 95% der Menschen müssten geimpft sein, doch es gibt große Impflücken, vor allem bei den Jahrgängen 2008 bis 2010 und bei Erwachsenen, die in den 1990er Jahren geboren wurden. Zusätzlich ist ein Drittel der 15-30-Jährigen kein zweites Mal geimpft – und das, obwohl die Impfung für jeden kostenfrei ist.

Das liegt daran, dass große Impfskepsis in der Bevölkerung vorherrscht. 57% der Österreicher haben mittlerweile Zweifel am Nutzen von Impfungen, und das sind vor allem die höher gebildeten Schichten. 

Sie zweifeln daran, dass Impfen überhaupt hilft und vermuten: Impfempfehlungen dienen vor allem den Interessen der Pharmaindustrie.

Die Diskussionen um’s Impfen sind emotional und stecken voller Ängste. Es ist schwer, mit rationalen Argumenten anzukommen. Wir haben es trotzdem versucht und Fakten zu den häufigsten Argumenten der Impfgegner gesammelt.

Mythos 1: Impfen hilft nicht

Viele Impfskeptiker sind der Meinung: Die Wirkung von Impfungen ist nicht ausreichend belegt. Der Rückgang von vielen Krankheiten habe viel eher etwas mit verbesserten Hygienestandards zu tun.

Ein kurzer Blick auf die Zahlen reicht aber, um dieses Märchen zu widerlegen. 1961 erkrankten in Deutschland fast 4.700 Kinder am Poliovirus. Zeitgleich wurden Schluckimpfungen dagegen eingeführt. Vier Jahre später gab es nicht mal mehr 50 Fälle dieser Krankheit. Heute ist das Leiden fast überall auf der Welt kein Thema mehr. Die verbesserten Hygienestandards haben natürlich auch zu einem Rückgang von Erkrankungen geführt, ohne Impfungen wäre aber dieses Ausmaß nie schaffbar gewesen.

Abgesehen davon dürfen nur Stoffe zugelassen werden, deren Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen wurde. 

Mythos 2: Impfen kann zu Autismus führen

Seit 1998 geistert ein Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus herum. Er geht auf eine Studie von Andrew Wakefield zurück, die anhand von nur zwölf Kindern behauptete, dass die Dreifach-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) Auslöser für Autismus sei. Der Artikel wurde mittlerweile zurückgezogen, weil es ihm an wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit mangelte. Der Studienautor hat 2000 seine Zulassung als Arzt verloren. Im Jahr 2004 wurde schließlich bekannt: Wakefield hatte sich die Studie mit 55.000 britischen Pfund von Anwälten finanzieren lassen, die Eltern von autistischen Kindern bei ihren Klagen gegen die Hersteller des MMR-Impfstoffs vertraten.

Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus widerlegt

Mittlerweile konnten groß angelegte Studien zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen MMR-Impfungen und Autismus oder anderen Entwicklungsstörungen gibt. Dennoch hat die Diskussion zu großer Impfskepsis und Verunsicherung bei Eltern geführt. Die Impfrate ist seither stark zurückgegangen. „Obwohl mittlerweile gezeigt wurde, dass die besagte Studie eine vorsätzliche Fälschung war, wird der damals vermutete Zusammenhang immer noch zitiert“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium

Mythos 3: Impfungen sind nicht nötig, da es die Krankheiten nicht mehr gibt

Es stimmt, man hört kaum mehr etwas über Fälle von Kinderlähmung oder Diphtherie. Dass das so ist, haben wir den entsprechenden Impfstoffen zu verdanken. Durch hohe Impfquoten entwickelte die Bevölkerung in den meisten europäischen Ländern eine Art Herdenimmunität gegen die Erreger. Doch jeder, der auf die Impfung verzichtet, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheiten zurückkehren. Viren halten sich schließlich nicht an nationale Grenzen und können in unserer globalisierten Welt leicht wieder eingeschleppt werden.

Mythos 4: Die Krankheit selbst zu durchleben, schützt besser als eine Impfung

„Masern-Partys“ wurden in den 1950er und 60er Jahren als Alternative zu Impfungen veranstaltet. Dabei brachten Eltern ihre Schützlinge absichtlich mit an Masern erkrankten Kindern in Berührung. Die Logik dahinter: Bei einer Impfung werden schließlich auch Erreger einer Krankheit verabreicht. Es ist besser, auf natürliche Weise zu erkranken und Antikörper zu bilden und die Impfung wird dadurch hinfällig.

Einen groben Fehler kann man jedoch in dieser Theorie schnell erkennen: Impfstoffe sind abgetötete oder abgeschwächte Erreger – die geimpfte Person wird nicht wirklich krank und das ist gut so. Schließlich ist einer von 1.000 Masern-Fällen tödlich und es kann zu Folgen wie Behinderungen kommen.

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12. März 2024
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