Coronavirus

Einfach erklärt: Was ist Long Covid – und wie entsteht es im Körper?

Die Covid-19 Infektion überstanden, aber trotzdem krank? So geht es jedem 10. ehemaligen Corona-Kranken. Betroffen sind vor allem Junge und Frauen. Sie leiden an Long Covid. Noch Monate nach der Corona-Erkrankung sind sie erschöpft, schmerzgeplagt oder sogar arbeitsunfähig. Long Covid ist die unterschätzte Gefahr der Pandemie und eine der großen Herausforderungen für unser Gesundheitssystem. 

Gefährdet sind die Älteren und die Vorerkrankten. Für Sie ist Covid-19 im schlimmsten Fall tödlich. Und die Jungen? Die haben oft nicht mal Symptome – die brauchen sich nicht wirklich fürchten. So lautete das Mantra noch im Frühjahr 2020. Die Jungen, sie müssen keine Angst haben. Ein Mythos, wie man jetzt weiß.

Junge Frauen und Männer haben seltener einen schweren Verlauf bei einer Covid19-Infektion und versterben daher auch viel seltener. Doch wie sich zeigt, werden häufig aus einst gesunden, fitten Erwachsenen binnen weniger Monate chronisch Kranke. Sie haben Glieder- und Muskelschmerzen, Atemnot, leiden an Schlaflosigkeit und Konzentrationsstörungen. Mitunter sind sie arbeitsunfähig und können keine Besorgungen mehr alleine erledigen. Der Grund: Eine Infektion mit Covid19, oft mit mildem Verlauf oder gar nicht spürbar. Und trotzdem macht der Virus ihre Körper noch Wochen danach kaputt. Wie genau, ist noch ein Rätsel. Aber es gibt erste Vermutungen.

Long Covid: Infektion überstanden, aber trotzdem Langzeitfolgen

Im Frühjahr 2021 merken PatientInnen rund um die Welt, dass sie mit ihren Beschwerden nicht ins Bild passen. Während der Infektion hatten sie oft weder Fieber noch Husten. Aber dann, Wochen nachdem sie die Infektion überstanden haben, geht es ihnen schlecht.

Long Covid-PatientInnen leiden u.a. an Herzrasen und Schlaflosigkeit

Extreme Erschöpfung. Herzrasen – auch in der Nacht. Schlaflosigkeit. Kurzatmigkeit. Konzentrationsprobleme. Kopfschmerzen. Hör-und Sehprobleme, Schmerzen in den Beinen. Sogar Haarausfall oder Tinnitus. Diese Beschwerden werfen Männer und Frauen zwischen 20 und 50 aus der Bahn. In sozialen Netzwerken und Reportagen liest man ihre Geschichten jetzt häufiger.

Eine 23-jährige Studentin, die ihr Studium vorerst abbricht, weil sie Texte nicht mehr sinnerfassend lesen kann. Eine 30-jährige Frau, die nur noch liegen kann – und kaum Luft bekommt. Eine Zahnärztin, Mitte 40, die ihren Beruf nicht mehr ausüben kann. Sie hat so starke Muskelschmerzen, dass sie keinen Bohrer mehr ruhig halten kann.

Long- Covid, das ist ein Mix aus bis zu 200 Symptomen, die nach einer Covid19-Infektion auftreten können. In unterschiedlichen Kombinationen.

Definition: Was ist Long Covid?

Eine Italienerin verwendet auf Twitter erstmals den Begriff „Long Covid“. Dort – und anderswo – tauschen sich Betroffene auf. Sie haben gemeinsam, dass ihnen ihre einstige Covid-Infektion noch nachhängt. Auch nach Wochen und Monaten.

Im Jänner 2021 erhält Long Covid einen Code der International Classification of Diseases der WHO, kurz ICD: U09.9. Damit ist Long Covid offiziell eine Krankheit. Ein erster Schritt, denn wenn eine Krankheit einen Namen hat, wird sie stärker beforscht – und an ihrer Heilung. Momentan sind noch viele Fragen offen: Welche Symptome sind wirklich auf den Virus zurückzuführen? Welche Beschwerden sind psychosomatisch? Warum sind die Symptome so unterschiedlich – und was ist der Grund dafür?

Infektion mit Folgen: Beschwerden werden oft nicht ernst genommen

Für die Betroffenen bedeutet es, dass ihr Leben nicht mehr funktioniert wie vorher. Und dass sie Hilfe brauchen. Aber wie kommen sie zu dieser?

Oft scheitern Patientinnen und Patienten schon beim Arztgespräch. Manche bekommen eher gut gemeinte Ratschläge zu hören: Kopfschmerzen? Vielleicht ein paar Schmerztabletten. Herzrasen? Bisschen auf Kaffee verzichten. Konzentrationsschwierigkeiten? Mal ein paar Tage ausruhen. Doch weil all das nicht hilft, stehen Betroffene bald wieder vor der Praxis-Tür. Und der Spießroutenlauf von einer Untersuchung zur nächsten beginnt.

Folge-Symptome sind schwer zuzuordnen

Für Ärztinnen und Ärzte ist es schwer, die so unterschiedlichen Symptome direkt auf den Covid19-Virus zurückzuführen. Umso wichtiger ist es, den Betroffenen gut zuzuhören und sie nach mehreren Symptomen und nach einer zurückliegenden Infektion zu befragen.

Doch selbst wenn Long Covid diagnostiziert wird: Wie soll man die Beschwerden behandeln? Patientinnen und Patienten, deren Lunge durch eine Infektion geschädigt ist, brauchen eine Lungen-Reha. Bei jüngeren Betroffenen mit Atemproblemen ohne Organschaden ist aber eine Reha nicht unbedingt zielführend – sie brauchen oft eine neurologische Behandlung.

Das Problem sind kleine Entzündungen, die auch nach einer überstandenen Infektion noch auftreten können. Mitunter im Gehirn. Dort kann die Ursache für Beschwerden wie Kopfschmerzen, Sehprobleme, Benommenheit oder Konzentrationsschwächen liegen.

Junge und Frauen sind häufig betroffen – warum?

Wie häufig kommt es zu Long Covid-Symptomen? Nach Schätzungen kämpfen zwischen 10 und 20 Prozent der Covid-19-Patientinnen und Patienten mit Folgeschäden. Karl Lauterbach, neuer deutscher Gesundheitsminister, nutzt seit langem seinen Twitter-Kanal, um über den Stand der Corona-Forschung zu informieren. Auch über Long Covid. Laut einer Studie der Universität Köln haben 12,8 Prozent aller Covid-Patienten mit milden oder fehlenden Symptomen später Long Covid-Symptome. Sogar 7 Monate nach ihrer Infektion.

Besonders betroffen sind junge Frauen: Laut einer Studie der Charité Berlin im Jahr 2021 sind 7 von 10 Betroffenen weiblich.

Einen Grund dafür vermutet man in den unterschiedlichen Reaktionen des Immunsystems auf Virus-Reste im Körper. Long Covid sei in vielen Fällen eine Autoimmunerkrankung: Die Immunsysteme älterer Menschen reagierten nicht mehr aktiv genug, um auf Virusreste zu reagieren. Und bei den Jüngeren? Hier scheint es Frauen eher negativ zu treffen, da das weibliche Sexualhormon Östrogen das Immunsystem stimuliert und so heftige Reaktionen auslöst.

Was passierbei bei Long Covid im Körper? 3 Theorien einer Immunologin

Wie entsteht Long Covid? Diese Frage beschäftigt auch Akiko Iwasaki. Sie ist Immunologin und lehrt an der Yale University. Sie beschäftigt sich seit bald zwei Jahren mit Long Covid und trieb Forschungen dazu voran. Sie hat drei Theorien, was im Körper nach einer Covid19-Infektion passiert und warum das so eine unübersichtliche Zahl von Symptomen auslöst.

Theorie 1: Die gebildeten Antikörper schaffen es nicht, alle Viren abzutöten. Ein paar Viren bleiben in irgendwelchen Regionen des Körpers und attackieren ihn von dort immer wieder neu und das Immunsystem reagiert darauf.

Theorie 2: Es bleiben nicht intakte Viren, aber Virusreste zurück. Diese Fragmente attackieren zwar nicht aktiv den Körper, aber das Immunsystem reagiert dennoch auf sie. Die Long Covid Symptome wären nach dieser Theorie von unserem Immunsystem ausgelöst.

Theorie 3: Sogenannte Autoantikörper könnten die Ursache sein. Sie bilden sich nach der Infektion, sind aber gewissermaßen fehlgeleitet. Sie attackieren nicht das Virus, sondern den Körper, also auch seine gesunden Teile und Gewebe.

„Ich glaube mittlerweile, dass bei Menschen mit Long Covid alle drei Dinge passiert sein könnten“, erklärt Iwasaki in einem Interview mit der Zeit. „Dann gäbe es drei unterschiedliche Gruppen von Patienten. Das wäre auch eine Erklärung dafür, dass die Symptome so unterschiedlich ausfallen“.

Behandlung: Gegen chronische Erschöpfung gibt es kein Medikament

Parallel zur Frage nach der genauen Ursache für die Beschwerden, stellen MedizinerInnen die Frage: Womit kann man die Symptome vergleichen? Denn damit geht einher, welche Medikamente oder Behandlungen die Ärzte und Ärztinnen verschreiben.

Im Fall von Long Covid wird derzeit der Vergleich mit ME/CFS angestellt. Ausgeschrieben steht das für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom. Oder übersetzt: Chronische Erschöpfung. Die gute Nachricht: Das kennt man, das hat einen Namen. Die schlechte Nachricht: Auch dieses Syndrom stellt MedizinerInnen vor Rätsel.

Weltweit leiden etwa 17 Millionen Menschen an chronischer Erschöpfung. Die Erkrankten sind stark eingeschränkt. 3 von 5 Betroffenen können nicht mehr arbeiten. Viele können das Haus nicht mehr verlassen und sind auf Pflege angewiesen.

Wodurch ME/CFS genau verursacht wird, wird noch beforscht. Aber: Es sind in der Regel Viren, die die Ursachen sind. Auch das SARS-Virus, der Vorgänger des Covid19-Virus, ist als Auslöser bekannt.

Wer am Chronisches Fatigue-Syndrom erkrankt, kann auf Linderung seiner Beschwerden hoffen. Aber ein Medikament dagegen gibt es nicht. Die Pharma-Industrie hat sich bislang nicht für das Syndrom interessiert. Das könnte sich jetzt ändern.

Zigtausend Betroffene, auf die das Gesundheitssystem noch nicht vorbereitet ist

Die Corona-Pandemie bedeutet, dass es allein in Österreich Hunderttausende Long Covid-Fälle geben könnte. Erschöpft und chronisch krank, wenig belastbar, vielleicht sogar arbeitsunfähig. Davor hat der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bereits im Februar 2021 und bei seiner Rücktrittsrede gewarnt. Das Gesundheitssystem ist dafür noch nicht gewappnet. Das soll sich ändern. Für Ende April 2021 wurden 83 Zentren in Österreich angekündigt. Vorbild sind die Long Covid-Zentren wie in Großbritannien. Dort werden Gesundheitschecks durchgeführt mit Fokus auf vorangegangene Covid19-Infektionen.

Die Covid-19-Impfung bringt Besserung auch für Long Covid-Betroffene

Hoffnung gibt, dass sich eine Covid-19-Impfung positiv auswirkt, auch für Long Covid-PatientInnen. Wie der amerikanische Nachrichtensender CBS berichtet, gaben 4 von 10 Betroffenen in der Long Covid-Selbsthilfegruppe Survivor Corps an, dass sie sich nach der Impfung besser fühlen und die Symptome nachlassen. Vor allem die Erschöpfung. An der Befragung nahmen fast 1.000 Betroffene teil.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 60%, 1374 Stimmen
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    1374 Stimmen - 60% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 346 Stimmen
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    346 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 288 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    288 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 197 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    197 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 102 Stimmen
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    102 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2307
12. März 2024
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