Der rechtsextreme Attentäter von Christchurch soll dem „Identitäre“-Sprecher Martin Sellner eine vierstellige Summe gespendet haben. Das hat für Aufregung gesorgt – die Staatsanwaltschaft ermittelt zur Verbindungen von Österreichs Rechtsextremen nach Neuseeland. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache ist um Abgrenzung bemüht: „Die freiheitliche Partei hat mit den Identitären nichts zu tun“, sagt der Vizekanzler. Wir haben recherchiert, wie viel Nähe es tatsächlich zwischen den „Identitären“ und der FPÖ gibt.
Die sogenannten „Identitären“ agieren in Österreich seit 2013. Schon früh hat das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands diese Gruppierung als rechtsextrem eingestuft. Auch der Verfassungsschutz beobachtet die Identitären in Österreich seit langem. Der Attentäter von Christchurch hat dem „Identitären“-Chef 1.500 Euro überwiesen und sich in Mails als dessen Fan bekannt. Im Mai 2019 wurde öffentlich, dass Sellner und der Attentäter einander mehrmals geschrieben und sich wechselseitig nach Wien bzw. Australien eingeladen haben.
Trotz all dem gab und gibt es immer wieder Sympathie-Bekundungen und sogar Zusammenarbeit zwischen „Identitären“ und FPÖ-Politikern. Laut Medienberichten sollen FPÖler den „Identitären“ Geld gespendet haben und sogar selbst Mitglieder gewesen sein.
Im April 2016 haben Flüchtlinge – darunter Kinder – ein Theaterstück von Elfriede Jelinek im Audimax der Uni Wien aufgeführt. „Identitäre“ stürmten darauf hin die Bühne. Der FPÖ-Parteichef verteidigte sie auf Facebook.
„Die Identitären sind eine parteiunabhängige nicht-linke Bürgerbewegung, welche ihren friedlichen Aktionismus (…) von den Linken entlehnt haben, welche im Gegensatz zu den Identitäten oftmals jedoch leider gewalttätig handeln. Sie sind quasi junge Aktivisten einer nicht-linken Zivilgesellschaft.“ (Heinz-Christian Strache am 18. April 2016)
Strache selbst hat gezeigt, dass er keine Berührungsängste mit „Identitären“ hat. So zeigt ihn ein Foto aus dem November 2015 mit zwei „Identitären“ am Tisch in einem Lokal in der Steiermark. Strache behauptete zuerst, das Foto sei eine Fälschung – musste nun aber vor Gericht zugeben, dass dies nicht der Wahrheit entspricht: Das Foto war echt.
Am 7. September 2019 marschieren „Identitäre“ durch die Wiener Innenstadt und feiern den Sieg über die Türken 1683. Gastrednerin war auch die nicht amtsführende Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel (FPÖ). In ihre Rede würdigte Stenzel auch Ernst Rüdiger von Starhemberg für dessen Taten zur Verteidigung Wiens. Diesen Namen hatte übrigens auch der Christchurch-Attentäter und „Identitären“-Spender auf seiner Waffe stehen, als er einen Anschlag auf zwei Moscheen verübte.
Im Jänner 2016 haben etwa 200 „Identitäre“ in Graz gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in einer Kaserne demonstriert. Anwesend war auch Gerhard Kurzmann, 3. Präsident des steirischen Landtags.
Die Angelobung von Heinrich Sickl im Februar 2018 als FPÖ-Gemeinderat in Graz hat für Protest gesorgt. Grund war seine Nähe zu den „Identitären“. Der Standard fasst die Hintergründe und Tätigkeiten von Sickl so zusammen: „Als 17-Jähriger hatte er offenbar Neonazikontakte, heute vermietet er den Identitären Räumlichkeiten in einem Mehrparteienhaus in der Grazer Schönaugasse. Außerdem hatte er unter anderem bei Demonstrationen der Identitären – zum Teil auch als Ordner – teilgenommen.“ Gemeint war der Aufmarsch in Spielfeld gegen Flüchtlinge im November 2015.
Auch Mario Eustaccio, FPÖ-Vizebürgermeister der Stadt Graz war – wie Heinrich Sickl – bei dem „Identitären“-Aufmarsch dabei. Das belegen auch Fotos.
Ein Foto aus 2015 sorgt auch bei Mario Kunasek und Gernot Darmann für Aufregung. Beide trafen im Februar des Jahres in der Bude der deutschnationalen Burschenschaft „Tauriska“ auf Mario S.. Der war damals bei den „Identitären, aber auch beim RFS aktiv. Singer beteiligte sich auch an einer Störaktion an der Universität Klagenfurt.
Im Oktober 2016 hält die Burschenschaft Arminia Czernowitz in Linz den Kongress „Verteidiger Europas“ ab. Aussteller sind Burschenschaften, rechtsextreme Verlage und die „Identitären“. Herbert Kickl, damals Generalsekretär der FPÖ, ist als Redner aufgetreten. Er hat seinen Auftritt genutzt, um über unliebsame Journalisten herzuziehen.
Seit 2006 ist Wolfgang Zanger Abgeordneter der FPÖ im Parlament. Von 2007 bis 2016 war er stellvertretender Parteichef der FPÖ Steiermark. Seine Nähe zu den „Identitären“ stellt er selbst auf Facebook zur Schau: Dort postet er ein Foto, das ihn zeigt, wie er bei einem Aufmarsch der Gruppierung eine Rede hält:
Der Freiheitliche Akademiker-Verband (FAV) Steiermark hat im November 2015 ein Seminar abgehalten, bei dem Martin Sellner als Referent geladen war. Die „AULA“ hat über die Veranstaltung berichtet. Auf einem gemeinsamen Foto posieren Sellner – und Heinrich Sickl (FPÖ-Gemeinderat in Graz) als Mit-Organisator:
Im Magazin „Info Direkt“ kommen immer wieder „Identitäre“ aus Deutschland und Österreich zu Wort. Zudem macht es PR für die rechtsextreme Organisation, in dem es über deren Kampagnen berichtet. „Info Direkt“ führt Martin Sellner als Interviewpartner und den „Identitären“-Sprecher aus Wien als Gastautor an – neben anderen „Identitären“.
Harald Vilimsky ist Generalsekretär der FPÖ und deren Spitzenkandidat für die EU-Wahl 2019. Seine Fraktion im Europäischen Parlament wirbt für ihn auch über Inserate-Schaltungen in Info Direkt. Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands ist das Magazin das „aktuell wichtigste genuin rechtsextreme Printmedium in Österreich„. „Info Direkt“ will laut DÖW eine „intensivierte Vernetzung der extremen Rechten über Länder- und Szene-Grenzen hinweg“. Derartiges unterstützt Vilimskys Fraktion ENF im EU-Parlament mit Inseraten. Gleich in fünf Nummern des „rechtsextremen Printmediums“ Info Direkt finden sich ganzseitige Inserate von Harald Vilimsky.
Auch die FPÖ Linz schaltet wiederholt Inserate – wie das DÖW dokumentiert. Zu den Inserenten zählen Markus Hein, Günther Kleinhanns, Detlef Wimmer und Philipp Schrangl.
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