Wohnen & Miete

ÖVP verhindert Mietpreisbremse: Jetzt kommt die 8,6 Prozent Mieterhöhung

Mit 1. Mai steigen die Richtwertmieten um satte 8,6 Prozent. Bereits ab April galt die Erhöhung für Neuverträge. Das entspricht einer 13. Miete im Jahr, die die Vermieter zusätzlich einstecken und die Mieter weniger haben. Betroffen sind davon 776.000 Menschen im Land. Doch eine Mietpreisbremse scheiterte an ÖVP und Grüne. Der stattdessen beschlossene Wohnkostenzuschuss aus Steuergeld fließt direkt in die Taschen der Vermieter. Und treibt die Inflation an.

Beinahe eine 800.000 Menschen in Österreich sind von der Erhöhung der Richtwertmieten um 8,6 Prozent betroffen. Dabei geht es um Altbauwohnungen unter 130 Quadratmeter, die nach 1994 angemietet wurden. Ebenfalls betroffen sind vor allem in Wien auch Gemeindewohnungen. Auch sie hängen großteils ebenfalls am Richtwertmietzins. Schon 2022 stiegen die Richtwertmieten um 5,8 Prozent. Richtwertmieten sind damit um 15 Prozent teurer als vor noch vor knapp eineinhalb Jahren.

Wochenlang lehnten die Regierungsparteien Anträge im Parlament ab, die einen Teuerungsstopp bei Mieten wollten. Auch der Vorschlag aus der Koalition von den Grünen, die Mieterhöhung 2023 von 8,6 auf 3,8 Prozent zu drosseln, verhinderte die ÖVP. Dabei handelte es sich um einen Minimalvorschlag: Der Rest der Mietanhebung sollte nur auf 2024 und 2025 verschoben werden.

Die Arbeiterkammer verlangt, die Mieterhöhungen auf 2 Prozent zu beschränken. Denn in einigen Ländern wurden so bereits die Mieterhöhung gedeckelt, um die Inflation zu bremsen.

Mieten stark über der Inflation gestiegen

Die Wohnkosten seien seit der Finanzkrise 2008 fast doppelt so stark gestiegen wie die Inflation: Die Arbeiterkammer hat ausgerechnet, dass Mieterinnen und Mieter von privaten Wohnungen in Wien im Vorjahr pro Quadratmeter durchschnittlich 93 Prozent mehr als noch 2008 zahlten.

„Während das (nominelle) Bruttoinlandsprodukt zwischen 2008 und 2022 um 51 Prozent anwuchs, haben sich die Mieteinnahmen mehr als verdoppelt, ein Plus von 121 Prozent. Allein im Jahr 2022 gab es einen Zuwachs von 320 Millionen Euro“, heißt es ihn ihrer Aussendung.

Grüne: ÖVP möchte wohlhabende Klientel beschützen

Aber die ÖVP wusste selbst Minimalvorschlag der Grünen zu verhindern. Wie genau, das schilderte die Grüne-Bautensprecherin Nina Tomaselli auf Twitter:

„Die ÖVP stellt immer neue Gegenforderungen für eine Mietkostenbremse auf. Warum? Die ÖVP möchte ihre wohlhabende Klientel beschützen, das Schicksal der vielen MieterInnen, darf da nicht stören“, beginnt Tomaselli ihre Abrechung.

Doch in den Verhandlungen kam die ÖVP mit immer neuen Vorwänden und Einwänden, um die Mietkostenbremse zu verhindern. Zunächst forderte die ÖVP eine Entschädigung für Vermieter, wenn die um ihre Mieterhöhung umfallen. „Es brauche einen Sanierungsbonus, denn durch die Mindermieteinnahmen gebe es weniger Renovierungen. Okay, wir haben zugestimmt, denn von günstigeren Betriebskosten profitieren ja auch die Mieter“, schildert die Grüne Abgeordnete die Verhandlungen.

Aber die ÖVP wollte wohl nie eine Einigung, darum fordert sie auch noch das Aus für die Grunderwerbssteuer. „Auch für jene, die sich das Penthouse im 1. Bezirk kaufen können. Diese Forderung war unverhältnismäßig“, schreibt Tomaselli. Aber „mit viel Zähnknirschen“ kamen die Grünen der ÖVP wieder entgegen: Ein Steuerbonus für Menschen, die Häuser unter 500.000 Euro erwerben und dann eine gestaffelte Steuer für Millionen-Immobilien. „Damit geht für das Budget nix verloren“, argumentiert Tomaselli. Denn die Leidtragenden des Steuergeschenks für Besitzer von Luxus-Immobilien wären die Gemeinden. Sie erhalten 93,7 Prozent der Grunderwerbssteuer. Der ÖVP Vorschlag würde ein 150-200 Millionen Euro großes Loch in die – ohnehin dünnen – Gemeindefinanzen reißen. Doch die ÖVP lehnte ab.

„Damit für Wohlhabende beim Kauf von Immobilien alles bleibt wie bisher, verzichtet sie sogar auf den eigenen Vorschlag junge Familien beim Kauf des ersten Eigenheims zu unterstützen. Die ÖVP macht damit einmal mehr klar, für wen sie arbeiten.“

Die Mietpreisbremse ist gestorben, die Mieten werden steigen. Zum Ausgleich haben die Regierungsparteien am 29. März einen Wohnkostenzuschuss in Höhe von 225 Millionen Euro im Nationalrat beschlossen – also einen Zuschuss für Menschen mit niedrigen Einkommen. Da geht es vor allem darum, Delogierungen zu verhindern. Dabei ist das Wohnen heute bis tief in den Mittelstand hinein eine große finanzielle Belastung. „Die schlechteste Variante“, nennt der Ökonom Alexander W. Huber vom Momentum Institut den Wohnzuschuss.

Eine weitere Einmalzahlung, die nur temporär wirkt und die Inflation nicht einbremst. Der Zuschuss subventioniert hohe Mieten mit Steuergeld und wandert direkt in die Tasche der Vermieter:innen“, schreibt Huber. 

Subventionierte Gewinne der Immobranche

Tatsächlich ermöglicht der Wohnkostenzuschuss es den Immobilien-Besitzern, die Mieten zu erhöhen und ihre Gewinne zu steigern – finanziert durch die öffentliche Hand. Schon jetzt ist der Faktor Wohnen der größte Treiber der Inflation. Das verschärft sich nun weiter.  Denn mit dem „Nein“ zur Mietbremse wird nicht nur eine preisbremsende Maßnahme verhindert – der zusätzliche Wohnkostenzuschuss pumpt noch 225 Millionen ins System und heizt die Inflation weiter an.

Daran sieht man „dass die ÖVP wie ein Löwe für ihre Spender und Sponsoren aus der Immobilienlobby kämpft – die leistungslosen Milliardengewinne der Immobilienkonzerne sind der ÖVP heilig, da macht sie sogar 225 Millionen Steuergeld locker, um einen Mietenstopp abzuwenden“, kritisiert auch die SPÖ-Wohnbausprecherin Ruth Becher den Vorschlag.

 

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 22. März 2023 veröffentlicht und am 2. Mai 2023 aktualisiert.

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