Die Corona-Hilfen in Österreich sind 31 Milliarden schwer. Und trotzdem ist die Wirtschaftskrise bei uns stärker als überall sonst in der EU. Wie kann das sein? An ausbleibenden Ski-Fahrern liegt es nicht, auch wenn uns das die Regierung einreden möchte. Sondern: Die Hilfsgelder landen bei den Falschen, während viele kleine Betriebe so gut wie nichts bekommen. Und: Österreich stolpert von einem Lockdown in den nächsten, die Regierung hat aber keinen konsequenten Plan, um Infektionszahlen zu senken. Doch genau das bräuchte es wirtschaftlich.
Noch nie wurde so viel Steuergeld an Unternehmen ausgeschüttet wie in der Corona-Krise. Über 31 Milliarden Euro sind es. Laut dem Institut für Höhere Studien (IHS) entspricht das 8,5 Prozent der Wirtschaftsleistung, die in Hilfsgelder fließen. Das ist zweimal mehr, als im EU-Schnitt ausgegeben wird. Wenn es um so viel Geld geht, sollte Transparenz bei der Vergabe an oberster Stelle stehen. Tut sie aber nicht. Welches Unternehmen wie viel bekommt, wissen die Beschäftigten und Konsumenten in Österreich bis heute nicht. Dabei schultern sie 80 Prozent der Krisenkosten.
Die traurige Bilanz ist, dass die Milliarden offenbar nicht dort landen, wo sie sollen, denn: Österreichs Wirtschaft steht sehr schlecht da. Im letzten Quartal 2020 ist unsere Wirtschaft 8 Mal so stark geschrumpft wie im EU-Schnitt. Minus 4,3 Prozent gegenüber dem Quartal davor. Minus 7,8 Prozent sind es im Vergleich zum 4. Quartal 2019:
Auch 2021 wird es schlechter als erwartet: Die EU-Kommission hat am 11. Februar ihre Prognosen für die Wirtschaftsleistung ihrer Mitgliedsländer veröffentlicht. Österreich ist auf dem vorletzten Platz gelandet. Nur 2 Prozent Wachstum werden vorausgesagt. In anderen Ländern ist es deutlich mehr. Griechenlands Wirtschaft wird um 3,5 Prozent wachsen, in Italien werden es 3,4 und in Deutschland 3,2 Prozent.
Im Frühjahr hat die Kurz-Regierung noch viel versprochen: Egal ob Infektionszahlen, sichere Jobs oder Wirtschaftsleistung – Österreich sei der Gewinner des „Corona-Wettlaufs“. Die Realität ist, wie wir nun wissen, freilich anders: über 400.000 Infektionen plus Mutationscluster, Rekordarbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise.
“Zu wenige Skifahrer! Wir sind vom Tourismus abhängiger als andere!” Diese Ausreden hört man aus dem Finanz- und Wirtschaftsministerium. Für Blümel und Schramböck scheint es, als wäre der Einbruch im Tourismus der Hauptgrund für die schlechte Wirtschaftslage. Klar ist: Der Wintertourismus ist in der Saison 2020/21 eingebrochen. Laut Wifo ist die Zahl der Nächtigungen um 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Doch Österreich ist nicht das einzige Land, in dem Touristen für die Wirtschaftsleistung wichtig sind.
Konjunkturforscher sehen in der österreichischen Lockdown-Vorgehensweise ein Problem. Hierzulande gab und gibt es eine holprige Auf-Zu-Politik: Immer wieder Lockdowns, mal härter, mal weicher. In der Zwischenzeit stiegen Infektionszahlen wieder an – aber die Wirtschaftslobby machte Druck, die Regierung wiederum Zugeständnisse. Vom einstigen Ziel – Infektionszahlen unter 1.000 am Tag und einer 7-Tages-Inzidenz von unter 50 – sind wir weit entfernt. Dennoch öffnen Geschäfte wieder und der 4. Lockdown steht im Raum. Kanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober scheinen selbst nicht mehr daran zu glauben, die Zahlen in den Griff zu bekommen.
Die fehlende Strategie bedeutet am Ende: Mehr Lockdowns und mehr Schließzeiten in Österreich: Im Herbst war das Land länger „heruntergefahren“ als Deutschland, auch insgesamt gab es bei uns mehr Lockdown-Tage als etwa in Deutschland und der Schweiz. In dieser Zeit hatten viele Geschäfte, Friseure, Lokale, Hotels und andere Dienstleister geschlossen und KonsumentInnen konnten kein Geld ausgeben. Nicht also leere Skipisten sind das Hauptproblem, sondern dass die Regierung nicht vorausschauend gehandelt hat.
„Für die wirtschaftliche Entwicklung ist Sicherheit ganz entscheidend. Dieses „Auf und Zu“ schafft keine Sicherheit. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die Politik in der gesamten Covid-Krise nicht unbedingt Sicherheit ausgestrahlt hat – und nicht ausgestrahlt hat, dass man die Lage im Griff hat”, resümiert Markus Marterbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer in der ORF-Sendung „ECO“.
Nun könnte man hoffen: Fangen wenigstens die Hilfsgelder in der Krise die Unternehmen auf? Auch hier sieht es schlecht aus. Der Umfang der Corona-Hilfsgelder ist mit 31 Milliarden Euro stattlich. Laut dem Institut für Höhere Studien hat Österreich mittlerweile 8,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Hilfen eingeplant. Im EU-Durchschnitt sind es rund vier Prozent. Was aber unter dem Strich an wen ausgezahlt wird, wissen wir nicht.
Zahlen, die zwischendurch in die Öffentlichkeit sickern, legen nahe, dass für kleine Unternehmen wenig bleibt. Stattdessen halten Konzerne, die sich selbst aus ihrer Steuerpflicht mogeln, großzügig die Hände auf – und werden beschenkt.
Beispiel Starbucks: 800.000 Euro bekam die Kaffeekette im November letzten Jahres. Weil der Konzern Tricks zur künstlichen Gewinnsenkung anwendet, zahlt er in Österreich nicht mal 3.000 Euro Steuern im Jahr. Im November und Dezember hatte er aber Anspruch auf bis zu 800.000 Euro Umsatzersatz aus der öffentlichen Hand. Das ist 280 Mal mehr, als Starbucks in einem Jahr in die Staatskasse einzahlte. Das Corona-Hilfe-Gesetz der Regierung ist also denkbar schlecht gemacht.
Von solchen Verhältnissen können kleine Unternehmen nur träumen. 318.000 Ein-Personen-Unternehmen (EPU) gibt es in Österreich. Sie bekamen im Schnitt 1.200 Euro pro Monat aus dem Härtefallfonds.
Noch existieren diese Unternehmen. Das könnte sich laut Nationalbank bald ändern: Laut einer Simulation könnte in den kommenden zwei Jahren jeder zehnte Betrieb in die Insolvenz schlittern.
“Ein Grundproblem besteht darin, dass diese Politik des ‘Koste es, was es wolle’ zu wenig darauf geachtet hat, ob man mit den Geldausgaben auch gleichzeitig die reale Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen stärkt”, erklärt der Ökonom Stephan Schulmeister im Gespräch mit Kontrast. Umsatzeinbußen auszugleichen ist vorübergehend vielleicht beruhigend – aber teuer und beeinflusst nicht die Nachfrage, was nachhaltig wichtig wäre.
Wer Aufschwung erreichen will, muss investieren. Im Bereich Klimaschutz bieten sich Großprojekte an. Dann würde auch die Realwirtschaft nachziehen, Betriebe würden wieder mehr Aufträge bekommen.
“Aber natürlich wäre das eine andere Art der Wirtschaftspolitik: Da ginge es nicht darum, irgendeinen Fördertopf neu aufzumachen, sondern da muss eine große Kampagne durchgeführt werden. Ein bisschen in der Tradition des New Deal-Denkens von Roosevelt. In einer schweren Krise braucht es große Projekte, die den Menschen auch wieder Mut machen und die etwas bewegen”, empfiehlt Schulmeister.
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