Andrea Maria Dusl - Comandantina

Österreichs Bodenschatz

Stellen wir uns eine Welt vor, in der das Lesen nur reichen Herrschaften erlaubt wäre. Und ausgewählten Religionsexperten. Und einer Handvoll Spezialisten in Ämtern und Behörden. Die einfachsten Dinge in dieser Welt wären nicht mehr möglich. Zeitungen gäbe es nicht mehr. Strassenschilder wären sinnlos und auf die Packungen der Lebensmittel wären einfache Symbole gedruckt, wenn überhaupt. Die Welt, wie wir sie kennen, wäre mangels Literarität ins tiefste Mittelalter zurückkatapultiert. Stellen wir uns weiter vor, die meisten von uns könnten zwar bis zehn zählen, wüssten aber nicht, wie viel 14 mal 158 wäre oder 4% von 2478. Wir wären auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass uns die wenigen, die rechnen könnten, nicht übers Ohr hauten. (Und sie würden!)

Das Mittelalter, das hier skizziert wird, wäre nicht nur dunkel, sondern auch gefährlich.

Aber genau solch ein Mittelalter existiert in weiten Teilen der Welt. An der Stelle wissenschaftlicher Erkenntnisse und gesellschaftlichen Diskurs stehen die Dogmata von Religionen und die Auslegung von Verhaltensvorschriften durch eine kapitalgesteuerte Elite-Klüngel.

Wir wollen uns solche Verhältnisse für Europa, für Österreich nicht vorstellen. Sie liegen nicht so lange zurück. Schlappe 243 Jahre sind vergangen, seit in Österreich die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde und im tiefem Mittelalter das Licht aufgedreht wurde. Nicht viel Licht anfang, aber genug, um in der Moderne anzukommen. (Mit barbarischen Rückfällen allerdings.) Andere Länder waren da schneller. Nun gut, wir haben ein wenig aufgeholt, können unsere Verträge selber lesen, das Urlaubsbudget ausrechnen und im Internet recherchieren, wann die neue Playstation kommt.

Wir könnten viel mehr. Als Einzelne. Als Gesellschaft.

Österreich ist ein kleines Land. Wir lernen als Kinder, es sei das Land der Berge, das Land am Strom, das Land von Äckern und von Domen, es habe Hämmer und sei zukunftsreich. Das wars dann auch schon mit der Aufzählung. Von Rohstoffen und Handelszentren hören wir nichts. (Von Töchtern erst seit Kurzem.)

Mangels ausbeutbarer Bodenschätze bewirtschaften wir die Oberfläche des zerklüfteteten Landes. Stampfen also Schipisten in unsere Berge. Die Lifte und Gondelbahnen dafür betreiben wir mit dem Strom aus dem Strom. Mit den Hämmern dengeln wir Schischuhschnallen und auf den Äckern bauen wir Frühstückssemmerln an, die Panier fürs Schnitzerl und die Bramburi für den Erdäpfelsalat. Vor den Domen spielen wir Jedermann. Ein Stück, das bekanntlicherweise ungünstig ausgeht.

War da noch was in der Hymne? Ah, ja. Die Zukunft. Davon, so sagt die Hymne, haben wir viel. Österreich ist zukunftsreich. Was aber ist die Zukunft?

Zukunft ist all das, was möglich ist. Möglich ist all das, was wir uns vorstellen können, minus dem, was wir nicht zusammenbringen. Eine gute Strategie für Österreich, das Land ohne Rohstoffe und Seehäfen, wäre es, in die Zukunft zu investieren. In Kenntnisse und Fertigkeiten. In alles, was möglich ist, in alles was vorstellbar ist. Und in die Minimierung aller Vorbehalte, die da lauten; “Geht net”, “kemma net.”

Wer nicht lesen kann oder rechnen, wird sich zwar ein Apferl vorstellen können und einen Bohnenstingel, vielleicht sogar einen Schiliftbügel und den Schatz im Silbersee aber keine integrierten Schaltkreise, keine Gensequenzen und auch der Unterschied zwischen Zauberberg und Bambiland wird der Analphabetin und dem Analphabeten relativ powidel sein.

Österreich ist daher gut beraten, seinen einzig verfügbaren Rohstoff zu gewinnen, den Rohstoff Geist. Dieser wird in Schulen und Lehranstalten, auf Hochschulen und Universitäten geschürft. Und er wächst nach. Je mehr von ihm gefördert wird, desto mehr von ihm sprudelt nach. Dass Studierende den Universitäten die Türen einrennen, ist ein gutes Zeichen. Ein sehr gutes Zeichen. Diese Türen mit Zugangsbeschränkungen und Gebühren wieder zu verbarikadieren wäre schiere Unvernunft. Dummheit. Roheit.

Oder in der Sprache derer formuliert, die in Schiliftbügeln und Silbersee-Talern rechnen: Es käme dem Vorhaben gleich, das Schifahren nur mehr der Elite zu erlauben und Landwirtschaft und Energiegewinnung ausschließlich für die Hohen Herren zu betreiben. Mittelalter.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1566 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1566 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 412 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    412 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 332 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    332 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 247 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    247 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 124 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    124 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2681
12. März 2024
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Andrea Maria Dusl

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