Wir brauchen dringend mehr qualifiziertes und besser entlohntes Pflegepersonal – Offener Brief zur Pflegereform

Die Pflege-MitarbeiterInnen leisteten schon vor der Corona-Krise Schwerstarbeit. Nun hat die Pandemie ihre Arbeit noch weiter erschwert. Es herrscht massiver Personalnotstand, die Arbeitsbedingungen haben sich verschlechtert, der Druck auf die MitarbeiterInnen ist enorm gestiegen. Pflege-Trägerorganisationen, Arbeitnehmervertretungen, Dachverbände, Berufsverbände und Arbeitgeberverbände fordern mehr qualifiziertes Personal, bessere Arbeitsbedingungen und ein Konzept zur Finanzierung der Pflege für alle Menschen.

Schwere und verantwortungsvolle Arbeit, oft unterbezahlt – das Gesundheits- und Betreuungspersonal ist nach über einem Jahr Pandemie über seine Grenzen hinaus belastet, zahlreiche Beschäftigte denken an einen Berufswechsel. Es herrscht eine Überlastung der Beschäftigten und parallel dazu akuter Personalnotstand, es gibt zu wenig Ausbildung und in Folge zu wenig qualifizierte MitarbeiterInnen. Außerdem warnt man vor der demografischen Herausforderung, die Österreich durch das Älterwerden der Babyboomer-Generation der 60er-Jahre bevorsteht. Es braucht dringend eine große Reform des gesamten Bereiches, um landesweit qualitative und leistbare Pflege sicherzustellen, fordern die in der Pflege tätigen Trägerorganisationen, Arbeitnehmervertretungen, Dachverbände, Berufsverbände und Arbeitgeberverbände. Jetzt haben sie sich in einem Offenen Brief an die Bundesregierung gewandt:

An die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung

Absender: Arbeitgeber-, Dach- und Berufsverbände, Trägerorganisationen und ArbeitnehmerInnenvertretungen im Bereich der Pflege

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten 15 Jahren wurden in Österreich mehrere Anläufe zu einer Pflegereform unternommen, herausgekommen ist dabei aber bisher wenig. Auch der im letzten Sommer begonnene Diskussionsprozess ist über ein engagiertes Brainstorming nicht hinausgekommen.

Die Pandemie hat gezeigt, dass das österreichische Pflegesystem mit seinen Akteuren in der Lage ist, auch in einer derartigen Krise die Versorgung sicherzustellen. Der Preis dafür ist jedoch hoch. Zahlreiche Umfragen belegen, dass Gesundheits- und Betreuungspersonal weit über seine Grenzen hinaus belastet ist und viele Beschäftigte erwägen, aus dem Beruf auszusteigen. Das verschärft den Personalnotstand massiv, erhöht den Druck auf die MitarbeiterInnen und gefährdet die Versorgung der Menschen mit Betreuungs- und Pflegeleistungen noch weiter.

Eine adäquate Versorgung ist ohne entschlossene Maßnahmen in Zukunft nicht aufrecht zu erhalten!

Es kann nicht sein, dass das Thema Pflege nur in der Krise Beachtung findet und dann wieder aus dem politischen Diskurs verschwindet. Die MitarbeiterInnen in diesem Bereich, die beteiligten Organisationen und insbesondere die Betroffenen und ihre Angehörigen haben es sich verdient, dass man sich dieses Themas seitens der politisch Verantwortlichen endlich ernsthaft annimmt und Herausforderungen, die nicht erst in der fernen Zukunft liegen, sondern schon akut bestehen, beherzt und kraftvoll in Angriff nimmt.

Wir erwarten uns daher einen strukturierten, zielgerichteten (!) Prozess unter ernsthafter und nicht bloß oberflächlicher Einbindung der wichtigsten in diesem Thema verantwortlich tätigen Stakeholder. Dabei soll es um gemeinsame zielorientierte Arbeit an Lösungen gehen und weniger darum, über Beteiligungsplattformen ungeordnet Ideen einzuspeisen.

Wir fordern eine sachgerechte Schwerpunktsetzung und plausible Priorisierung. Auf Basis der Sichtung der Lösungsvorschläge und des vorhandenen Materials soll die Definition von Arbeitspaketen erfolgen, um die wichtigsten Vorhaben rasch in Umsetzung bringen zu können.

Wir schlagen einen Pflegegipfel vor, der nicht mit einer Pressekonferenz beginnt, sondern dessen Ergebnisse nach seinem Stattfinden verkündet werden, bei dem Schwerpunkte festgelegt, Priorisierungen vorgenommen, Arbeitsaufträge vereinbart und ein Stufenplan für die Umsetzung entwickelt werden.

Der größte und dringlichste Handlungsbedarf besteht in der Gewinnung und Bindung von ausreichend qualifiziertem Personal, um einerseits eine adäquate flächendeckende Versorgung sicherzustellen zu können und andererseits die Belastungen für die in diesem Bereich tätigen MitarbeiterInnen nicht über das Maß anderer Berufsgruppen hinauswachsen zu lassen.

Da es einen jahrelangen Vorlauf gibt, bis sich Maßnahmen im Ausbildungsbereich in einer höheren Zahl von Fachkräften niederschlagen, können wir nicht weiter warten. Wir müssen die Weichen jetzt stellen! Es gilt, umgehend kurz- und mittelfristig wirksame Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Personal zu setzen, ebenso wie längerfristige, die es gewährleisten, dass wir die demographische Herausforderung, die sich bis zum Erreichen der Pflegebedürftigkeit der Babyboomer-Generation der Sechzigerjahre ständig verschärfen wird, meistern können.

Außerdem muss die Versorgungslandschaft intelligent weiterentwickelt und die Finanzierung der Betreuung und Pflege in Österreich nachhaltig sichergestellt werden.

Wir sind bereit, bei diesen Fragen unsere Expertise einzubringen und unseren Beitrag zur Lösung dieser wichtigen gesellschaftlichen Zukunftsfrage zu leisten. Als nächsten Schritt schlagen wir daher einen gemeinsamen Termin mit den verantwortlichen Ressortministern sowie die Behandlung dieser Frage bei der Landeshauptleutekonferenz bzw. der Tagung der Landessozial- und Gesundheitsreferenten vor.

Wir können es im Lichte der Verantwortung für unsere MitarbeiterInnen, KollegInnen und MitgliederInnen, aber auch für die Menschen, die von uns betreut und gepflegt werden, nicht weiter hinnehmen, ständig vertröstet zu werden. Ja, es hat im letzten Jahr eine Pandemie gegeben. Aber es hat diese Pandemie nicht in den letzten 15 Jahren gegeben! Es ist höchst an der Zeit, umgehend und ernsthaft die Weichen für eine gute Zukunft der Pflege in Österreich zu stellen! Wir sind dabei! Und wir werden uns nicht länger hinhalten lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Mattersberger
Präsident Lebenswelt Heim – Bundesverband

Elisabeth Potzmann
Präsidentin Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband

Silvia Rosoli
Abteilungsleiterin AK Wien – Gesundheitsberuferecht und Pflegepolitik

Josef Zellhofer
Bundesvorsitzender ÖGB ARGE Fachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe

Reinhard Waldhör
Vorsitzender Gesundheitsgewerkschaft (GÖD)

Walter Marschitz
Geschäftsführer Sozialwirtschaft Österreich

Sandra Frauenberger
Geschäftsführerin Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen

Anna Parr
Generalsekretärin Caritas Österreich

Maria Katharina Moser
Direktorin Diakonie Österreich

Elisabeth Anselm
Geschäftsführerin Hilfswerk Österreich

Michael Opriesnig
Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes

Erich Fenninger
Direktor Volkshilfe Österreich

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1547 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1547 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 404 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    404 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 327 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    327 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 242 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    242 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 120 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    120 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2640
12. März 2024
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Gerald Demmel

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