Günstiger Wohnraum ist Mangelware. Private Mieten steigen ungebremst. Die Preise für Eigentum gehen durch die Decke. Wer in dieser Situation Eigentum „fördern“ will, befeuert einen überhitzten Markt weiter. Auf der Strecke bleiben Menschen mit kleinen Einkommen und der Mittelstand.
Jährlich werden in Österreich um 9.000 bis 10.000 erschwingliche Wohnungen zu wenig fertiggestellt. Verschärft wird die Anspannung am Wohnungsmarkt durch den Preisauftrieb infolge des anlagesuchenden Investorenkapitals. Der Veranlagungsdruck in das – vermeintlich – sichere „Betongold“ hat zwar zu einem Boom des Wohnungsbaus geführt – dies aber vornehmlich im Segment der Anleger- und Eigentumswohnungen. Kostengünstige Wohnungen für untere und mittlere Einkommensschichten sind dadurch keine entstanden. Vielmehr hat der Run auf das Wohnungseigentum die Schieflage am Wohnungsmarkt noch weiter verschärft.
Wo also gilt es anzusetzen, um die Wohnungsfrage in den Griff zu bekommen? Ein Ansatz, der im aktuellen Wahlkampf von konservativer Seite stark getrommelt wird, lautet: Eigentum fördern. Vor allem Junghaushalte sollen sich durch die Abschaffung der Nebenkosten bzw. „staatlichen Gebühren“ den „Traum“ vom Leben im Eigenheim wieder erfüllen können.
Der Haken: Von der vorgeschlagenen Streichung der Grunderwerbssteuer, Grundbuch- und Pfandrechtseintragungsgebühr (bis zu einer Höhe von 20.000 Euro) würden vor allem Haushalte mit höherem Einkommen profitieren.
In den letzten zehn Jahren haben sich die Preise für Eigentumswohnungen in Wien um 86 Prozent erhöht. Laut Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer schlagen sich die Kosten für eine neue Eigentumswohnung in Wien aktuell mit über 3.800 Euro/m2 nieder. Inklusive Nebenkosten belaufen sich die Gesamtkosten damit für eine 85 m2 große Wohnung auf rund 360.000 Euro. Werden die „staatlichen Gebühren“ erlassen, reduzieren sich die Gesamtkosten auf rund 341.000 Euro.
Für den Eigentumserwerb braucht es in der Regel ein Drittel der Eigenmitteln, was in unserem Beispiel bedeutet, dass eine Jungfamilie deutlich über 100.000 Euro an Erspartem zuschießen müsste. Der Rest wird über einen Bankkredit finanziert. Die monatlichen Gesamtkosten machen dabei im „günstigeren“ Fall für die Kreditrate inklusive Betriebs- und Heizkosten sowie Instandhaltungsrücklage rund 1.500 Euro aus.
Umgerechnet schlägt sich damit der Eigentumserwerb in einer monatlichen Belastung von über 50 Prozent des Median-Haushaltseinkommens nieder.
Kurzum: Die Schaffung von Wohnungseigentum ist für viele Wohnungssuchende keine realistische Option. Die Gebührenbefreiung zur Eigentumsförderung stellt keine wirkliche Erleichterung dar, sondern begünstigt wohl eher Mitnahmeeffekte von ohnedies beabsichtigen Anschaffungen.
Für ein bedarfsgerechtes Angebot erschwinglicher Wohnungen wäre es zielführender, wirksame Maßnahmen zur Mobilisierung von Grundstücken zu erschwinglichen Konditionen zu setzen. Sind doch die Grundstückspreise in den letzten Jahren aufgrund der rasant gestiegenen Immobilieninvestitionen geradezu in die Höhe geschossen. Bauland zu angemessenen Preisen ist für leistbaren Wohnungsbau immer seltener zu bekommen.
Die nunmehr in Wahlkampfzeiten wieder ins Spiel gebrachte einkommensabhängige Mieterhöhung im Gemeindebau und auch die geforderte Forcierung der Mietkaufoption im gemeinnützigen Wohnbau bringen keinen zusätzlichen Quadratmeter leistbaren Wohnraum.
Vielmehr bedeuten sie eine Schwächung des kommunalen und gemeinnützigen Wohnbaus. Erstens würde das hohe Gut der sozialen Durchmischung durch die vermeintlich „gerechteren“ Mieten durchlöchert, und zweitens würde durch den verstärkten Verkauf von Mietwohnungen sozial gebundener Wohnraum privatisiert und stünde nicht mehr künftigen Mietergenerationen zur Verfügung.
Der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft und dem kommunalen Wohnbau die Rolle von Sozialeinrichtungen zur Versorgung vorrangig ärmerer Bevölkerungsschichten zuzuschreiben, wie von wahlwerbenden Parteien immer wieder unterstellt, verkennt deren tatsächlichen wirtschafts- und sozialpolitischen Stellenwert.
Vielmehr handelt es sich hierbei um einen betriebswirtschaftlich kostendeckend kalkulierenden und spekulationsfreien Wohnungssektor.
Während am privaten Wohnungsmarkt nach dem größtmöglichen Gewinn durch höchstmögliche Miet- und Verkaufspreise Ausschau gehalten wird, vereinbaren die gemeinnützigen Bauvereinigungen mit ihren Kunden ein angemessenes Entgelt, das nicht höher, aber auch nicht niedriger als die anfallenden Kosten für die Herstellung und Bewirtschaftung der Wohnhäuser ist.
Die Folge: Gemeinnützige Wohnungen sind durchschnittlich um 30 Prozent günstiger als am freien Wohnungsmarkt. Von diesem rund 600.000 Mietwohnungen umfassenden gemeinnützigen Wohnungsbestand geht eine preisdämpfende Wirkung auf das gesamte Wohnungssegment aus.
Ohne einem ausreichenden gemeinnütziges und auch kommunales Wohnungsangebot müssten die Haushalte höhere Wohnkosten schultern. Höhere Wohnkosten, die von der öffentlichen Hand wiederum mit einem Mehraufwand an Förderungsmitteln abgefedert werden müssten.
Der Vorwurf, im gemeinnützigen und kommunalen Wohnungssektor fehlt die Treffsicherheit, geht ins Leere. Vielmehr geht es darum, für etwa 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung leistbares Wohnen sicherzustellen. Vier Fünftel der Österreicherinnen und Österreicher könnten sich auf dem freien Markt nicht wohnversorgen. Daher braucht es eine gut ausgebaute Wohnbauförderung, eine starke gemeinnützige Wohnungswirtschaft und den Gemeindewohnbau.
Ansonsten wäre die öffentliche Hand angehalten, die zu hohen Mietkosten breiter Bevölkerungsschichten mit vielen Steuermitteln zu kompensieren und damit die Gewinne der Investoren zu subventionieren. Keine wirklich attraktive Alternative.
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