Die regierenden Konservativen unter Premierministerin Theresa May haben bei der Wahl in Großbritannien die Mehrheit im Parlament verloren. Gewinner des Abends ist Labour mit ihrem Kandidaten Jeremy Corbyn: In einer gigantischen Aufholjagd hat der anfangs aussichtslose Kandidat fast 20 Prozentpunkte aufgeholt und das ist ihm vor allem durch die konstruktive Polarisierung rund um soziale Themen gelungen, wie Nikolaus Kowall in seiner aktuellen Kolumne über die Wahlen in England schreibt.
Es ist das große Verdienst von Jeremy Corbyn den Themenschwerpunkt im Wahlkampf weg von der destruktiven Polarisierung rund um Brexit und Identität hin zu einer konstruktiven Polarisierung rund um soziale Themen gelenkt zu haben. Investitionen in das Gesundheitssystem, in Bildung und eine funktionierende öffentliche Infrastruktur, das alles unter fairer steuerlicher Beteiligung von Konzernen und den obersten fünf Prozent – so lautete das konkrete Programm der Labour Party.
Der völlig unterschätzte Parteichef hat mit seiner Wiederbelebung sozialer Themen die Diskussion endlich wieder einmal dort hingebracht, wo sie hingehört. Doch die österreichischen Medien interessieren sich in erster Linie für den Brexit, wenn es um die britischen Wahlen geht . „Ist das relativ schwache Abschneiden der konservativen Premierministerin Teresa May ein Votum für einen weichen Brexit?“, so die häufig gestellte Frage. Nein, der Brexit war für die Menschen bei diesen englischen Wahlen eher nachranging: Labour konnte sowohl in Regionen punkten, wo der Brexit viel Unterstützung fand – wie in Mittelengland-, als auch in Regionen, in denen die Menschen mehrheitlich gegen den Austritt waren – wie in London und Schottland.
Die Polarisierung in ein Pro- oder Contra Brexit-Lager, die immer auch mit der Einteilung der WählerInnen in „kosmopolitische Moderne“ und „nationalistische Abgehängte“ verbunden ist, konnte Labour bei dieser Wahl überwinden. Statt sich in Identitätsdiskussionen zu verlieren, setzte Jeremy Corbyn auf soziale Themen und konnte so unerwartete Potenziale ausschöpfen.
Und das sind die Fakten:
Niemand hat erwartet, dass es nach 40 Jahren Neoliberalismus möglich sein kann, mit einem akzentuiert sozialdemokratischen Programm die Konservativen bei dieser Wahl beinahe einzuholen. Vor sechs Wochen hat noch niemand geglaubt, dass Jeremy Corbyn mit dieser Ausrichtung überhaupt in der Lage sein würde, ein respektables Ergebnis einzufahren. Das Partei-Establishment von „New“ Labour (die alten Blairisten), das den überraschend von der Parteibasis gewählten Corbyn von Anfang an sabotiert hatte, hat teilweise sogar dazu aufgerufen, nicht Labour zu wählen. Hätte man vor sechs Wochen noch gewusst, dass England während des Wahlkampfs von zwei Terroranschlägen erschüttert würde, hätte man keinen Penny auf ein gutes Ergebnis für Labour gesetzt. In dieser Hinsicht sind 40% kein respektables, sondern ein spektakuläres Ergebnis.
Beim ersten Antritt mit einer akzentuiert sozialdemokratischen Programmatik seit Jahrzehnten stellt Jeremy Corbyn also schon das Ergebnis von Blair ein. Ungeachtet dessen, wie das Ergebnis in den Medien interpretiert wird: Tatsächlich ist es das wichtigste Signal für eine Wiederbelebung der sozialen Frage seit langer Zeit. Genau diese soziale Frage wurde von der griechischen, der niederländischen und der französischen Sozialdemokratie grob missachtet, was jeweils im Debakel endete. Das sensationelle Abschneiden von Labour hat damit große Signalwirkung für die europäischen sozialdemokratischen Parteien. Großbritannien hat 1979 mit der Wahl Margret Thatchers als Regierungschefin eine politische Zeitenwende und eine Generation Neoliberalismus eingeläutet. Ist Großbritannien auch 2017 wieder der Trendsetter für den Anfang vom Ende dieser Epoche?
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