Umwelt

Rodung von Naturschutzgebiet: Gewessler winkt Autobahn-Ausbau ohne Umweltprüfung durch

Wie nach Standard-Recherchen bekannt wurde, winkt die grüne Verkehrsministerin den Ausbau der Donauuferautobahn in die nächste Runde – und zwar ohne Umweltprüfung. Für zwei neuen Fahrstreifen werden viereinhalb Hektar Naturschutzgebiet gerodet und versiegelt.

Für die Gemeinde Stockerau und die Bürgerinitiative, die die Untertunnelung des betreffenden Abschnitts forderte, gibt es enttäuschende Nachrichten: Die Verbreiterung der A22 auf der Höhe von Stockerau schreitet weiter voran. Das Vorhaben der ASFINAG soll ohne weitere Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur Umsetzung kommen.

Dabei birgt die geplante Verbreiterung der A22 zwischen der Anschlussstelle Stockerau-Ost und dem Knoten Stockerau um je eine Spur in beide Richtungen aus Sicht der Anrainer vor allem Nachteile.

Rodung von Au-Schutzgebiet

Den beiden neuen Fahrspuren werden Plänen zufolge Teile des Au-Schutzgebiets Natura 2000 zum Opfer fallen. 4,57 Hektar sollen gerodet und versiegelt werden. Umso mehr überrascht also das Vorgehen der grünen Umweltministerin. Die Grünen hatten den Kampf gegen Bodenversiegelung stets als Kern-Forderung formuliert. Seit die Umwelt-Partei als Junior-Partner in der Regierung ist, scheint dieses Vorhaben immer mehr in den Hintergrund zu rücken. Nun gibt die ehemalige Umwelt-Aktivistin und Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dem ASFINAG-Bauvorhaben zum Ausbau der Donauuferautobahn grünes Licht.

Kein Verständnis dafür hat Josef Lehner, Sprecher der Bürgerinitiative „Tunnel und Grüner Übergang“, die sich seit Jahren für eine Untertunnelung des Streckenabschnitts mit begrüntem Übergang einsetzt. „So etwas zu verstehen, ist sehr schwierig“, sagt er im KONTRAST-Gespräch. Man habe auf jeden Fall mit einem UVP-Verfahren gerechnet. Er kennt das Bauvorhaben seit vier Jahren, das laut Lehner „massive Mängel“ aufweist und gesetzliche Mindeststandards nicht erfüllt.

Donau in Niederösterreich (Wachau) – Foto: Unsplash / Thomas Peham

Verkehrsprognose völlig unrealistisch

Lehner kritisiert vor allem die Prognosen der ASFINAG zum Verkehrsvorkommen als „nicht nachvollziehbar und komplett unrealistisch“. Bereits 2007, als der Bau erstmals beginnen hätte sollen, ist das Verkehrsaufkommen massiv unterschätzt worden. Davon unbeirrt hat der Konzern nun erneut viel zu niedrige Einschätzungen vorgelegt. „Seit 1972 ist eine derart geringe Steigerung auf der A22 nicht annähernd aufgetreten“, teilt Lehners Bürgerinitiative auf der Homepage mit.

Die ASFINAG prognostiziert für die stark frequentierte Donauuferautobahn einen Anstieg an Verkehr zwischen 2026 und 2035 von nur 0,5 Prozent. Zwischen 2003 bis 2019 lag die Wachstumsquote allerdings bei rund 2,7 Prozent. Zusätzlich gehört die Gegend zum Wiener Speckgürtel, einer enorm schnell wachsenden Gegend. Umweltanwaltschaft und Bevölkerung halten die Schätzungen für völlig unrealistisch.

Tatsächlich steht der A22-Abschnitt im Umgebungslärmaktionsplan des Klimaschutzministeriums als „prioritärer verbesserungsbedürftiger Streckenabschnitt“. Der Ausbau der Donauuferautobahn macht nach den unrealistischen ASFINAG-Plänen 13 Meter hohe Lärmschutzwände nötig. Nicht nur die „technische Machbarkeitsgrenze“ besorgt die Bürgerinitiative, sondern auch, dass diese nicht erweiterbar sein dürften. An besonders kritischen Orten wie der Auffahrt bei Stockerau Mitte wären bis zu vier Lärmschutzwände nebeneinander notwendig. Falls diese Bauvorhaben umsetzbar sein sollten, steht der Ausbau der Donauuferautobahn vor einem neuen Hindernis: Laut Standard-Recherchen bedürfen allein die Fundamente für eine Reihe dieser Lärmschutzwände in Übergröße ein hydrologisches Gutachten, weil sie den Grundwasserhaushalt „massiv beeinflussen“ würden.

Beschwerde gegen Ausbau der Donauuferautobahn vorbereitet

Auch wenn Gewessler betont, dass noch nicht endgültig entschieden ist, ob die Verbreiterung der Fahrspuren kommt, wurde mit der Aufhebung der Umweltprüfung eine riesige Hürde für den Ausbau aus dem Weg geräumt.

Die Anrainer wollen sich jedenfalls vom Entscheid aus dem grünen Ressort nicht unterkriegen lassen. „Bereits seit Anfang Februar arbeiten wir mit unserem Rechtsbeistand an den Beschwerden“, erzählt Lehner. Den Feststellungsbescheid zur Causa veröffentlichte das Verkehrsministerium am 27. Jänner. Diesen Donnerstag, am 18. Februar, gibt es in Stockerau eine Gemeinderatssitzung, bei der die Stadt über eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht entscheidet. Lehner geht davon aus, dass die Gemeinderäte zustimmen. Auch Umweltorganisationen wägen derzeit Beschwerden ab. Der Initiator ist zuversichtlich, dass das Verwaltungsgericht für eine Umweltverträglichkeitsprüfung entscheidet. Und dass das Bauvorhaben eine solche Prüfung übersteht, bezweifelt nicht nur er.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1618 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1618 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 428 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    428 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 340 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    340 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 253 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    253 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 130 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    130 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2769
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Alina Bachmayr-Heyda

Neue Artikel

So weit hinten wie noch nie: Österreich stürzt bei Pressefreiheit auf Platz 32 ab

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlichen jedes Jahr ein Ranking, wie es um die weltweite Pressefreiheit…

3. Mai 2024

AK-Wahlen: Sozialdemokratie gewinnt – Regierungsparteien verlieren

Die Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) gewinnen trotz leichtem Minus die AK-Wahlen klar. In sieben…

3. Mai 2024

Die Familie Lopez aus Haslach: Bestens integriert, trotzdem abgeschoben!

2021 kam die Familie Lopez nach Haslach in Oberösterreich. Die Mutter fand schnell Arbeit als…

2. Mai 2024

Fast eine halbe Million Österreicher haben nicht genug zu essen

Armut in Österreich: Fast eine halbe Million Menschen können sich nicht genug zu essen leisten.…

2. Mai 2024

1. Mai – Seine Geschichte und Bedeutung für unsere Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und faire Löhne

Am 1. Mai wird auf der ganzen Welt der Tag der Arbeit gefeiert. Der Feiertag…

30. April 2024

Niederösterreich: So halbiert eine rote Gemeinde den Strompreis für alle

In der Gemeinde Trumau wird bald Realität, was sich viele lange erträumt haben: Strom zum…

30. April 2024