Der österreichische Buchhandel ist im Lockdown. Laut Regierungsvorgaben dürfen die Buchhandlungen nicht einmal mehr – wie noch im März – kontaktlose Abholstationen vor ihren Geschäften anbieten. Das ist vor allem in der Vorweihnachtszeit ein herber Schlag für die ohnehin schon schwer geschüttelte Branche. Wie es weitergeht im Buchhandel und warum man den Job trotzdem liebt, darüber hat Kontrast mit Petra Hartlieb, Inhaberin von zwei Buchhandlungen in Wien und Bestseller-Autorin, gesprochen.
Nachdem der Buchhandel im vergangenen Jahr das erste Mal seit 2016 ein leichtes Umsatz-Plus von 1,6 Prozent verzeichnen konnte, riss der erste Lockdown der Branche ein Loch in die Bilanz: Der Umsatz ging um satte 8,6 Prozent zurück.
Den größten Rückgang gibt es wenig überraschend im Segment „Reisen“ (minus 38,2 Prozent), aber auch die Nachfrage bei Belletristik und Ratgebern gingen zurück. Das einzige Plus verzeichnen Kinder- und Jugendbücher. Sie machten auch im Vorjahr einen Großteil der Steigerung aus – und das vor allem zu den Anlässen Ostern, Sommerferien und Weihnachten. Umso schmerzhafter sind die strikten Lockdown-Regeln in der Vorweihnachtszeit.
Der Buchhandel macht sein Geschäft vor Weihnachten, weiß Deniz Ulucan, Leitung der Abteilung Buch bei media control. Er ist für die gesamte Buchmarktforschung in Österreich, Deutschland und der Schweiz verantwortlich. Eine Analyse der Branchendaten ergibt:
Insgesamt kommen 10 Prozent des Jahresumsatzes aus dem November, 17 Prozent aus dem Dezember. Das heißt ein Viertel des Jahresgeschäfts wird in den zwei Monaten gemacht. Und 1 Prozent des 1,6 Prozent-Plus erwirtschaftete das Weihnachtsgeschäft im Jahr 2019.
Petra Hartlieb will sich von den trüben Aussichten nicht unterkriegen lassen. „Ich glaube an das Gute!“, versichert sie im KONTRAST-Gespräch. Sie will auch nicht alle Trends am Buchmarkt verteufeln, erklärt sie. „Ich bin keine Feindin des Online-Handels. Dass Menschen online einkaufen, verstehe ich völlig.“ Denn Menschen, die in strukturschwachen Gegenden leben, hätten eben nicht drei Lieblings-Buchhandlungen um die Ecke. „Ist ja klar, dass man da nicht extra ins Auto steigt, wenn man weiß, welches Buch man braucht“, zeigt sich Hartlieb verständlich. Auch der Alltag kann dazwischen – was auch der Bestseller-Autorin passiert: „Wenn ich nur zwischen 23 und ein Uhr irgendwann die Zeit finde, an Bücher zu denken, warum sollte ich nicht online bestellen?“
Der Umstieg vieler Buchhandlungen auf den Online-Markt und die Einrichtung von Telefon-Bestell-Services hat im Frühling den Umsatz gerettet: Nach einem 24,3 Prozent-Minus im März stieg das Minus im April auf 31,8 Prozent. Der rasche Umstieg auf den Online-Handel vieler Geschäfte samt entsprechender Bewerbung konnte den Mai retten, für den nur mehr minus fünf Prozent in der Bilanz stehen. Im Juni konnte man schon ein fulminantes Plus von 14,4 Prozent verbuchen.
Die Regierung will nun nachziehen und Buchhandlungen bei der digitalen Aufrüstung fördern. Seit Montag wird ein Topf im Umfang von 200.000 Euro ausgeschüttet. Auf alle Buchhandlungen aufgeteilt wären das 105 Euro pro Betrieb, rechnet Polit-Berater Rudi Fußi auf Twitter vor. Bei der Zahl kann Petra Hartlieb nur lachen: „Um das Geld kann ich mit meiner zuständigen-Mitarbeiterin auf drei Gin Tonic pro Nase gehen, da machen wir ein Brainstorming, wie wir online unseren Auftritt verbessern können. Da schaut mehr dabei raus“, scherzt sie.
Tatsächlich ausgezahlt werden pro Geschäft zwischen 500 und 5.000 Euro, erklärt das zuständige Kulturministerium. Wenn man den Webshop nicht über Billig-Anbieter im Internet selbst aufzieht, sondern eine österreichische Agentur oder Programmierer dafür engagiert, kostet schnell das zwischen 10.000 und 30.000 Euro. Die Förderung wird nach dem „First come, first serve“-Prinzip vergeben, insgesamt kommt sie – je nach tatsächlicher Förderhöhe – zwischen 40 und 400 Betrieben zugute.
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