Arbeit & Freizeit

Hotels und Gastro: Löhne steigen, aber Arbeitsbedingungen bleiben unattraktiv

Die Gewerkschaften im Hotel- und Gastgewerbe konnten eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 9,3 Prozent erzielen. Auch wenn das für die 230.000 Beschäftigten einen Reallohnzuwachs bedeutet, zählt die Branche dennoch zu jenen mit unattraktiven Arbeitszeiten und niedriger Entlohnung. Diese Bedingungen sind meist der Grund, warum offene Stellen unbesetzt bleiben.

In der dritten Verhandlungsrunde haben sich Gewerkschaft und Arbeitgeber-Vertreter auf neue Mindestlöhne und Lohnerhöhungen im Hotel- und Gastgewerbe geeinigt. Durchschnittlich gibt es für die 230.000 Beschäftigten 9,3 Prozent mehr Lohn. Damit können die Arbeitnehmer:innen mit einem Zuwachs über der Inflation rechnen. Sie haben also trotz Preissteigerungen mehr Geld am Konto.

„Damit ist ein erster notwendiger Schritt in Richtung 2.000 Euro Mindestlohn in der Branche gelungen“, erklären die Chefverhandler der Gewerkschaften vida und GPA, Berend Tusch und Andreas Laaber.

1.454 Euro netto Mindestlohn

Mit dem neuen Kollektivvertrag erhalten Hilfskräfte nun 1.800 Euro brutto – bei Fachkräften sind es 1.860 Euro brutto. Obwohl die Erhöhung höher ausfällt als etwa im Handel – wo sie bei rund 7 Prozent liegt – zählen die Jobs in der Tourismusbranche zu jenen mit niedriger Bezahlung.

Das Median-Bruttomonatseinkommen im Bereich Beherbergung und Gastronomie lag 2019 laut Statistik Austria bei 1.890 Euro. Damit zählte es mit Abstand zum geringsten Einkommen aller 22 einbezogenen Bereiche. Zum Vergleich: Im Handel lag das mittlere Brutto-Einkommen bei 2.717 Euro. 2021 befragte die Arbeiterkammer für den Arbeitsklimaindex Hotel-Mitarbeiter:innen in Wien zu ihrer Bezahlung. Demnach gaben 26 Prozent an, das Einkommen „reiche nicht aus“ und 49 Prozent sagten, „es reiche gerade aus“, um damit auszukommen.

Alltag: Früh-, Spätschichten, Überstunden und Sonntagsdienste

Doch auch die Arbeitszeiten spielen bei der Frage nach der Attraktivität eines Berufs eine große Rolle. Gerade im Gastro- und Tourismusbranche beginnt für viele Mitarbeiter:innen der Dienst früh oder endet spät, etwa wenn es um Frühstücksdienste oder das Abendservice geht. In der Nacht- und Abendgastronomie können die Dienste sogar bis in die Morgenstunden dauern. Besonders in Zeiten der Hochsaison werden dabei Arbeitszeiten häufig ausgedehnt. Das Arbeitszeitgesetz von ÖVP und FPÖ zum 12-Stunden-Tag hat seit 2018 zusätzlich längere Tagesarbeitszeiten ermöglicht.

Hinzu kommen regelmäßige Überstunden und eine zeitliche Flexibilität, die von den Beschäftigten abverlangt werden. Laut Statistik Austria haben 2019 im Bereich Gastronomie und Beherbergung 52,5 % der Beschäftigten mindestens an zwei Sonntagen in den letzten drei Monaten gearbeitet.

Im Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer von 2018 wird festgehalten, dass im Tourismus 30 Prozent der Befragten lange Arbeitszeiten und 29 Prozent unregelmäßige Arbeitszeiten als Belastung angeben. Beide Werte liegen deutlich über den anderen Branchen (20 bzw. 16 Prozent).

Beschäftigte in Beherbergung und Gastronomie 2010-2021

In der Coronakrise haben viele Beschäftigte in der Tourismusbranche den Job verloren. Jetzt tun sich Betriebe schwer, die offenen Stellen nachzubesetzen. Quelle: amis/HSV, Berechnung und Darstellung: AMS – Branchenreport Tourismus 2022.

AK Oberösterreich: Fachkräftemangel ist „selbst verschuldet“

Vor diesem Hintergrund ist es kaum überraschend, dass gerade diese Branche seit Monaten über einen Fachkräftemangel klagt. Im Bereich Hotellerie, Gastronomie und Tourismus ist die Nachfrage nach Personal im letzten Jahr besonders stark gestiegen: Ende 2022 wurden in diesem Bereich um fast 33 Prozent mehr Stellen ausgeschrieben als noch ein Jahr zuvor.
Eine Studie der AK Oberösterreich zeigt, dass der dortige Arbeitskräftemangel zu einem großen Teil „selbst verschuldet“ ist. Personal fehlt wegen „struktureller Mängel“ bei der Entlohnung, den Arbeitszeiten und Entwicklungsmöglichkeiten.

 

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12. März 2024
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