In der Nacht zum Mittwoch, dem 14. Juni 2017 fing ein Wohnblock im Stadtteil North Kensington im Westen Londons Feuer. Nach vorläufigen Schätzungen der Londoner Polizei kamen bei dem Großbrand bis zu 79 Menschen ums Leben. Für eine der führenden Ökonominnen unserer Zeit, Mariana Mazzucato, sind es vor allem ökonomisch fatale Konzepte, die zu dieser Katastrophe führten: Die gesetzliche Deregulierung, die Auslagerung der öffentlichen Daseinsvorsorge für den privaten Profit und eine radikale Kürzungspolitik. Ein Blick auf die Hintergründe und in die Vergangenheit zeigt: Mazzucato hat recht. Hinter der Katastrophe steht eine Politik und ein ökonomisches Konzept für die wenigen und nicht die vielen.
Die Katastrophe von Grenfell begann 1996. Damals privatisierte die Bezirksverwaltung im Westen Londons rund 10.000 Wohnungen und übertrug sie an die KCTMO (Kensington and Chelsea Tenant Management Organisation). So wurde auch die Verantwortung und Prüfung des Brandschutzes an diese privatgeführte Organisation delegiert, für die Profitinteressen mehr zählten als das Wohl und der Schutz der Allgemeinheit. Die BewohnerInnen der Grenfell Towers wollten diese Zustände nicht hinnehmen und organisierten sich als „Greenfell Action Group“.
Bereits seit sieben Jahren machten die BewohnerInnen auf die Missstände in der Gemeinde und im Wohnkomplex aufmerksam. Auf einem Blog dokumentierten sie die schlimmen Zustände ausführlich, und belegten die Untauglichkeit ihres Vermieters, der KCTMO: Kurzschlüsse, keine funktionierenden Feuerlöscher und brennbares Dämm-Material sind nur die Spitze des Eisbergs. Doch die private Einrichtung ignorierte alle Anliegen und Warnungen.
„Wir glauben, dass die KCTMO eine böse, prinzipienlose Mini-Mafia ist. […] Die Grenfell Action Group kommt zu dem Entschluss, dass nur ein katastrophales Ereignis mit Todesopfern eine externe Untersuchung der Zustände und Praxis der KCTMO erlaubt.“
Schon im Jahr 2013 konnte ein Brand in einem benachbarten Bau nur knapp verhindert werden, was die BewohnerInnen dazu bewegt hat, auf einen Managementwechsel zu pochen – gescheitert ist das allerdings am örtlichen Magistrat. Trotz der regelmäßigen Warnungen kam es vergangenen Mittwoch zu dieser Katastrophe. Für den Kolumnisten des Guardian, Owen Jones, ist dies keine Naturkatastrophe, sondern vielmehr stellt sich für ihn die Frage, wie wir unsere Gesellschaft und unsere Wohnverhältnisse künftig organisieren wollen.
Unmittelbar nach der Brandkatastrophe war für die Gewerkschaft der Feuerwehren klar: Jetzt gilt es, neben den unmittelbaren Auslösern vor allem auch die tieferlegenden Ursachen für so eine Katastrophe zu verstehen. Denn es war die neoliberale politische Agenda der letzten Jahre, die das Kürzens ins Zentrum stellte – ohne Rücksicht auf Verluste. Die vergangen sieben Jahre Austeritätspolitik in Großbritanien reihen sich nahtlos in die markfundamentale Ära Margret Thatchers ein. Damals wie heute wurde eine Politik betrieben, die die Anliegen der großen Mehrheit in den Hintergrund drängte. So wurden seit 2010 tausende SozialarbeiterInnen, PolizistInnen, Feuerwehrleute, KrankenpflegerInnen, ÄrztInnen, Spielplätze, Bibliotheken, Rechtsberatungen und vieles mehr gestrichen. Für die Feuerwehrgewerkschaft ist klar: Jene, die diese Entscheidungen des sozialen Kahlschlags und Raubbaus getroffen haben, müssen jetzt auch die Konsequenzen tragen.
Das Marie Jahoda Otto Bauer Institut beschäftigt sich schon länger mit dem Zustandekommen und möglichen Lösungen zur Wirtschaftskrise. Warum nicht die Staatsschulden Folge und nicht Auslöser waren und Investitionen mehr bringen als Kürzungen steht hier www.diekriseverstehen.net und hier www.diekriseloesen.net
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