Verteilungsgerechtigkeit

Trotz Corona-Massenarbeitslosigkeit: ÖVP-Mahrer will Arbeitslosengeld kürzen

Auf eine offene Arbeitsstelle kommen in Österreich derzeit sieben Jobsuchende. Wer grade arbeitslos ist, hat schlechte also Chancen, das bald zu ändern. Trotzdem fordert der ÖVP-Wirtschaftsbund eine Kürzung des Arbeitslosengeldes und eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose. Das schafft keine neuen Jobs – aber erhöht den Druck auf die Arbeitssuchenden und senkt die Löhne. Die SPÖ hält dagegen und fordert eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letzgehaltes.

Derzeit stehen in Österreich 422.910 Menschen ohne Job da. Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr um 27,9 Prozent gestiegen. In Tourismusregionen wie Tirol gab es gar einen Anstieg um 56,8 Prozent. Dem gegenüber gibt es nur 66.000 offene Stellen. Damit kommen auf einen Arbeitsplatz sieben Arbeitssuchende. Wer jetzt arbeitslos ist, tut sich noch schwerer als sonst, einen neuen Job zu finden. Trotzdem wurde das Arbeitslosengeld nicht erhöht und bleibt mit 55 Prozent eines der niedrigsten in ganz Europa. Die Wirtschaftskammer geht aber noch weiter. Ihr Präsident Harald Mahrer (ÖVP) will „alles tabulos überlegen.“ Seine Idee: Das Arbeitslosgeld soll weiter gekürzt werden.

900 Euro Arbeitslosengeld für Mahrer zu viel

Mahrers Plan sieht vor, dass sich das Arbeitslosengeld alle drei Monate reduziert. Doch das Arbeitslosengeld ist jetzt schon mit nur 55 Prozent im Europa-Schnitt eines der niedrigsten. Für Arbeitslose bedeutet das einen durchschnittlichen Bezug von rund 30 Euro am Tag, das sind ca. 900 Euro im Monat – oft ist es auch weit darunter. Der durchschnittliche Bezug ist auch deshalb so niedrig, weil in der Corona-Krise vor allem Menschen ihren Job verloren haben, die ohnehin schon wenig verdient haben: Jobs wurden vor allem in der Gastronomie, im Handel und im Baugewerbe gestrichen. Auch viele Reinigungskräfte haben ihr Einkommen verloren.

Österreichs Arbeitslosengelg liegt unter dem OECD-Schnitt. Quelle: A&-Blog.

Längere Anfahrtszeiten – weniger Arbeitslosengeld

Doch der Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes Mahrer hat noch mehr vor: Er will die Zumutbarkeitsbestimmungen verschärfen – konkret die Anfahrtszeiten. Derzeit muss ein Jobsuchender einen Arbeitsweg von 1,5 Stunden akzeptieren. Lehnt er den Job ab, kann ihm das Arbeitslosengeld zur Gänze gestrichen werden. Mahrer will diese Grenze nun erhöhen. Arbeitslose sollen noch weiter fahren oder gar umziehen.

Die ÖVP will einen Billiglohnsektor

Längere Anfahrtszeiten und weniger Arbeitslosengeld schaffen aber keine Jobs. Es führt nur dazu, dass die hunderttausenden Corona-Arbeitslosen noch stärker unter Druck gesetzt werden und die Situation am Arbeitsmarkt für die Jobsuchenden weiter verschärft wird. Um eine offene Stelle in Salzburg würden sich künftig etwa auch die Wiener und Burgenländer bewerben müssen – das drückt die Löhne für alle.

Nicht nur die ÖVP, auch Werner Kogler konnte sich zuletzt für ein sinkendes Arbeitslosengeld erwärmen. Das degressive Arbeitslosengeld sieht einen minimal höheren Einstieg und eine
Abstufung vor. Das könnte für 18.600 Frauen und 29.248 Männer bedeuten, dass sie wegen Langzeitarbeitslosigkeit jeglichen Anspruch verlieren. Rund Zweidrittel von ihnen sind über 45 Jahre, Dreiviertel haben maximal einen Pflichtschule oder eine Lehre absolviert. Fast 40 Prozent hat gesundheitliche Einschränkungen.

SPÖ fordert Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Einen ganz anderen Weg wollen die Gewerkschaft und die SPÖ gehen.

„Der Vorschlag der Wirtschaftskammer unterstellt, dass die fast hunderttausend Menschen, die in den letzten Monaten zusätzlich arbeitslos geworden sind, nicht arbeitswillig wären – eine unglaubliche Frechheit gegenüber den Betroffenen“, ist der stellvertretende Klubobmann der Sozialdemokraten Jörg Leichtfried empört.

Die SPÖ und die Gewerkschaft fordern schon seit Beginn der Corona Krise eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letztgehaltes. Die Maßnahme ist für Leichtfried nötig, weil viele ohnehin schon nicht mehr wissen, wie sie ihre Miete oder Kreditraten mit 900 Euro zahlen sollen. Außerdem wäre eine weitere Kürzung volkswirtschaftlicher Unsinn, weil in diesem Einkommensbereich jeder Euro in den Konsum geht. Die SPÖ will deshalb die Erhöhung des Arbeitslosengeldes bei der Sondersitzung des Nationalrates kommenden Montag zum zentralen Thema machen.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1578 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1578 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 416 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    416 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 333 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    333 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 250 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    250 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 126 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    126 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2703
12. März 2024
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Marco Pühringer

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