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Was dein „Gefällt mir” mit Trump und dem Brexit zu tun hat

Die Datenanalyse Firma Cambridge Analytica (CA) soll Daten von 50 Millionen Facebook Profilen illegal verwendet haben. Damit haben sie der Trump- und der Brexit-Kampagne zum Erfolg verholfen. Inwiefern Facebook mitgearbeitet oder nur zugelassen hat, ist noch nicht geklärt. Doch eines zeichnet sich ab: Der Datenriese muss besser reguliert werden und wir sollten über Alternativen nachdenken.

Chris Wylie hat die Fronten gewechselt. Der 28-Jährige half bei der Gründung von Cambridge Analytica (CA) und arbeitete jahreland als Forschungsleiter der Firma. Als ihm das schlechte Gewissen zu plagen begann, wurde er zum Whistleblower. Wylie berichtete der Guardian-Media Group und Channel 4 von den Methoden des Datenanalyse-Unternehmens. Neben schmutzigen Tricks, die schon kurz zuvor in einer verdeckten Channel 4 Recherche aufgedeckt wurden, sorgt eines für Aufsehen: Der Konzern besorgte sich über eine App Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern. Ohne Zustimmung der NutzerInnen und angeblich ohne Wissen von Facebook.

Verwendet wurde eine App, das die laxen Privatsphäre-Einstellungen ausnutzte. Beim Download der App stimmte man nicht nur zu, dass die eigenen Daten, sondern auch die Daten von Facebook-FreundInnen gesammelt werden dürfen. So reichten schon einige Zehntausend Downloads um auf 50 Millionen Accounts zugreifen zu können. Die Daten wurden dann unter anderem in der Trump- und der Brexit-Kampagne verwendet. Ursprünglich wurde die App vom Cambridge Professor Alkesandr Kogan programmiert, um Daten für seine Forschung zu bekommen. Davon wusste Facebook und hat der Nutzung für wissenschaftliche Zwecke zugestimmt. Doch der Professor gab die Daten unter Vermittlung von Wylie an Cambridge Analytica weiter.

Psychologie und Mikrotargeting

Das System funktioniert im Grunde einfach: die Daten der User werden mit dem psychologischen „Big-Five-Modell“ verbunden, und Personlichkeitsprofile erstellt. In dem Modell wird die Persönlichkeit an fünf Eigenschaften festgemacht: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, soziale Verträglichkeit und Neurotizismus. Anhand der Facebook-Aktivitäten schätzt das System die User ein: Wer beispielsweise den Like-Button bei Lady Gaga drückt, bekommt Punkte bei Offenheit. So entstehen detaillierte Persönlichkeitsbilder –  mit denen dann gezielt geworben wird.  „Mikrotargeting“ nennt man das.

Cambridge Analytica hat über so viele Daten verfügt, dass sie anhand von verschiedenen Like- und Informations-Kombinationen politische Einstellungen, Ängste und Vorlieben von Persönlichkeitsgruppen feststellen konnten. So wurden psychologische Zielgruppen gebildete, die dann auf sie zugeschnittene Botschaft erhalten haben. Die Trump Kampagne konnte also relativ präzise abschätzen, wie gewisse Wählergruppen zu Themen wie Abtreibung standen. Und mit welchen Botschaften sie erreicht werden können, um zu überzeugen. Chris Mylie beschreibt das so:

Man hörte auf, Botschaften für alle hörbar auf der großen Bühne zu sagen und flüsterte stattdessen auf die Psychogramme abgestimmte Botschaften in die Ohren der WählerInnen.

Gefahr für die Demokratie

Für Mylie ist das eine Bedrohung der Demokratie, die Gesellschaft wird immer weiter aufgesplittert. Der frühere Produkt-Manager von Facebook, García Martínez, sieht das ähnlich. Er sagte in einem Interview mit der Zeit:

„Aber natürlich trägt Facebook zu Veränderungen bei, zum Wiedererstarken von Nationalismen etwa, zur zunehmenden politischen Polarisierung, überhaupt zur grundsätzlichen Beschissenheit, die wir in Politik und Wirtschaft beobachten.“

Der Internet-Experte und Autor Sascha Lobo kritisiert weniger die Methoden von CA als viel eher Facebook an sich. So schreibt er in seiner im Spiegel erscheinenden Kolumne: Der eigentliche Skandal ist das System Facebook. Der Datenriese ist einer der mächtigsten Konzerne der Welt, mit enormem Einfluss auf unsere Wahrnehmung und unser Sozialverhalten. Der Fall von Cambridge Analytica zeige nur einmal mehr: Facebook ist bisher nicht in der Lage, seine Macht angemessen zu kontrollieren – und hatte bisher auch kein Interesse daran. Denn, so Lobo:

„Facebook kümmerte sich bis mindestens Ende 2016 einen gequirlten Quark um die Nebeneffekte seines wirtschaftlichen Erfolges.“

Social Media-Kanäle als öffentliche Aufgabe

Die Vorfälle haben jedenfalls bewirkt, dass jetzt laut über Alternativen nachgedacht wird. Es steht fest, dass es stärkere staatliche Kontrollen braucht, um unsere Privatsphäre besser zu schützen. Doch man kann auch weiterdenken: So regte die britische Zeitung The Independent neulich an, dass es durchaus eine staatliche Aufgabe sein könnte, Nachrichtennetzwerke wie Facebook zur Verfügung zu stellen. So eine öffentlich-rechtliche Social-Media Plattform könnte etwa von öffentlich-rechtlichen Sendern angeboten werden. Ähnlich sieht das auch Julian Ausserhofer, Stellvertretender Leiter des österreichischen sozialwissenschaftlichen Datenarchivs der Universität Wien. Er hat schon 2016 gefordert:

„Facebook wird auf absehbare Zeit seine Vormachtstellung als Quasi-Monopolist für die Verbreitung digitaler Nachrichten kaum verlieren – außer die Politik interveniert auf europäischer Ebene. Der US-Konzern muss in Zukunft weniger dem Markt und mehr der Öffentlichkeit verpflichtet werden. Sollte diese Regulierung scheitern, müssen wir uns daranmachen, eine europäische Facebook-Alternative zu gründen, getragen von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.“

Solange es keine Alternative gibt, haben die Silicon Valley Konzerne eine quasi Monopolstellung, was die Nutzung von Big-Data angeht und wir haben kaum Kontrolle über unsere Daten. Der letzte Datenskandal ist also auch eine Chance, über den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF abseits von Gebührenkürzungen zu diskutieren.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1673 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1673 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 446 Stimmen
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    446 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 356 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    356 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 268 Stimmen
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    268 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 135 Stimmen
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    135 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2878
12. März 2024
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