Schwarz-Blau

Lohndumping außer Kontrolle

Trotz Arbeit keine Krankenversicherung – Eine Reinigungsfirma hatte MitarbeiterInnen unter den Namen ihrer KollegInnen arbeiten lassen, um sich die Sozialversicherung zu sparen. Doch Österreich verpflichtet Unternehmen ihre Angestellten zu versichern und fair zu bezahlen. Das kontrollierten bisher neben dem Finanzamt, auch die Sozialversicherungen. Nun erklärt die Regierung, dass die Sozialversicherungen für Löhne nicht mehr zuständig sind, und reduziert die Kontrolleure im Finanzamt – dabei wird bereits jetzt schon zu wenig kontrolliert.

Eine Wiener Reinigungsfirma hat Sozialbetrug in großem Stil betrieben: 15 ihrer 21 MitarbeiterInnen waren weder bei der Sozialversicherung angemeldet, noch hatten sie eine Arbeitserlaubnis. Die Firma hat die Identitäten ihrer Angestellten mehrfach verwendet.

Die Liste an Sozialbetrugsfällen ist bei Reinigungsfirmen lang, wie Monika Rosensteiner von der Gewerkschaft vida schildert. Doch oft braucht es Whistleblower, weil das Personal für Kontrollen fehlt:

„Firmen stellen permanent neue Dienstverträge aus, um Mehrarbeitszuschläge nicht zahlen zu müssen. Dadurch werden Zulagen in der Spitalsreinigung umgangen oder Fahrzeiten zwischen den Objekten als Arbeitszeit nicht bezahlt. Weil zu wenig kontrolliert wird, machen Unternehmen ihre Gewinne auf dem Rücken der MitarbeiterInnen und dem Staat.“

Kontrollen werden oberflächlicher

Betrug, wie dieser ist nicht schwer zu finden. Österreich hat weltweit eines der wirksamsten Gesetze gegen Lohn- und Sozialbetrug. Seit 1.1.2017 wird geprüft, ob MitarbeiterInnen nach der richtigen Gehaltsstufe bezahlt werden und ob sie auch alle Zulagen, Zuschläge oder Sonderzahlungen bekommen, die ihnen zustehen. ÖVP und Wirtschaftskammer war das immer ein Dorn im Auge, und auch die FPÖ hat im Parlament stets gegen die Gesetze gegen Lohn- und Sozialdumping gestimmt.

Jetzt will die Regierung die Kontrollen wieder zurückfahren: Außerhalb der Baubranche soll in Zukunft nur noch die Einhaltung der Grundlöhne überprüft werden. Arbeitnehmerinnen müssen ihre Ansprüche auf Überstunden und Zuschläge dann wieder ausschließlich zivilrechtlich einklagen, Behörden prüfen von sich aus nicht mehr.

Kontrollbehörden werden ausgedünnt

Außerdem werden die Prüfungszuständigkeiten verlagert und das Personal heruntergefahren. Bisher haben die Sozialversicherungsträger und die Finanzpolizei Löhne und Sozialabgaben kontrolliert. Das ist effizient, da die Sozialversicherungsträger Betriebe stichprobenartig hinsichtlich der Sozialversicherungsabgaben überprüfen. Da können sie gleich Löhne und Gehälter mit kontrollieren und die ArbeitnehmerInnen haben auch etwas davon.

Die Sozialversicherungsträger gleichen so auch den Personalmangel bei der Finanzpolizei aus: Die kann ihr Plansoll bei Betriebsprüfungen ohnehin nicht einmal zu Hälfte erfüllen, weil der Personalstand so niedrig ist und die Aufgaben immer mehr werden.

Weniger Finanzbeamte für deutlich mehr Arbeit

Die Regierung plant aber genau dieses System zu verändern und sämtliche Prüfungskompetenz zur Finanzverwaltung zu verlagern. Diese konnte bisher nicht einmal 50 % ihrer Kontrollen durchführen, jetzt soll sie alleine für die Überprüfungen zuständig sein. Das sind gute Nachrichten für Firmen, die Dumping-Löhne zahlen und Sozialstandards umgehen.

Denn statt das Personal in der Finanzverwaltung aufzustocken, wird Finanzminister Löger nur noch jede dritte Planstelle im öffentlichen Dienst nachbesetzen. Wird das so umgesetzt, gibt es schon im nächsten Jahr 230 Finanzbeamte weniger. Zukünftig gibt es also weniger Beamte für deutlich mehr Arbeit. Das vermindert natürlich die Qualität der Prüfungen und erscheint besonders kurzsichtig. Denn laut Rechnungshof bringt ein Finanzbeamter ca. das 14 bis 30-Fache seiner Lohnsumme ein.

 

Faksimile der Zeitungsartikel aus Kronen Zeitung, Salzburger Nachrichten und Oberösterreichischen Nachrichten

Bekämpfung von Sozialbetrug soll unter politische Kontrolle gebracht werden

Großangelegter Sozialbetrug wie bei der Wiener Reinigungsfirma wird in Zukunft für keine Schlagzeilen mehr sorgen. Firmen werden geschont und die Sozialversicherungsträger entmachtet. Denn sie unterstehen nicht der Kontrolle der Regierung und wollen vor allem zu ihren Beiträgen kommen.

Anders ist das beim Finanzamt: Es untersteht direkt dem Finanzminister und hat politische Weisungen zu beachten. Ziel der Bundesregierung ist es, mehr politischen Zugriff auf die Sozialversicherungsträger und damit auf die Lohndumpingbekämpfung zu bekommen. Beim AMS hat Schwarz-Blau bereits angekündigt, den Einfluss der Sozialpartnerschaft im Verwaltungsrat zurückzudrängen. Jetzt droht dasselbe bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialbetrug.

Newsalert

Kostenlos anmelden und keinen Artikel mehr verpassen. Jetzt auch Telegram!

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
Lohndumping außer Kontrolle

Top Themen

Wir recherchieren und überprüfen die Inhalte und Fakten in unseren Beiträgen. Du hast trotzdem einen Fehler entdeckt? Bitte schick uns eine Nachricht.
2 Comments
Kommentare abonnieren
Benachrichtigungen:
guest
Mehr zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung
Unangemessene Kommentare können hier gemeldet werden.
2 Kommentare
Neuste
Älteste Beste
Inline Feedbacks
View all comments
So ist das!
So ist das!
11. April 2018 10:17

Lohndumping gibt es schlicht und einfach nicht. Jetzt wo Christian Sewing den bisherigen Chef der Deutsche Bank AG John Cryan ersetzt, werden die Banksterboni immerhin wieder auf Milliarden angehoben.
Das die DB weiter völlig pleite ist, spielt keine Rolle. Immerhin haben Politiker wie (bei uns:) Kurz und Strache dafür gesorgt, dass die Gesetze für Wirtschaftsverbrechen zu lascheren Strafen führen. Man soll die größten Verbrecher nicht bestrafen!
Den Bankstern gefällt das klar: keine Risiken, weil die Gesetze dafür sorgen, dass der Steuerzahler für die, nein, für ALLE Banksterverluste aufzukommen habe, während die Gewinne, falls es Spekulationsgewinne geben sollte, vollständig an die Bankster gehen. Und die Bankstenrettungen werden ja per Steuern auf die Rettungsschirme verteilt und tragen so zu den Schulden bei, die unsere Kinder und auch schon wir zu zahlen haben, solange sämtliche Berichterstatter dumm bzw. korrupt (?) und die Bürger recherchefaul bleiben.
Die Geldmenge M3 ist seit Krisenbeginn Ende 2007 aufs zehnfache ausgeweitet worden. Und? Haben Sie davon etwas gehabt? Tja, blöd, wenn man nicht versteht, was das überhaupt heißt, die zehnfache Geldmenge zu haben. Egal:
Der nächste Crash kommt bestimmt: und er wird schlimmer werden als der letzte.

Habnix
Habnix
7. April 2018 10:01

__________________________________________________________________________________

In der Politik geschieht nichts zufällig! Wenn etwas geschieht, kann man sicher sein, das es auf diese Weise geplant war.

Frank Delano Roosevelt,
US Präsident und Freimaurer
____________________________________________________________________________________

Top