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Dossier

ÖVP Politik erklärt: Die Hintergründe, die Gewinner, die Verlierer – Zahlen, Daten & Fakten

Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) will mit ihrem Namen den Anschein erwecken, alle Bevölkerungsgruppen Österreichs zu vertreten. Das einflussreiche Bündesystem repräsentiert diesen Anspruch nach Außen. Tatsächlich setzt sich eine kleine Elite mit ihren Interessen durch – das wirkt sich vor allem auf die ÖVP-Politik in der Regierung aus. Wir haben uns angesehen, wer die Abgeordneten sind, was sie umsetzen und wer von der Regierung profitiert.

 

Das ist die ÖVP

Wer hat Macht und Einfluss in der ÖVP

Die ÖVP besteht aus 6 Teilorganisationen. Die Junge Volkspartei, der Wirtschaftsbund, der Bauernbund, die ÖVP-Frauen, der ÖAAB (Österreichischer Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund) und der Österreichischer Seniorenbund. Sie bilden die Grundstruktur des „Systems Volkspartei“.

Den größten Einfluss üben traditionell der Wirtschaftsbund, der Bauernbund und der ÖAAB aus, dabei widersprechen sich deren Interessen teilweise. Vor allem der ÖAAB als schwarze Arbeitnehmer-Vertretung steht im Schatten der anderen Bünde und muss immer wieder um Einfluss kämpfen. Im Gegensatz dazu sind Bauern- und Wirtschaftsbund der influssreichen Wirtschaftslobby und den Großgrundbesitzern verpflichtet. Durch ihren enormen politischen Einfluss schaffen es diese immer wieder ihre Interessen auf dem Rücken der Arbeitnehmer:innen durchzusetzen.

Das Ungleichgewicht der Bünde macht sich auch innerhalb der ÖVP bemerkbar

So hat Sebastian Kurz im Wahlkampf 2017 bewusst einige ÖAAB Mitglieder von der Wahlliste gedrängt. Vor allem unter ihm hat die schwarze Arbeitnehmer:innen-Vertretung deutlich an Macht und Einfluss verloren. Seit dessen Rücktritt im Zuge der ÖVP-Chat-Affäre und der Parteiübernahme durch Karl Nehammer erhält der ÖAAB wieder etwas mehr an Bedeutung – kommt er doch selbst aus dieser Organisation.

Neben den Bünden haben auch die schwarz dominierten Sozialpartner Wirtschaftskammer (WKÖ), Landwirtschaftskammer (LK) und Industriellenvereinigung (IV) großen Einfluss in der Volkspartei. Denn wesentlich für das Funktionieren des ÖVP-Parteiapparates sind vor allem Großspenden aus Wirtschaft und Industrie. Deren Bedeutung ist für die Volkspartei seit der Machtübernahme durch Sebastian Kurz, im Zuge des „Projekts Ballhausplatz“, noch gestiegen.  An der Formel – wer das Geld hat, schafft an in der ÖVP – dürfte sich auch unter Karl Nehammer wenig geändert haben.

Wer sitzt für die ÖVP im Nationalrat?

Die Formel Geld = Macht spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des ÖVP-Parlamentsklubs wieder. Zwar repräsentiert keine  der Parlamentsparteien exakt einen Querschnitt der Bevölkerung – die Konzentration von Unternehmer:innen und Reichen in den Reihen der Schwarzen-Abgeordneten ist allerdings auffällig.  Wir haben genauer hingesehen und festgestellt, dass von einer gleichmäßigen Repräsentanz aller Bevölkerungsgruppen keinen die Rede sein kann. Kritische Stimmen sagen schon lange, die Partei vertrete die Menschen die besitzen, vererben und erben.

Unternehmer:innen machen in Österreich etwa 8,8 Prozent der Bevölkerung aus – im ÖVP Nationalratsklub sind es über 40%. Sie sind Selbstständige, Geschäftsführer oder Gesellschafter von Unternehmen. Vorsitzende von Vorständen und Aufsichtsräten sind hier bereits herausgerechnet, ansonsten wäre der Wert bei weit über 50%.

Zählt man Wirtschaftskammer (WKÖ), Industriellenvereinigung (IV) und Landwirtschaftskammer (LK) inklusive der ÖVP Bünde (Bauernbund, Wirtschaftsbund + ARGE Wirtschaftsbund im Parlament) zusammen, sind 62% und somit fast 2/3 der ÖVP-Abgeordneten in diesen Interessensvertretungen organisiert.

Am stärksten überrepräsentiert sind die Landwirt:innen. So waren im Jahr 2022 3,5% der Erwerbstätigen in Österreich im Agrarsektor beschäftigt im ÖVP Nationalratsklub beträgt der Anteil der Landwirt:innen hingegen 22%.

CV-Männerbünde und die Raiffeisenbank

Eines der einflussreichsten und elitärsten Netzwerke in der ÖVP sind die christlichen Schüler- und Studentenverbindungen,  die im Cartellverband organisiert sind. Zum Beispiel ist Bundeskanzler Karl Nehammer Mitglied im MKV, dem katholischen Mittelschüler-Kartellverband. Die Mittelschulverbände gelten als die erste Stufe der ÖVP-Kaderschmiede.

Insgesamt sind 15 der 71 ÖVP-Madatar:innen Mitglied in christlich-konservativen Verbindungen. Davon sind auch drei Frauen in sogenannten „Mädchen- oder Damenverbindungen“ organisiert. Der CV propagiert konservative „Grundwerte“ wie: Vaterland, Religion, Lebensfreundschaft und Wissenschaft. In der konkreten Ausgestaltung äußern sich diese oft in einem extrem reaktionären Welt- und Frauenbild, einer Nähe zum christlichen Klerus und in fehlender Distanz zum Austrofaschismus. So ist Engelbert Dollfuß noch Ehrenmitglied vieler CV Verbindungen.

Wie ÖVP-Politiker den Austrofaschisten Dollfuß würdigen – statt sich abzuwenden

Apropos Studentenverbindungen, die ÖVP ist nach wie vor eine Männerpartei. Nur rund 100 aller 1.256 ÖVP-BürgmeisterInnen werden von Frauen gestellt. Das sind gerade einmal 7%. Der Frauenanteil im Bundesparteivorstand der ÖVP beträgt ca. 1/3 (5 von 16 Mitgliedern sind Frauen). Von den 71 Abgeordneten im Nationalrat sind 27 Frauen, das sind immerhin 38%.

Die Raiffeisenbank gehört zu den wohl einflussreichsten Playern der Volkspartei. 11 Abgeordnete – also fast 16% – haben Verbindung zur Raiffeisen selbst, oder einer ihrer unzähligen Tochtergesellschaften. Sie sitzen in Vorständen, Aufsichtsräten, oder waren in der Bank angestellt. Auf der Homepage meineabgeordneten.at kannst du alle dokumentierten Netzwerke und Verstrickungen der Abgeordneten selbst nachlesen.

Politik für die Reichen?

Am 20. Dezember 2021 führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mehrere Hausdurchsuchungen durch. Der Verdacht: Das ÖVP-Finanzministerium habe sich darum bemüht, die Steuern für einen vermögenden Freund und Förderer der Partei zu drücken. Die Wochenzeitung Falter hat recherchiert, dass dem MAN-Investor und Kurz-Unterstützer Siegfried Wolf 630.000 Euro Steuernachzahlung erlassen wurde – auf Druck aus dem ÖVP-Kabinett im Finanzministerium und gegen den Willen der Fachabteilung. Die WKStA ermittelt nun wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Bestechung.

Im Zuge der Untersuchungen tauchen auch neue Chat-Nachrichten vom beschlagnahmten Handy des Kurz-Vertrauten Thomas Schmid auf. Der hatte Generalsekretärs im Finanzministerium einem Kabinettsmitarbeiter recht derb, aber deutlich erklärt, für wen die „Volkspartei“ Politik macht:

Thomas Schmid: „Vergiss nicht du hackelst im ÖVP-Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!“

Der Mitarbeiter darauf: „Danke, dass wir das so offen besprechen können!“

Schließlich musste Kurz aufgrund dieser Chat Nachrichten zurücktreten. Mittlerweile laufen bzw. liefen Verfahren und U-Ausschüsse, auch gengen Ex-Kanzler, um etwas mehr Licht in das Dunkel aus Parteispenden, Postenbesetzungen und COVID-Hilfen zu bringen. Vor kurzem wurde er (erstinstanzlich) der Falschaussage im U-Ausschuss  schuldig gesprochen, dort hat er nach Ansicht des Gerichts seine Rolle bei Postenbesetzungen heruntergespielt.

COFAG U-Ausschuss

Wie die ÖVP Millionen-Förderungen an Superreiche wie Benko, Wolf und Pierer verteilte, ist Thema im COFAG U-Ausschuss. Dort soll geklärt werden, ob es zu einer Ungleichbehandlung von Unternehmen gekommen ist – im Raum steht der Vorwurf einer Zwei-Klassen-Verwaltung durch die ÖVP. Von der großzügigen Verteilung an Steuergeld sollen vor allem große Konzerne und Superreiche profitiert haben. Klein- und Mittelbetriebe mussten in der Corona-Zeit dagegen um ihr Überleben kämpfen. Alles was du dazu wissen musst gibt es auf unserer Sonderseite.

ÖVP-Politik nach Regierungsperioden

ÖVP-Grüne Koalition unter Nehammer und Kogler (Seit Dezember 2021)

Mehr arbeiten, weniger verdienen, sozial Schwache öffentlich an den Pranger stellen und bestrafen: Das Grundprogramm der ÖVP wird auch in der Koalition mit den Grünen umgesetzt. Hohe PR-Ausgaben und Druck auf Österreichs Medien sind auch nichts Neues.
„Genug ist nicht genug“ ist das Motto:

Ganze zehnmal lehnt die ÖVP zwischen 2022 und 2023 einen echten Mietdeckel im Parlament ab. Anstatt die Mieten einzufrieren und Erhöhungen langfristig bei maximal 2 Prozent zu deckeln, beschließen sie im Herbst 2023 einen “Deckel”, der über der Inflationsrate liegt. Das Ergebnis: Viele Mieten sind um rund ein Viertel gestiegen – in nur zwei Jahren.

Während andere Länder frühzeitig die Steuer auf Lebensmittel ausgesetzt haben, damit sie trotz Inflation leistbar bleiben, stimmte die ÖVP seit 2022 sechsmal gegen diese Maßnahme.

Die enormen Extraprofite der Energiekonzerne, Banken und anderen Krisenprofiteuren blieben weitestgehend in den Taschen der Aktionär:innen. Der sogenannte Energiekrisenbeitrag der Regierung änderte daran kaum etwas. Der noch dazu nur kam, weil die EU die Regierung dazu verpflichtet hat. Andere Länder haben hingegen frühzeitig entschieden, dieses Geld umzuverteilen – an jene, die dringend in der Krise entlastet werden müssen. Übergewinne wirksam abzuschöpfen, lehnte die ÖVP viermal ab.

Ein Großteil der Arbeitslosen lebt an oder unter der Armutsgrenze. Die Inflation hat ihre Situation nochmal weiter verschärft, immer mehr Menschen sind auf Sozialmärkte angewiesen. Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letzteinkommens könnte 40.000 Menschen aus der Armut holen. Die ÖVP stimmte 2020 bis 2023 neunmal dagegen.

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss sowie die berühmten Chats von Thomas Schmid legten offen, wie sehr die ÖVP ein politisches Geschäftsmodell für die Reichen etabliert hat. Härtere Strafen für korrupte Spitzenpolitiker:innen lehnte die ÖVP ab.

Einen Rechtsanspruch auf kostenlose Betreuung aller Kinder ab dem 1. Lebensjahr lehnte die ÖVP dreimal ab. Somit gibt es weiterhin viele Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, weil es nicht genügend Kindergartenplätze gibt.

Die SPÖ fordert seit Jahren eine Verdoppelung der Studienplätze für Medizin, um den Ärzt:innen-Mangel zu bekämpfen. Die ÖVP hat diese Forderung abgelehnt.

Viele Kassenplätze sind in Österreich unbesetzt. Die SPÖ forderte daher eine Initiative für mehr Kassenärzt:innen in ganz Österreich. Die ÖVP lehnte das ab.

ÖVP-Grüne Koalition unter Kurz und Kogler (Seit Jänner 2020)

Ende März hat die Regierung aus ÖVP und Grünen die erhöhte Notstandshilfe gestrichen. Die 200.000 Betroffenen verlieren dadurch mitten im Lockdown zwischen 80 und 120 Euro im Monat. Dazu werden im April 2021 Mietstundungen fällig und eine Delogierungswelle droht.

Kurz nachdem die katholische Kirche die schwarz-blaue Asylpolitik kritisierte, bat Sebastian Kurz den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, bei einem Termin mit Kirchen-Vertretern „bitte Vollgas“ zu geben. Schmid sprach beim Termin dann mögliche steuerliche Verschlechterungen für die Kirche an. Als er berichtete, dass der Kirchenvertreter zunächst „rot dann blass dann zittrig“ wurde, antwortete der Kanzler „Super danke vielmals!!!!“.

Bei der Umstrukturierung der Staatsholding ÖBAG wurde ordentlich mit Posten geschachert. Der damalige Generalsekretär Thomas Schmid suchte sich seinen Aufsichtsrat selbst, ließ die Ausschreibung auf sich zuschneiden und sicherte sich so die Bestellung als Alleinvorstand. In stetiger Absprache mit Gernot Blümel und Sebastian Kurz.

Hausdurchsuchungen bei Ex-Ministern, politische Interventionen bei Ermittlungen, zu Unrecht verliehene akademische Titel? Man möchte meinen, das sind Skandale, die wochenlang die Titelseiten füllen. Tun sie aber nicht – sofern es sich um Skandale der ÖVP handeln. Die Message-Control funktioniert offenbar auch in der zweiten Kurz-Regierung gut genug, um unerfreuliche Nachrichten klein zu halten.

ÖVP und Grüne gaben seit Beginn der Koalition gemeinsam rund 73 Millionen Euro für Inserate, Werbe- und Informationskampagnen aus. Damit kosten die Einschaltungen Österreichs Steuerzahler 200.000 Euro – jeden Tag.

Während ArbeitnehmerInnen fast 80% der Krisenkosten zahlen, bekommen sie nur gut 25% der Hilfsgelder. Dieses massive Ungleichgewicht kritisiert die Arbeiterkammer Oberösterreich in einer aktuellen Studie.

Jeden Tag arbeiten und trotzdem nicht über die Runden kommen? Für 20 Millionen Beschäftigte in der EU ist das Realität. Zu niedrige Mindestlöhne und das daraus entstehende Lohngefälle sind drängende Probleme. Eine Richtlinie der EU will das beheben, doch die Minister einiger Länder verhindern das. Unter ihnen: Österreichs Arbeitsminister Martin Kocher.

ÖVP-FPÖ Koalition unter Kurz und Strache (Sept 2017 – Mai 2019)

Die Verbindungen und Berufe der Abgeordneten führten zu konkreter Politik. Hinzu kamen die Interessen der vermögenden Spender von Sebastian Kurz. Darunter fanden sich zahlreiche Hoteliers, Immobilienbesitzer und Industrielle. 4,4 Mio. Euro hat die ÖVP im Wahljahr an Spenden bekommen: drei Millionen die Bundesparte und 1,2 Millionen die Gemeinden, Länder und befreundeten Organisationen. Darunter Spenden zwischen 400.000 und einer Million.

Das Ergebnis war: Wer schlecht verdient, wird von der ÖVP schlecht vertreten. Die Banken und Versicherungsbranche dafür umso mehr. Bei Sozialleistungen wurde gespart und großen Konzernen wurden große Geschenke gemacht.

Mit der Steuerreform wollte die ÖVP die Gewinnsteuer von Unternehmen von 25 auf 21 Prozent zu senken. Das kostet dem Staat 1,6 Milliarden Euro. Am meisten profitieren davon die größten 5 Prozent der Unternehmen. Sie bekommen nämlich 1,25 Mrd. Gleichzeitig fehlen in Österreich dann 1,6 Mrd. für Kindergärten, Schulen, Pflege und Krankenhäuser.


Im Juni 2018 haben ÖVP und FPÖ einen Initiativantrag zur „Arbeitszeitflexibilisierung“ im Nationalrat eingebracht. Der Zwölf-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sollen generell möglich werden – ohne Zustimmung von Sozialpartnern oder Betriebsrat. 3,7 Mio. Arbeiter und Angestellte betrifft das Gesetz direkt.Für Unternehmen bedeutet das: Sie verfügen noch stärker darüber, wie lange Beschäftigte arbeiten müssen. Die vollen Überstunden-Zuschläge, die bisher bezahlt worden sind, werden nicht mehr fällig.

Die Regierung hat die Allgemeine Unfall-Versicherungsanstalt dazu gezwungen 430 Millionen einzusparen. Das entspricht etwa einem Drittel des AUVA-Budgets. Hinter dem Millionen-Aderlass steckt eine alte Forderung der WKÖ und der Industriellenvereinigung: Sie wollen den Unfallversicherungs-Beitrag von Arbeitgebern von 1,3 Prozent auf 0,8 Prozent der Lohnsumme senken. Das Ergebnis: 300 AUVA-Stellen werden schrittweise gestrichen, Kosten für Versorgungsleistungen auf Krankenkassen und Beschäftigte abgewälzt.

Freuen können sich hingegen große Unternehmen. Ein Beispiel: KTM hat in Österreich rund 4.000 Beschäftigte. Bei einem durchschnittlichen Beitragssatz von 26 Euro pro Arbeitnehmer würde ihm die Senkung von 1,3 auf 0,8 Prozent eine Ersparnis von 480.000 im Jahr bringen. Seine ÖVP-Spende hat er also in einem Jahr wieder drinnen – allerdings auf Kosten der Steuerzahler.

Die Hoteliers profitierten von einer weiteren Senkung ihrer Umsatzsteuer auf 10 Prozent. Die Tourismusbranche verbucht Rekorde bei Nächtigungen, Gästen und Umsätzen. So sieht keine Branche aus, die dringend steuerliche Begünstigungen braucht. Doch die Hoteliers haben offensichtlich eine gute Lobby in der ÖVP: Die Steuersenkung auf 10 Prozent wird den Gewinn der Hoteliers direkt um 3 Prozent steigern – auf Kosten der Steuerzahler. Die kostet das 120 Millionen Euro im Jahr. Zum Vergleich: Das zweite kostenlose Kindergartenjahr würde rund 90 Millionen kosten – das Geld dafür wollte die ÖVP nicht aufbringen.

Die Steuer-Tricksereien der größten Konzerne richten enormen Schaden an. Multinationale Konzerne schleusen in Europa jährlich fast 70 Milliarden Euro an Steuern am Staat vorbei. In Österreich sind es allein 1,5 Milliarden Euro. Doch der ehemalige ÖVP-Finanzminister Löger hat angekündigt, dass er die Steueroffenlegung von Großkonzernen auf EU-Ebene nicht unterstützen wird. Denn Löger hat sich in der EU dafür ausgesproche, 10 Steuersümpfe von der Schwarzen Liste der Steuersünder zu streichen. Dabei hat keines der Länder ihre Steuergesetzgebung und den Vollzug geändert.

Die ÖVP hat den Forderungskatalog des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI) zu weiten Teilen in das Regierungsprogramm übernommen – mitunter wortgleich. Sebastian Kurz hat für seinen Wahlkampf viel Geld aus der Immobilienbranche bekommen. Jetzt macht Schwarz-Blau die Träume der Vermieter wahr und verkauft uns das als „marktkonforme Mieten“.

Die Preisgestaltung privater Vermieter soll freier werden. Die Miethöhe muss sich etwa nicht mehr an den Kosten für bauliche Investitionen orientieren. Dazu unterstützt Schwarz-Blau mehr Lagezuschläge und kürzere Befristungen, sowie höhere Mieten im sozialen Wohnbau. Im Altbau werden Wohnungen durchschnittlich 80 Euro pro Monat bzw. 960 Euro im Jahr mehr kosten.

Außerdem werden große Investoren keine Grunderwerbsteuer mehr bezahlen. Grundstücke können künftig steuerfrei verkauft werden, wenn das über eine Holding-Konstruktion passiert. Das nützt den Immobilien-Spekulanten.

Unternehmer werden dank der Regierung Kurz entscheiden, was mit den Beiträgen der Beschäftigten im Gesundheitssystem passiert. Die Unternehmer bekommen in der „Österreichischen Gesundheitskasse“ gleich viele Sitze wie die Arbeitnehmer. Und das obwohl die Finanzmittel, die darin verwaltet werden zu zwei Drittel von den Arbeitnehmern kommen

Außerdem werden die Unternehmer eine halbe Milliarde weniger zum Gesundheitssystem beitragen. Die Arbeitgeber-Beiträge zur Unfallversicherung werden um 430 Millionen Euro gekürzt, das fehlt letztlich bei den Leistungen.

Die Regierung hat die Liste der Mangelberufe von 27 auf 45 Berufe ausgeweitet. Gleichzeitig senkt sie die Mindestlöhne für Fachkräfte mit Rot-Weiß-Rot-Karte um 20 Prozent. Wer aus dem EU-Ausland als Facharbeiter nach Österreich kommt, darf künftig um 20 Prozent weniger verdienen als bisher. Statt 2.565 Euro müssen Fachkräfte unter 30 nur mehr 2.050 Euro brutto im Monat verdienen. Bei über 30-Jährigen reichen künftig 2.565 Euro (statt 3.080). Damit wird das gesamte Lohnniveau gesenkt.

Die Regierung macht Sozialbetrug vor allem für große Unternehmen mit vielen Mitarbeitern attraktiv. Ab 2020 streicht sie das sogenannte Kumulationsprinzip, nach dem jede Übertretung des Arbeitsrechts einzeln bestraft wird. Handelsketten, die 300 Mitarbeiter an Sonn- oder Feiertagen arbeiten lassen, müssten dann nur mehr eine einzige Strafe von 72 Euro zahlen – statt bisher 21.600 Euro. Dazu haben ÖVP und FPÖ auch die Strafen für die falsche Anmeldung bei der Sozialversicherung praktisch gestrichen. Statt 50.000 Euro sollen Unternehmer höchstens 855 Euro zahlen, wenn sie ihre Angestellten um die Sozialversicherungsbeiträge betrügen.

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alfred Wassermair
alfred Wassermair
28. September 2019 14:41
K.N.
K.N.
17. Juni 2019 20:21

Es war einmal ein Bk, der mit Hilfe von Großsponsoren des Neoliberalismus an das Steuer eines Landes gekommen war. Die Großsponsoren ihrerseits waren durch Raub an der Zivilgesellschaft mächtig geworden und hatten sehr konkrete Vorstellungen von der To-do-Liste ihres gesponserten Bks (Hatte er seinen Sponsoren konkludent Versprechen abgegeben??). Auf jeden Fall entsprach es auch dem Wesen seiner Partei.
Nun war er also am Steuer des Landes und begann (wie seinen Sponsoren versprochen) mit seiner Geisterbahnfahrt, in der die Zivilgesellschaft sich schaudern, fürchten, von den wahren Vorgängen hinter den Kulissen völlig abgelenkt werden sollte, sie über die Zurschaustellung von Anders-Sein, unter-die-Räder-gekommen-Sein, der-Menschenwürde-beraubt-Sein insgeheim belustigen, erfreuen sollte.
Am Ende der Geisterbahnfahrt dieses Landes sollte die Zivilgesellschaft jedenfalls ärmer, überwachter, entsolidarisierter und ruhiggestellt gegenüber ihren Regierenden und deren neoliberalen Sponsoren sein.
Nun, die Geisterbahnfahrt wurde Gott sei Dank gestoppt, die Zivilgesellschaft durch Notausgänge befreit, der Bk samt dem von ihm engagierten Regierungsteam nicht mehr am Steuer.
Was aber mit den Schäden, die an der Zivilgesellschaft auf dieser kurzen Fahrt bereits angerichtet worden sind? Und: Was tut eine junge Person, die in so kurzer Zeit so viel an Menschenrechten, Sozialrechten, Arbeitsrechten verbr ..…………… hat? Durch Aushungern zivilgesellschaftlicher Institutionen, Untergehenlassen von Stimmlosen ….
Wie wird er (diese Person) seine Freiheit danach in dieser Zivilgesellschaft verbringen?
Werden ihm in den nächsten Jahrzehnten Seiten in den neoliberalen Medien und ihren sämtlichen medialen Greifarmen gewährt werden? (Wer kennt denn noch Medien, die von ihnen nicht einverleibt worden sind?)
Was wird er nun 80 und mehr Jahre lang der nächsten Generation, seiner Familie erzählen?
Wird er weiterhin in den „Think-Tanks“ (früher hätte man gesagt, das sind „gut vernetzte neoliberale Räuberbanden“ an der Zivilgesellschaft) verkehren, gegen die Zivilgesellschaft opponieren? Wird er so wie z.B. die Geld-„Eliten“ in Ländern Südamerikas die Demokratie im Land sukzessive zerstören?

Und wie wäre die Geisterbahnfahrt dieses Landes vor den Augen der Welt ausgegangen, wenn arschknapp nicht sein BPräs, sondern jene Person BPräs geworden wäre, deren Partei die erste Wahl erfolgreich angefochten hatte?

Und: Wie steht die nunmehrige Regierung zur Zivilgesellschaft?
Wie geht die Fahrt weiter?
Was bedeutet es, wenn die nunmehrige Regierung von der vorigen Steuermannschaft „sehr begrüßt“ wird: Das Bild eines demokratischen Landes ansatzweise wiederherzustellen oder die Fahrt weiterzuführen?

Bernhard
Bernhard
Reply to  K.N.
6. Oktober 2019 15:11

Nur die dümmsten Schafe wählen ihren Schlächter. Ich glaube nicht, daß alle ÖVP Wähler zur Oberschicht gehören. Halt zu Kurz gedacht, Lügen haben Kurzes Beine.

Heinrich Hackl
Heinrich Hackl
28. Mai 2019 10:55

Es war höchste Zeit Kurz und sein Team das Misstrauen auszusprechen. Zu einer Stabilität in unserem Land gehört auch, dass man mit allen gewählten Mandataren redet, sich Meinungen anhört und gemeinsames Verständnis lebt. Gemeinsam für unser Österreich und keine Ausgrenzungen von Menschen, weil sie politisch anders denken. In letzter Zeit hat man ja schon den Eindruck gehabt, wir leben in einer Diktatur. Aber die SPÖ muss auch einmal aufhören leichtfertig über überhöhte Mieten zu sprechen. Bitte beide Seiten anhören. Seit Jahren stagnieren die Löhne, dass muss sich ändern. Man sieht auch die zwei Gesichter der ÖVP betreffend der Abwahl von Kickl: Fall Strasser bzw. Kickl. Und was das Streiten in der Regierung betrifft, werden wir noch froh sein, wenn dies jemand noch für uns machen wird. Denn, so wie es mit Kurz mit seinem Team in den letzten Monaten praktizierte, wäre mit Sicherheit zu einem Crash gekommen. Jetzt erwarte ich mir von der SPÖ, dass man sich nicht gegenseitig bekämpft, sondern sozialdemokratische Ideen einbringt ohne auf Neid zu anderen zu zeigen – eine gerechte Umverteilungspolitik.
Die Aufklärung des Strache Video ist in einer Demokratie unbedingt erforderlich. Es ist ja sehr eigenartig, wie man 2017 mit der Silberstein Affäre die SPÖ vernichtete und zum selben Zeitpunkt bereits auch ein Video für die Vernichtung der FPÖ im Hinterzimmer lag. Ist der Überfall auf das BVT deswegen erfolgt?

Franz Xaver
Franz Xaver
Reply to  Heinrich Hackl
28. Mai 2019 16:57

Sie scheinen eines noch nicht begriffen zu haben, dass die Politiker die Sie waehlen nur Marionetten sind! Das einzige was die sogenannten demokratisch gewaehlten Politiker entscheiden ist in welchem Anzug Sie erscheinen und ob der gewaehlte Schlipps dazupasst. Anschaffen tun die Freimaurer, Opus Dei, Konzerne etc.
Es die Dummheit der Bevoelkerung Europas und ganz besonders von Oesterreich ist grenzenlos!

Kevin Madlener
Kevin Madlener
26. Mai 2019 12:35

Wirklich sachlicher Journalismus ist das was ihr (nicht nur) hier macht!
Anmerkung: Warum sollten Hoteliers eine USt. von 13% zahlen??? Die Steuererhöhung der letzten Regierung hat viele Unternehmen in der Tourismusbranche in die Nähe der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Das Jammern nach mehr Lohn bringt nichts wenn es die Unternehmen nicht mehr gibt.

Füreder
Füreder
26. Mai 2019 10:50

Egal welche Partei Sie füllen sich die Säcke voll.Der Arbeiter trägt volles Risiko bei Arbeitsunfall.Bei der Penion wird er auch noch beschiessen.Auch meine Frau wurde bei ihrer Pensionierung in zweiter Ehe durch zusammenlegung in der Pensionshöhe gekürzt. https://kontrast.at/oevp-kurz-regierung-wirtschaft/

Thoimas
Thoimas
Reply to  Füreder
18. Juli 2019 03:17

Es geht um Rechte. ÖVP und FPÖ haben den Auftrag, in ihren Lobbys, Rechte außer Kraft zu setzen. In den USA, Russland und China gibt es diese Rechte noch gar nicht und wir sind zu dumm, diese Rechte, die wir noch haben, nicht einmal zu verteidigen. Uns geht es zwar trotz der Rechtsregierung in Wien immer noch gut, aber das kann sich schnell ändern. Vom Frieden zum Krieg (1914 und 1939) oder überhaupt zum Untergang der Menschheit durch die Gier der Reichen ist der Weg genauso kurz wie damals. Füreder? Bist du aus Linz? Ich bin der Thomas, der jedem eine Goldmünze geschenkt hat, als man mich aus einem ÖVP-nahen Büro völlig unangebracht hinaus geschmissen hatte?

Alexander MESSNER
Alexander MESSNER
Reply to  Thoimas
22. August 2019 14:28

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Bei der letzten Wahl habe ich ÖVP gewählt. leider wurde die Koalition beendet.
Nunmehr werde ich FPÖ wählen. Es geht nicht anders.
Mfg Alexander Messner

Helmut Doupona
Helmut Doupona
21. Mai 2019 15:19

Es ist wohl ein Witz, das die SPÖ jetzt
mit der FPÖ packeln will, nur um unseren BK zu Fall bringen möchte.
Zuerst schimpfen dann wäre alles Recht.
Zum schämen.

Franz Ferdinand
Franz Ferdinand
16. Mai 2019 08:05

hallo ich kenen mich nicht aus

Bernhard
Bernhard
7. Mai 2019 15:59

Euer Artikel in Kurzform: Die ÖVP vertritt die Menschen, die besitzen, vererben und erben.

Monikaluise
Monikaluise
Reply to  Bernhard
8. August 2021 17:15

Bernhard richtig erkannt! Ich frage mich nur, wo die Arbeiter/innen und die Angestellten/innen ihr x machen bei der Wahl? Ist es diesen Menschen nicht bewusst, dass sie von ÖVP +FPÖ nicht vertreten werden oder gibt es bei uns so viele Blitzer die das nicht kapieren? Ich zweifle oft an die Intelligenz der Leute, wenn man hört oder liest, dasUmfragen immer ein Hoch für Kurz steht. Kurz mit seinen Habera und Grün werfen unsere Steuergelder mit vollen Händen hinaus als gebe es kein Morgen. Blau hat ja gezeigt, was alles möglich ist, wenn die an der Regierung sind.

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