Verteilungsgerechtigkeit

Was der Mindestlohn wirklich bringt und warum seine Gegner irren

»Der Mindestlohn zwingt Unternehmen Arbeitsplätze zu streichen« – das behaupten zu mindest die Kapital-Vertreter. Doch das stimmt nicht. Aktuelle Studien zeigen ganz eindeutig: Lohnerhöhungen führen nicht zu Beschäftigungsverlusten. In Deutschland gibt es seit 2015 ein Mindeslohn. Dort stieg die Beschäftigung – entgegen aller neoliberale Prognosen.

Lohnerhöhungen führen nicht zu Beschäftigungsverlusten.Zu diesem Ergebnis kommen die jüngsten Forschungen über die Auswirkungen von Mindestlohnerhöhungen in den USA (dort gibt es Mindestlöhne seit 1938) ebenso wie aktuelle Untersuchungen von OECD-Ländern, in denen es Mindestlöhne gibt.

Das aktuellste Beispiel ist Deutschland. Dort wurde 2015 ein Mindestlohn in der Höhe von 8,5 Euro/Stunde eingeführt. Neoklassische ÖkonomInnen waren alarmiert und prognostizierten im Vorfeld Beschäftigungsverluste von bis zu 1,2 Mio. Stellen. Mittlerweile liegen die ersten Daten und Begleitstudien vor und die zeigen: Entgegen den Prognosen ist es zu keinen Beschäftigungsverlusten gekommen. Stattdessen kann beobachtet werden, dass sogenannte Mini-Jobs (prekäre Kurzarbeitsverhältnisse) großteils in normale Jobs mit Sozialversicherung umgewandelt wurden.

Das ist auch plausibel: Denn Einkommen sind nicht ausschließlich ein Kostenfaktor für Unternehmen. Sie werden auch wieder ausgegeben und schaffen mehr Nachfrage und so wiederum mehr Bedarf an Arbeitskräften.

Mindestlöhne als Maßnahme gegen Erwerbsarmut

Wer trotz Arbeit armutsgefährdet ist, gilt als erwerbsarm. Auch in Österreich gibt es Erwerbsarmut, obwohl es eines der Länder mit den höchsten Medianeinkommen ist. Nach den letzten Erhebungen zu Einkommen und Lebensbedingungen waren im Jahr 2015 in Österreich insgesamt 297.000, also acht Prozent der Erwerbstätigen, armutsgefährdet. Diese Zahlen stehen für einzelne Schicksale. Menschen, die sich tagtäglich um ihre Existenz sorgen – nicht mal bedenkenlos einen Euro mehr ausgeben, sich ab und an etwas gönnen, geschweige denn überraschende Ausgaben für Reparaturen tätigen können. Mit einem entsprechenden Mindestlohn kann Erwerbsarmut reduziert und die Lebenssituation der Menschen im untersten Einkommensbereich merklich verbessert werden.

2015 lag die Schwelle zur Armutsgefährdung für einen Einpersonenhaushalt in Österreich bei einem Nettoeinkommen von 1.163 Euro (zwölfmal im Jahr). Ein Mindest-Bruttoeinkommen von 1.500 Euro (vierzehnmal) liegt mit 1.198 Euro Netto nur knapp darüber. Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern ist ab einem Nettojahreseinkommen von 22.329 Euro  armutsgefährdet. Das entspricht einem Bruttomonatsbezug von ca. 1.622 Euro, wenn das in den Kollektivverträgen vorgegebene Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die Familienbeihilfe berücksichtigt werden.

Fazit

Erwerbsarmut kann durch verpflichtende flächendeckende Lohnuntergrenzen in der Höher von 60 Prozent des Medianeinkommens eingegrenzt werden. In Österreich entspricht das in etwa 1.700 Euro pro Monat. Das würde auch zu positiven Konjunktureffekten sowie einer Steigerung der Produktqualität führen. Die positiven Effekte flächendeckender Mindestlöhne würden sich weiter verstärken, wenn sie auch auf europäischer Ebene ausgeweitet werden. Demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten der ArbeiterInnen in den Unternehmen sind dabei essentiell, um den Konflikt zwischen fairen Einkommen und kurzfristigen unternehmerischen Profitinteressen zu lösen. Die Erfolge sozialpartnerschaftlicher Systeme weisen in diese Richtung und müssen deshalb gestärkt und ausgebaut werden.

Weiterlesen

Mehr zum Thema in den aktuellen Perspektiven des Marie Jahoda – Otto Bauer Instituts: http://jbi.or.at/wp-content/uploads/2017/05/Perspektiven_Ausgabe-April2017.pdf

Das Marie Jahoda – Otto Bauer Institut versteht sich als Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft und versucht so die beiden Tätigkeitsfelder wechselseitig zu bereichern.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1639 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1639 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 436 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    436 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 348 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    348 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 258 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    258 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 134 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    134 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2815
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Jahoda Bauer Institut

Neue Artikel

So weit hinten wie noch nie: Österreich stürzt bei Pressefreiheit auf Platz 32 ab

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlichen jedes Jahr ein Ranking, wie es um die weltweite Pressefreiheit…

3. Mai 2024

AK-Wahlen: Sozialdemokratie gewinnt – Regierungsparteien verlieren

Die Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) gewinnen trotz leichtem Minus die AK-Wahlen klar. In sieben…

3. Mai 2024

Die Familie Lopez aus Haslach: Bestens integriert, trotzdem abgeschoben!

2021 kam die Familie Lopez nach Haslach in Oberösterreich. Die Mutter fand schnell Arbeit als…

2. Mai 2024

Fast eine halbe Million Österreicher haben nicht genug zu essen

Armut in Österreich: Fast eine halbe Million Menschen können sich nicht genug zu essen leisten.…

2. Mai 2024

1. Mai – Seine Geschichte und Bedeutung für unsere Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und faire Löhne

Am 1. Mai wird auf der ganzen Welt der Tag der Arbeit gefeiert. Der Feiertag…

30. April 2024

Niederösterreich: So halbiert eine rote Gemeinde den Strompreis für alle

In der Gemeinde Trumau wird bald Realität, was sich viele lange erträumt haben: Strom zum…

30. April 2024