In der Diskussion um eine Reform des Arbeitslosengeldes meldet sich jetzt Gewerkschaftschef Wolfgang Katzian zu Wort. Im Ö1-Morgenjournal kritisiert er die Forderungen, bei den Arbeitslosen zu kürzen. Das sei Teil eines Plans, in Österreich einen Billiglohnsektor aufzubauen. Katzian besteht darauf, dass Arbeitssuchende nicht jeden Job annehmen müssen. Sie sollen das machen können, wofür sie ausgebildet sind und was sie gerne machen.
Der Chef des österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Wolfgang Katzian, kritisiert die Diskussion über den Zuverdienst von Arbeitslosen als Ablenkungsmanöver. Nur elf Prozent der Arbeitssuchenden haben zusätzlich zum Arbeitslosengeld ein geringfügiges Einkommen, darum könne es nicht gehen.
„Ganz offensichtlich geht es darum, einen Billiglohnsektor weiter aufzubauen und Arbeitslose zu zwingen, jeden Job anzunehmen“, sagte Katzian am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“.
Arbeitslose haben schon jetzt ein extrem schweres Los: Neun von zehn arbeitslsosen Menschen sind laut einer neuen Sora-Studie armutsgefährdet. „Ich finde das wirklich arg, dass man jetzt beginnt, die zu jagen – möchte ich fast schon sagen – die nichts haben und die nicht einmal wissen, wie sie den Schulstart für die Kinder finanzieren sollen. Auf die haut man hin“, kritisierte Katzian bereits am Freitag vergangener Woche in der Zeit im Bild 2.
Ein Zuverdienst zum Arbeitslosengeld verfestigt „natürlich nicht“ die Arbeitslosigkeit, erklärte Katzian. Vielmehr ist das für Arbeitssuchende eine Möglichkeit, „einen Fuß in der Arbeitswelt“ zu behalten. Dadurch wird die Chance größer, wieder einen Job zu finden. Die Kombination aus Arbeitslosengeld und Zuverdienst ist auch nicht attraktiver als eine Vollzeitstelle.
Der Gewerkschaftschef lehnt es ab, die Verantwortung immer den Arbeitssuchenden zuzuschieben. „Dann reden wir einmal von Sozialschmarotzern bei den ArbeitgeberInnen“, sagte Katzian. Es gibt „gar nicht so wenige ArbeitgeberInnen“, die ArbeitnehmerInnen auffordern würden, arbeitslos zu bleiben und geringfügig angemeldet für sie zu arbeiten. „40 Stunden und mehr“ arbeiten die ArbeitnehmerInnen zum Teil.
Der ÖGB-Chef wünscht sich, dass Arbeitssuchenden Jobs angeboten werden, die den Ausbildungen der Menschen entsprechen und die sie gerne machen. „Und nicht, dass man sagt: ‚Es ist mir völlig egal, was du gelernt hast. Du musst jeden Job annehmen!'“, so Katzian. „Das ist nicht Österreich, das ist nicht unser Sozialstaat.“
Der ÖGB hatte gefordert, das Arbeitslosengeld von 55 auf 70 Prozent des letzten Einkommens zu erhöhen. Einem degressiven Arbeitslosengeld, also einem hohen Satz am Anfang, der im Lauf der Zeit immer weniger wird, steht Katzian kritisch gegenüber. „Wir haben jetzt eine Nettoersatzrate bei Arbeitslosigkeit von 55 Prozent. Das heißt, man verdient ein bisschen mehr als die Hälfte von dem, was man vorher gehabt hat. Und wenn durch ein degressives Modell das dann noch drunter geht, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen und mit uns wird es das ganz sicher nicht geben“, sagte er in der Zeit im Bild. Wenn es insgesamt zu einer Erhöhung kommen sollte, kann er sich ein degressives Modell vorstellen, sagt er vor den Verhandlungen.
Zuletzt hat AMS-Chef Johannes Kopf vorgeschlagen, die Zuverdienstmöglichkeit für Arbeitslose zu streichen. Davor hat etwa der ÖVP-Wirtschaftsbund gefordert, das Arbeitslosengeld auf 40 Prozent des Einkommens zu kürzen. Arbeitsminister Kocher (ÖVP) will das Arbeitslosengeld im Herbst reformieren, bislang hat er nur über mehr Druck auf Arbeitslose gesprochen.
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