Die FPÖ macht die Sanktionen der EU für die hohe Inflation verantwortlich. Auf den ersten Blick mag das vielleicht schlüssig klingen. Schaut man aber genauer hin, erkennt man: Das Argument lenkt von den eigentlichen Ursachen der Teuerung ab. Kickl und Co erledigen damit das Geschäft von Putin und schützen noch dazu die Krisengewinner. Ein Überblick.
Jeden Monat veröffentlicht die Statistik Austria die aktuelle Inflation. Seit Monaten kennt diese Entwicklung nur eine Richtung: Nach oben. Die FPÖ trommelte: Die Sanktionen gegen Russland seien schuld. Man müsse sie nur beenden und schon hätte man die Teuerung wieder im Griff. Doch die Erzählung der FPÖ, die einst einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei „Einiges Russland“ unterzeichnete, stimmt einfach nicht: Schon im Jänner 2021, lange bevor der Ukraine-Krieg ausbracht, begannen die Preise zu steigen. Lag die Inflation im Jänner noch bei 0,8 Prozent, vervierfachte sie sich bis Dezember 2021 auf 4,3 Prozent. Die Corona-Krise hat aufgrund von temporären Produktionsausfällen zu Problemen in den Lieferketten geführt, die die Inflation massiv angetrieben haben. Die Entwicklung war schon dramatisch, als noch keine Rede vom Ukraine-Krieg war.
Natürlich hat der Ukraine-Krieg jetzt enormen Einfluss. Er löste einen globalen Wirtschaftskrieg aus, von dem sich kein Land – und schon gar keine kleine offene Volkswirtschaft wie Österreich – abschotten kann. Selbst wenn Österreich aus den Sanktionen aussteigen würde, es würde sich weder am Gas- noch am Strompreis etwas ändern.
Wie wenig die Sanktionen mit der Inflationsrate zu tun haben, zeigt das Beispiel Serbien. Das Land ist traditionell eng mit Russland verbunden und weigerte sich von Anfang an Teil der europäischen Sanktionspakete zu sein. Trotzdem erlebt das Land mit einer Inflationsquote von 14 Prozent im September eine noch massivere Teuerungswelle als Österreich.
Der Grund für die hohe Inflation können also nicht die Sanktionen sein – es sind die Auswirkungen einer globalen Krise.
Entscheidend ist nicht, ob man Russland für den Angriffskrieg sanktioniert oder nicht, sondern wie die Politik auf diese globale Krise reagiert. Die Schweiz hat beispielsweise lediglich eine Inflationsrate von 3,5 Prozent.
Die vergleichsweise niedrige Inflation der Schweiz hat unter anderem damit zu tun, dass bei den Eidgenossen die Gaspreise nicht die Strompreise bestimmen. In Österreich und dem Großteil Europas werden anders als bei unseren Nachbarn die Strompreise nach dem Merit-Order-System ermittelt. Das heißt, der Preis orientiert sich am teuersten nachgefragten Kraftwerk – derzeit ist dies immer ein Gaskraftwerk. Obwohl in Österreich nur 15 Prozent des Strombedarfs mit Gaskraftwerken gedeckt werden, zahlen die Verbraucher:innen 100 Prozent ihres Stroms zu Gaspreisen – das heizt die Inflation an.
Das Merit-Order-System ist das Ergebnis der europäischen Strommarktliberalisierung und kein Naturgesetz – Staaten können es ändern: Länder wie Spanien oder Portugal haben dieses Preisbildungssystem bereits ausgesetzt. Das Ergebnis: Die Strompreise in Spanien und Portugal sind viel niedriger. In Österreich kostet eine Megawattstunde rund 360 Euro – in Spanien sind es derzeit 40 Euro. Österreichs Regierung sieht sich nicht in der Verantwortung, daran etwas zu ändern. Man wartet lieber auf die EU-Kommission. Vorschläge, wie man das ändern könnte, kommen hingegen aus der SPÖ. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat ein Konzept zur Gaspreisregulierung vorgelegt, das man notfalls auch auf nationaler Ebene ohne die EU einführen könnte. Hier im Detail.
Dass Österreichs Regierung zulässt, dass die Gaspreise die Strompreise bestimmen, beschert Energiekonzernen Rekordgewinne. Der Verbund erzeugt 95 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien und konnte seinen Gewinn für das erste Halbjahr 2022 auf 933 Millionen Euro im Vergleich zur Vorjahresperiode mehr als verdoppeln. Gleichzeitig explodieren die Strompreise. Die Regierung weigert sich, in diesen verrückt gewordenen Markt einzugreifen.
Ein anderer großer Krisengewinner ist der Ölkonzern OMV. Die Bundeswettbewerbsbehörde musste feststellen: Die Gewinnmargen der Mineralölkonzerne sind im 1. Halbjahr 2022 um 300 % gestiegen. Pro getanktem Liter Benzin machen die Mineralölkonzerne heute einen drei Mal so hohen Gewinn, wie noch vor einem Jahr. Die Preiserhöhung hat also wenig mit den Rohölpreisen zu tun, sondern mit den wachsenden Gewinnen der Konzerne. Pro Tankfüllung zahlte man rund 12 Euro zu viel. Insgesamt geht es um rund eine Milliarde Euro. Die OMV verdoppelte so ihren Halbjahresgewinn auf 3,37 Milliarden Euro. Experten gehen von ähnlichen Praktiken bei Lebensmittelkonzernen aus.
Dass man bei diesen Preisentwicklungen nicht zusehen muss, zeigen andere Länder. Italien senkte etwa die Mehrwertsteuer. Außerdem führte unser südlicher Nachbar eine Übergewinnsteuer ein, mit der es einen Tankrabatt finanziert. Auch Deutschland führte einen Tankrabatt in Höhe bis zu 30 Cent pro Liter Benzin ein und und senkte die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 % auf 7 %. Zusätzlich bot die Ampel-Koalition mit dem 9 Euro Zugticket für ganz Deutschland günstig öffentlichen Verkehr an. Frankreich setzte ebenfalls auf einen Tankrabatt. Außerdem deckelten sie die Strom- und Gaspreise und reduzierte die Stromsteuer. Insgesamt haben 16 der 27 EU-Staaten durch Preisregulierungen und/oder Steuersenkungen direkt auf die Preise eingewirkt und diese gesenkt.
Deutschland (7,9 %), Italien (8,3 %) und Frankreich (6,5 %) hatten im August allesamt deutlich niedrigere Inflationsraten als Österreich mit 9,3 %. Der Krieg und Corona haben also zu einer massiven Inflation geführt, nicht die Sanktionen. Wie stark wir aber getroffen werden, liegt an der Politik. Die Inflation darf einen nicht wundern, wenn Österreichs Regierung keine Maßnahmen setzt, die die Preise selbst senkt. Im Gegenteil: Im Oktober tritt die C02-Bepreisung in Kraft, damit werden Gas, Öl und Treibstoff nochmals teurer.
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