Februarkämpfe: Wie aus einer demokratischen Republik ein faschistischer Staat wurde

Schüsse aus einem Linzer Hotel lösten im Februar 1934 den österreichischen Bürgerkrieg aus. Die Februarkämpfe waren das Ende der ersten Republik. Als die Christlichsozialen den faschistischen „Ständestaats“ ausriefen, war die Demokratie in Österreich endgültig zerstört. Die Sozialdemokratie war verboten und zerschlagen, auch andere demokratische Kräfte vertrieben oder eingesperrt – und den Nationalsozialisten damit der Weg geebnet.

Mit Schüssen aus einem Hotel in Linz begann am 12.2.1934 der österreichischen Bürgerkrieg. Die Polizei war in das Linzer Parteiheim der Sozialdemokraten, das Hotel Schiff eingedrungen – auf der Suche nach Waffen. Ihr Auftrag kam vom christlich-sozialen Kanzler Engelbert Dollfuß, der seit 1933 diktatorisch regierte. Er hatte vor allem ein Ziel: Die Sozialdemokratie zerschlagen.

Die Sozialdemokraten dachten aber nicht daran, ihre Waffen auszuliefern. Die Parteiführung der Sozialdemokraten in Wien gab zwar die Anweisung, sich ruhig zu verhalten, diese wurde jedoch nicht befolgt. Als die Polizei im Hotel eintraf, um den Befehl von Diktator Dollfuß durchzuführen, leisteten die Sozialdemokraten Widerstand und eröffneten das Feuer.

Die Vorfälle sprachen sich sehr schnell herum: Die Februarkämpfe griffen auf größere Teile des Landes über. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter wollten sich ihre hart erkämpften Rechte nicht sofort wieder nehmen lassen – ganz ohne Widerstand.

Konflikte in der jungen Republik

Die erste Republik nach dem Ende der Habsburger-Monarchie war geprägt von dem Konflikt zwischen Sozialdemokraten und Konservativen. Anfangs bildeten beide Parteien von 1918-1920 noch gemeinsam eine Koalition, aber bald entwickelten die Konservativen Sympathien für die antidemokratischen Kräfte in Italien unter Benito Mussolini und eine große Abneigung gegen die Sozialdemokraten. Die Sozialdemokraten hatten in der Bundeshauptstadt eine absolute Mehrheit und versuchten im Roten Wien durch tiefgehende Sozialreformen eine gerechte Gesellschaft zu schaffen. Die Konservativen kontrollierten Großteil der ländlichen Gebiete Österreichs und hegten zunehmend Sympathien für das faschistische Italien .

Während der 1920er Jahre verschärfte sich der Konflikt weiter. Befeuert wurde er sowohl von der miserablen Wirtschaftslage und der vom Völkerbund verordneten Sparpolitik. Die Konservativen wollten einen autoritären Staat errichten, was ihnen im März 1933 auch gelang. Dollfuß schaltete das Parlament aus und regierte wie ein Diktatur, er nannte es „Selbstausschaltung des Parlaments“.

Dollfuß schaffte die unabhängige Justiz ab, führte die Zensur wieder ein und ging aggressiv gegen Sozialdemokraten vor. Dollfuß löste den Republikanischen Schutzbund auf und verbat die KPÖ sowie die NSDAP.

Gestützt wurden die Konservativen dabei von Mussolini, der Dollfuß schon lang drängte, die Reste der Demokratie in Österreich zu zerstören.

1934: Der österreichische Bürgerkrieg

Von Linz aus verbreiteten sich die Februarkämpfe über große Teile von Österreich. Besonders harte Kämpfe gab es in Industriegegenden Oberösterreichs und der Steiermark sowie in Wien. In der Hauptstadt bekämpften die Sozialdemokraten von den Gemeindebaut und Arbeiterheimen aus die Austrofaschisten. Besonders stark war der Karl-Marx-Hof von den Kämpfen betroffen. Die Armee ließ mit Artillerie auf den Gemeindebau schießen.

Die austrofaschistischen Truppen beschossen den Karl-Marx-Hof mit Artillerie während den Februarkämpfen.

Obwohl sich auch die Sozialdemokraten auf einen möglichen Bürgerkrieg vorbereitet hatten, waren sie den austrofaschistischen Kräften stark unterlegen. Das lag sowohl an der militärischen Übermacht der Dollfuß-Truppen, die sich neben der Heimwehr auch auf die Polizei und die Armee verlassen konnten. Aber auch am zögerlichen und unkoordinierten Verhalten der sozialdemokratischen Führung, die keinen bewaffneten Bürgerkrieg wollte.

Nach zwei bis drei Tagen war auch der letzte Widerstand der Sozialdemokratie durch die militärische Übermacht gebrochen. Die Widerstands-Kämpferinnen und Kämpfer, die nicht getötet oder festgenommen wurden, flüchteten ins Ausland oder den Untergrund. Bis heute ist die Zahl der Todesopfer der Februarkämpfe unklar. Die Schätzungen reichen von einigen hunderten zu mehreren tausenden. Nach Ende der Kampfhandlungen ließ Dollfuß neun führende Sozialdemokraten in Scheinprozessen zum Tode verurteilen und hinrichten.

Austrofaschismus und Nationalsozialismus

Mit dem Ende der Februarkämpfe wurden die Reste der österreichischen Demokratie beseitig. Das Ergebnis war der faschistische Ständestaat nach dem Vorbild von Mussolini. Doch dieser hielt nicht lange. Während die Invasion in Afrika Mussolini geschwächt hat, wurde Nazi-Deutschland unter Hitler immer stärker. Und Hitler hatte ein klares Ziel: Den Anschluss Österreichs an Deutschland.

Dem aufsteigenden Nationalsozialismus hatte der Austrofaschismus wenig entgegenzusetzen. Die Austrofaschisten versuchten den österreichischen Ständestaat als den „besseren deutschen Staat“ erscheinen zu lassen. Dieser „Konkurrenz-Faschismus“ hatte jedoch wenig Erfolg. Die Nationalsozialisten gewannen immer mehr Zuspruch im austrofaschistischen Österreich. Wegen des brutalen Vorgehens in den Februarkämpfen 1934, hatte der Ständestaat kaum Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung. Darauf wies auch Bruno Kreisky in seiner Verteidigungsrede bei seinem Prozess in Folge der Februarkämpfe hin:

„Es ist auch möglich, dass die Regierung in einem ernsten Moment die breiten Massen zur Verteidigung der Grenzen aufrufen muss. Aber nur ein demokratisches Österreich wird dieses Volksaufgebot zustande bringen. Nur freie Bürger werden gegen die Knebelung kämpfen.“

Aufnahme von Bruno Kreisky nach der Verhaftung durch die Austrofaschisten 1935

Als Soldaten der Wehrmacht nur vier Jahre nach den Februarkämpfen die Grenze nach Österreich überschritten, wurde von der austrofaschistschen Regierung kein Widerstand geleistet. Die demokratischen Kräfte, allen voran die Sozialdemokratie, war verboten und zerschlagen. Durch die Zerstörung der Demokratie in Österreich, haben die Konservativen Hitler den Weg geebnet.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
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12. März 2024
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