Europa

„Das war peinlich.“ Internationale Medien berichten über den EU-Gipfel in Salzburg

„Das war peinlich“, beginnt das US-Politikmagazin Politico seinen Bericht über den EU-Gipfel in Salzburg am Mittwoch. Inhaltlich wie organisatorisch ist so ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann: Zu wenig Räume, Konflikte beim Einlass, verhärtete Fronten bei der Migration und völlige Ratlosigkeit beim Brexit.

Lange Warteschlangen, schlechte Stimmung – bei den Sicherheitskontrollen will man Journalistinnen Cremes und Make-Up abnehmen, beim Abendessen hohe Diplomaten und Minister nicht in die Felsenreitschule lassen. Es wird heftig diskutiert. Die Medienräume sind viel zu klein, um Platz für die 1.000 anwesenden Journalisten zu bieten. Warteräume für Botschafter während des Essens der Regierungschefs fehlen. Das W-Lan bricht zusammen. Kellnern fallen unentwegt Gläser und Tassen zu Boden. Die Tonanlage streikt während die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ihre Pressekonferenz abhält.

Der informelle EU-Gipfel in Salzburg erinnert eher an eine „griechische Hochzeit“ als an einen EU-Ratsgipfel, wie es das Magazin Politico formuliert.

Migration: Neue Konflikte haben sich aufgetan

„Salzburg war ein Chaos“, schreibt Politico weiter. Und das gilt nicht nur für die dilettantische Organisation des Gipfels. Auch inhaltlich hat Österreich nichts weitergebracht. So hat die österreichische Regierung erneut das Migrations-Thema ins Zentrum gestellt – wohl mehr um das Thema in den Medien zu haben, als um wirklich Lösungen zu finden: Denn die Fronten bleiben verhärtet, statt einer Annäherung haben sich sogar neue Konflikte aufgetan.

Die von Kurz gewünschte Ausweitung des Frontex-Mandats zum Grenzschutz wird von vielen Seiten abgelehnt – darunter so unterschiedliche Stimmen wie Deutschlands Kanzlerin Merkel und Ungarns Premier Orbán.

„Schlecht organisierter Gipfel“

„Es war ein schlecht organisierter Gipfel“, beschwert sich ein hoher Diplomat. Und er meint damit vor allem die erfolglose Agenda des Gipfels. Die schwierigen Verhandlungen zum Brexit waren unvermeidlich. Doch die Ergebnislosigkeit beim Migrations-Thema geht auf das Konto der österreichischen Regierung. Die auf dieses Thema bestand.

Jedes Land hat die Möglichkeit, einem Thema den Vorrang zu geben. Bulgarien etwa hat auf die Verhandlungen zum Westbalkan gesetzt und dabei einiges weitergebracht. Österreich dagegen führt bei dem Leibthema von Sebastian Kurz keine Einigung herbei. In internationalen Medien erntet der österreichische EU-Sondergipfel Kritik.

93 Mio. € Kosten für die Ratspräsidentschaft statt 43 Mio.

Dabei hat die österreichische Bundesregierung für die EU-Ratspräsidentschaft keine Kosten und Mühen gescheut: Doppelt so viel wie von Bundeskanzler Kurz (ÖVP) geplant, wird Österreich für die sechs Monate Ratspräsidentschaft ausgeben: Statt 43 Mio. Euro wird Österreich zumindest 93 Mio. Euro ausgegeben. Darin ist der Personalaufwand noch gar nicht berücksichtigt. Rechnet man den Personalaufwand aufgrund der Erfahrungen aus der letzten Ratspräsidentschaft 2006 mit ein, dürften die Kosten bei über 120 Mio. Euro liegen.

Und zumindest einer hat Positives über den Gipfel zu sagen: „Der informelle EU-Gipfel trägt schöne Bilder aus Salzburg in die ganze Welt! Das ist eine gute Werbung für Österreich“, schreibt Sebastian Kurz auf Twitter. Ein gut organisierter Gipfel, der sich konstruktiv mit einem Thema beschäftigt, wäre wohl eine bessere Werbung gewesen.

 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1936 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1936 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 518 Stimmen
    16% aller Stimmen 16%
    518 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 393 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    393 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 312 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    312 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 167 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    167 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 3326
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Kontrast Redaktion

Neue Artikel

Gesundheitssystem auf der Kippe: Immer mehr Patienten für immer weniger Kassenärzte

Immer weniger Kassenärzt:innen, dafür immer mehr Wahlärzte: Eine gute und schnelle Gesundheitsversorgung ist zunehmend eine…

10. Mai 2024

4-Tage-Woche: Jetzt testet sogar die Schweiz

Nach großangelegten Pilotprojekten zur 4-Tage-Woche in Großbritannien, Südafrika und Australien, zieht jetzt auch unser Nachbarland…

10. Mai 2024

Neutralität adé? ÖVP-Grünen-Regierung will Österreich an die NATO annähern

Die ÖVP-Grünen-Regierung strebt eine Annäherung an die NATO an. Gemeinsam mit Irland, Malta und der…

8. Mai 2024

Vorwärts zurück – Aber bitte mit Vollgas!

Österreichs Konservative scheinen mit Wehmut zurückzublicken. Zuerst haben die Herrschaften der Industriellenvereinigung mit der Forderung…

8. Mai 2024

Die EU-Fraktionen: Diese Parteien kannst du bei der EU-Wahl wählen

Am 9. Juni findet die EU-Wahl statt. Nach der Wahl bilden unsere österreichischen Parteien im…

7. Mai 2024

Extrem – das will Kickl: Arbeiterkammer zerschlagen, Fahndungslisten für Andersdenkende, gegen Klimaschutz

Eine Frauenpolitik aus den 50ern, Zerschlagung der Arbeiterkammer und ein schleichender EU-Austritt: Das sind nur…

7. Mai 2024