Karl Nehammer (ÖVP) ist heute vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss geladen. Es geht um das Ibiza-Video und die SMS zwischen Ex-Vizekanzler Strache und Kanzler Kurz. Beides hat das Innenministerium seit Wochen – Nehammer hat sie weder dem Untersuchungsausschuss noch Justizministerin Zadic weitergeleitet.
Innenminister Nehammer verbringt den Großteil seiner Befragung mit verschränkten Armen. Er ist vor den Untersuchungsausschuss geladen, weil wichtige Beweismittel aus seinem Ministerium nicht im U-Ausschuss angekommen sind. So hat seine Behörde seit 40 Tagen das zwölf Stunden lange Ibiza-Video – und hat es einfach nicht weitergeleitet. Als öffentlich bekannt wurde, dass das Video gefunden wurde, wusste Nehammer schon zehn Tage lang Bescheid. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erfuhr davon aber erst aus den Medien davon. Auch der Grünen Justizministerin hat Nehammer nichts vom Video verraten.
Dabei sind Ministerien und Ermittlungsbehörden verpflichtet, alle relevanten Daten binnen zwei Wochen an den Untersuchungsausschuss zu melden und – sofern rechtlich nichts dagegen spricht – auch zu übermitteln. Nehammer versucht, sich durch technische und bürokratische Details aus der Affäre zu ziehen.
Karl Nehammer ist als Innenminister auch für die Auswertung des Videos verantwortlich – und die dauert erstaunlich lange.
Warum sein Ministerium seit 40 Tagen keine Auswertung des Videos zusammenbringt, wollen die Abgeordneten im Ausschuss wissen. Weil die Qualität schlecht sei und Menschen im Video Russisch sprechen, sagt Nehammer. Zum Vergleich:
Florian Klenk gab am Vortag im Ausschuss an, dass die Redaktionen in der Süddeutschen und im Falter sieben Stunden Video-Material innerhalb von drei Tagen gesichtet und transkribiert haben.
Das Bundeskriminalamt meldete der Staatsanwaltschaft und dem Justizministerium erst nach über einem Monat, dass die Speicherkarten in der Innenministeriums-Behörde sichergestellt ist.
Nehammer musste auch erklären, warum dem U-Ausschuss keine einzige Nachricht zwischen Strache und Kanzler Sebastian Kurz vorliegt. Wo es diese Nachrichten laut Strache gegeben hat, wie er im U-Ausschus unter Wahrheitspflicht bestätigte. Obwohl die Ermittlungsbehörden tausende Nachrichten von Straches Mobiltelefon sichergestellt haben, findet sich in den Akten im U-Ausschuss aber kein einziges SMS zwischen Strache und Kurz. Im Ausschuss regt sich der Verdacht, dass diese Nachrichten vom Innenminister bewusst zurückgehalten werden:
„Wo man auch hineinsieht in den Akten, überall der gleiche Sumpf aus Korruption und gekauften Gesetzen. Die Befragung von HC Strache ergab sogar, dass Innenminister Nehammer die Chats zwischen Strache und Kanzler Kurz zurückhält und so die Arbeit des Ausschusses behindert“, sagt SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer am ersten Tag der Untersuchungen.
Neben dem Verdacht, dass Nehammer sowohl das Ibiza-Video als auch den SMS-Verkehr zwischen Strache und Kurz unter Verschluss hält, wurde Nehammer auch in einer anderen Causa von den Abgeordneten befragt: Zur Causa Novomatic. Denn Nehammers ehemaligen Mitarbeiterin Nina L. stand auf der Spendenliste von Novomatic-Chef Graf. Sie ist seine Großnichte und die Ehefrau des Aufsichtsratsvorsitzenden der Novomatic. Nina L. ist Richterin, war Staatsanwältin und hatte einige ÖVP-Jobs. Darunter für Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka und bis vor kurzem (acht Stunden die Woche) als Referentin im Kabinett von Innenminister Nehammer.
„Wann haben Sie erfahren, dass sie auf der Schenkungsliste des Herrn Graf steht?“ fragt der Krainer.
Er habe erst aus der öffentlichen Berichterstattung erfahren, dass seine Mitarbeiterin Geld von ihrem Großonkel und Novomatic-Chef Johann Graf bekam. „Ist Ihnen bekannt, dass sich die Soko Tape wegen dieser Schenkungen bei der Finanzpolizei erkundigt hat?“ Nehammer verneint.
Auch von den Dauerauftrags-Großspenden von Heidi Goess-Horten an die ÖVP will Nehammer erst am Ende des Jahres, im Zuge des Rechenschaftsberichts, erfahren haben. Auch davon, ob vom ÖVP-nahen Verein Pro Patria Geld an die Partei geflossen ist, will Nehammer nichts wissen – obwohl er im Wahlkampf Generalsekretär der ÖVP war.
Der zweite Tag im Untersuchungsausschuss hätte eigentlich den Milliardären und Großspenderinnen gehört. Heidi Goess-Horten, Johann Graf und Gaston Glock ließen sich aber aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen.
Jan Krainer kündigt an, erneut Ladungen vorzubereiten. Eine Zugehörigkeit zur Covid-19-Risikogruppe sei keine Entschuldigung zum Fernbleiben. Man überlegt eine sichere Video-Zuschaltung als Option.
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