Im Juli kam es in Kuba in mehreren Städten und Gemeinden zu Demonstrationen. Die Menschen protestierten gegen die Folgen der Pandemie, gegen Stromausfälle und die Knappheit an Lebensmitteln und Medikamenten. Der Tourismus, tragende Säule der kubanischen Wirtschaft, ist am Boden, aber auch die USA tragen mit ihrem verschärften Embargo und den international wirkenden Sanktionen Mitschuld an der wirtschaftlich prekären Situation in Kuba.
Die Demonstrationen begannen am 11. Juli in der 46.000 EinwohnerInnen zählenden Stadt San Antonio de los Baños, die sich 30 km südwestlich der kubanischen Hauptstadt Havanna befindet. Sie sind Ergebnis des Unmuts, welcher sich durch die andauernde Wirtschafts- und Gesundheitskrise in Kuba schürte und sind mitunter auf die harschen Sanktionen seitens der Vereinigten Staaten zurückzuführen.
Als zentrales Motto der Proteste galt der Slogan „Patria y Vida„, der so viel wie “Heimatland und Leben” bedeutet. Er ist als Umwandlung des Satzes “Patria o Muerte”, also “Heimatland oder Tod”, dem zentralen Leitspruch der kubanischen Revolution, zu verstehen, der erstmalig im Jahr 1956 von Che Guevara ausgerufen wurde.
Kuba verzeichnet derzeit einen enormen Anstieg an Covid-Infektionen mit der Delta Variante. Während das Land die Krise bisher gut managte und eine enorm niedrige Sterblichkeitsrate aufweisen konnte, steigt nun die Angst vor einer Überlastung des Gesundheitssystems. Zwar arbeitet das Land selbst an einem Vakzin und entsandte sogar 52 ÄrztInnen nach Italien, um dort zu helfen, doch sind erst 31% der Bevölkerung geimpft – 22% davon vollständig. Für die nötige Herdenimmunität ist das bei Weitem zu wenig. Andererseits hat Kuba im Verhältnis zum internationalen Durchschnitt (15 % vollständig, 14 % teilgeimpft) und zu den benachbarten Staaten durchaus eine beachtliche hohe Impfquote erreicht.
Der Corona Impfstand mit 3. August 2022 in einigen lateinamerikanischen Ländern:
Einige Stromausfälle, die der Inselstaat in den vergangenen Wochen zu verzeichnen hatte, heizten die Stimmung weiter an. Die Behebung des Problems zog sich, weil es an Ersatzteilen mangelte, die durch die US-Sanktionen Mangelware sind. Dies führte zur weiteren Verunsicherung in der Bevölkerung, weil es an das kollektive Trauma der Kubanerinnen und Kubaner andockt, bei dem es nach dem Zerfall der Sowjetunion vermehrt zu Stromausfällen in Kuba gekommen war. Angst vor einer Wiederholung der traumatischen Zustände Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre macht sich breit.
Bedingt durch die Pandemie verzeichnet Kuba außerdem massive Einbußen im Tourismussektor. Das traf neben der klassischen Tourismusindustrie auch viele Privatpersonen, welche durch Zimmervermietung, dem Verkauf von Speisen und Getränken, Souvenirs und Ähnlichem ihren Lebensunterhalt verdienen.
Generell läuft es schlecht für die kubanische Wirtschaft. Durch den kompletten Zusammenbruch des Tourismus kommen keine Devisen ins Land, welche für den Kauf von Treibstoff und Ersatzteile für Traktoren und andere Maschinen benötigt werden. Die unter anderem durch die US-Sanktionen eingeschränkten Exportmöglichkeiten verschärfen die Lage zusätzlich. Auch dringend benötigte Materialien für die Produktion von Medikamenten und fehlende Lebensmittel können nicht importiert werden, weil dies mangels Devisen für Kuba schlicht nicht leistbar ist.
Auffallend an den vergangenen Protesten war die koordinierte Verwendung der Hashtags SOSCuba und SOSMatanzas. Ein Tweet der republikanischen Abgeordneten María Elvira Salazar veranschaulicht den Charakter der Kampagne:
Die Hashtags wurden auch von organisierten Exilkubanern aus Florida geteilt. Hinzu kamen eine Vielzahl automatisierter Bots, welche die Hashtags benutzt und damit forciert haben. Das führte zur Verbreitung von Desinformationen. Unter anderem nachweislich unwahre Behauptungen, wie jene, dass Kuba keine Hilfe von außen annähme.
Aufgrund des drastisch verschärften Handelsboykotts der USA gegen Kuba ist es für den Inselstaat inzwischen unmöglich, Güter aus den Vereinigten Staaten zu importieren. Auch andere Länder scheuen den Warenverkehr mit Kuba, weil die US-Sanktionen auch zahlreiche weitere Länder und wirtschaftliche AkteurInnen aus Drittländern betreffen.
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Das Embargo gegen den Inselstaat besteht seit 1961. Ursprünglich war es eine Reaktion des Präsidenten Eisenhower auf die Enteignung amerikanischer Vermögen. Er reagierte zunächst mit einer Drosselung, dann mit dem totalen Importverb
ot von Zucker, dem wichtigsten kubanischen Exportmittel. In den letzten 60 Jahren kam es unter unterschiedlichen Präsidenten sowohl zu Lockerungen als auch zu Verschärfungen.
Unter der Obama-Administration wurden im Jahr 2015 Botschaften in den Hauptstädten beider Länder errichtet. Während der Trump-Ära wurde das Embargo allerdings wieder verschärft. Kuba steht nun wieder auf der US-Liste von “Terrorstaaten” und die USA behindert lebenswichtige Medikamentenlieferungen in den Inselstaat. Außerdem werden Überweisungen von im Ausland lebenden KubanerInnen an ihre Familien enorm erschwert. Der amtierende Präsident Joe Biden sieht dennoch keinen Handlungsbedarf und so besteht das Embargo genau so weiter – in erster Linie zulasten der EinwohnerInnen der Insel.
Kritik an der US-Politik kommt unter anderem von der demokratischen Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez, die die Zustände in Kuba zwar kritisiert, den USA jedoch eine klare Mitschuld daran gibt.
Währenddessen halten die USA seit 20 Jahren am Gefangenenlager Guantánamo auf dem amerikanischen Militärstützpunkt Guantánamo Bay fest. Laut Amnesty International wurden viele von insgesamt über 780 Insassen seit 2001 von CIA-Mitarbeitenden gefoltert. Eine Entlassung wird ihnen seit Jahren verwehrt. Allein 2003 wurden 350 Selbstverletzungen der Insassen verzeichnet, bei 120 davon handelte es sich um Suizidversuche.
Erst im Januar 2021 veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International einen 62-seitigen Bericht, in welchem sie die menschenunwürdigen Zustände und Übergriffe im Gefangenenlager anprangert. Laut dem Bericht würden in Guantánamo Verhöre ohne Kontakt zur Außenwelt stattfinden, Gefangene trotz Ablauf ihrer Haftstrafe inhaftiert bleiben, keine angemessene medizinische Versorgung gewährleistet und faire Gerichtsverfahren verweigert.
Präsident Obama hatte die Schließung der Anstalt veranlasst und auch der damalige Vize-Präsident, Joe Biden, versprach damals, die Rechte aller Gefangenen zu wahren. Donald Trump machte diese Anordnung jedoch in seiner Amtszeit rückgängig. Er gab somit den Weg frei für weitere Menschenrechtsverletzungen auf Kuba.
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