Bildung

Mehr Ganztagsschulen – weniger Sitzenbleiber

Ganztagsschulen werden in den nächsten Jahren in Österreich massiv ausgebaut. Konservative stehen aber auf der Bremse, fordern „Wahlfreiheit“ für Eltern oder stellen in Abrede, dass es einen Bedarf an Ganztagsschulplätzen gibt. Dabei hat Österreich massiven Aufholbedarf an Schulen mit Ganztagsangebot – für BildungsexpertInnen die Schulform der Zukunft, von der die SchülerInnen am meisten profitieren.

Die Diskussion erinnert an jene um Kinderbetreuungsplätze vor einigen Jahren. Wann immer der Ausbau von Kindergartenplätzen – besonders für Unter-Dreijährige – gefordert wurde, gab es den Aufschrei, man wolle keinen „Zwang“ für Eltern; diese müssten Wahlfreiheit haben, ob sie ihre Kinder selbst betreuen wollen oder nicht. Aber damals wie heute gilt: „Wahlfreiheit“ gibt es nicht, wenn die Angebote fehlen. Das gilt auch für Ganztagsschulen.

Nachzügler Österreich

Positiv ist, dass Österreich den Anteil von Kindern, die in ganztägigen Schulformen einen Platz haben, in den letzten Jahren deutlich erhöhen konnte – von 11 % auf 22 % seit 2008. Aber andere Länder liegen noch immer weit vorne, Deutschland hat etwa 39 Prozent Ganztagsschulplätze.

Die Regierung nimmt nun noch einmal Geld für den Ausbau in die Hand: 750 Millionen gibt es dafür zusätzlich. Ziel: Bis 2025 sollen es für 40 Prozent der SchülerInnen die Möglichkeit ganztägiger Schulformen geben – in maximal 20 Kilometer Entfernung vom Wohnort und für jeden Schultyp. Zusätzlich schlägt Bildungsministerin Sonja Hammerschmid vor, Ganztagsschulen komplett kostenfrei zu machen – also etwa auch das Essen gratis anzubieten.

Wobei: Ganztagsschule ist nicht gleich Ganztagsschule: In Österreich wird nur ein kleiner Teil dieser Schultypen wirklich als echte, “verschränkte” Form geführt. Dabei wechseln sich Unterricht, Freizeit und Lernstunden den ganzen Tag ab. Beim überwiegenden Teil der ganztägigen Schulen folgt auf den Unterrichtsteil am Vormittag ein Lern- und Freizeitteil.

Zuwenig Auswahl

Aber abgesehen von Wien, wo verschränkte Ganztagsschulen in jedem Bezirk zu finden sind, ist es in anderen Bundesländern eher Glückssache, ob man eine solche Schulform in erreichbarer Nähe hat oder nicht. Das Schlusslicht dabei ist Niederösterreich: Dort sind nur 1 Prozent der Schulen mit Ganztagsbetreuung verschränkt geführt. Von echter Wahlfreiheit sind Eltern und SchülerInnen also noch sehr weit weg.

Widerstand gegen den Ausbau der verschränkten Ganztagsschulen kommt von konservativer Seite, u.a. den „schwarzen“ Landesschulratspräsidenten. Oberösterreichs Landesschulratspräsident Enzenhofer findet etwa nicht, dass es in jedem Bezirk eine ganztägige Schule geben soll und spricht von „mangelndem Interesse“ der Eltern.

Dabei sagen die Eltern etwas anderes: 60% der ÖsterreicherInnen befürworten den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen in Österreich, 25% davon sind „sehr dafür“. Nur 31 Prozent wollen am klassischen Halbtagsunterricht festhalten, so eine Umfrage von Unique Research für „profil“ von Sommer 2016.

Vorteile: Weniger Sitzenbleiber – Entlastung für Eltern

Aber nicht nur die bessere Vereinbarkeit von Job und Familie ist es, die Ganztagsschulen zunehmend populär macht. Auch aus pädagogischer Sicht bietet diese Schulform einige Vorteile – vor allem in ihrer „verschränkten“ Form, wenn sich Unterricht, Freizeit, Lernzeit abwechseln. Bestätigt wird das durch Studien:

Der Anteil jener, die eine Klasse wiederholen müssen, ist signifikant höher bei jenen, die keine Ganztagsbetreuung haben. Und: Bei SchülerInnen, die in eine verschränkte Ganztagsschule gehen, sinkt der Anteil der Sitzenbleiber noch einmal.

https://www.bmb.gv.at/schulen/gts/ausbau/index.html

Weiterer Vorteil für Eltern: In der verschränkten Ganztagsschule müssen sie viel seltener mit ihren Kindern lernen als im Durchschnitt: Geht das Kind in eine Ganztagsschule, lernen 24 Prozent der Eltern mehrmals in der Woche; Im Durchschnitt aller Schultypen sind es 68 Prozent.

Das Fazit der Bildungsforscher:

„Insgesamt sprechen die Forschungsbefunde deutlich für den Ausbau der verschränkten Form der Ganztagsschule und gleichzeitig dafür, das Augenmerk vor allem auf die Qualität der Umsetzung ganztägiger Angebote zu richten.“ (BIFIE; Bildungsbericht 2012)

Weiterlesen:

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1547 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1547 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 404 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    404 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 327 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    327 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 241 Stimme
    9% aller Stimmen 9%
    241 Stimme - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 120 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    120 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2639
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Alexandra Hopf

Neue Artikel

1. Mai – Seine Geschichte und Bedeutung für unsere Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und faire Löhne

Am 1. Mai wird auf der ganzen Welt der Tag der Arbeit gefeiert. Der Feiertag…

30. April 2024

Niederösterreich: So halbiert eine rote Gemeinde den Strompreis für alle

In der Gemeinde Trumau wird bald Realität, was sich viele lange erträumt haben: Strom zum…

30. April 2024

Korruption in der FPÖ? Ermittlungen gegen Kickl, Strache & Hofer

Die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere FPÖ-Politiker:innen. Der Verdacht: Bestechung und Untreue. Herbert Kickl,…

30. April 2024

Andreas Babler’s Herz und Hirn Rede: Hier sind seine 24 Ideen für Österreich

Am 27. April hielt SPÖ-Chef Andreas Babler in Wieselburg seine "Herz und Hirn"-Rede. Darin präsentierte…

27. April 2024

Industriellenvereinigung fordert 41-Stunden-Woche und weniger Feiertage

Mehr arbeiten bei gleichem Lohn: Die Industriellenvereinigung fordert eine 41-Stunden-Woche. Zusätzlich sollen auch noch Feiertage…

26. April 2024

SPÖ-Chef Andreas Babler will gratis Öffis für alle unter 18

SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler präsentiert am Samstag in seiner „Herz-und-Hirn“-Rede 24 Projekte, die Österreich wieder gerechter…

25. April 2024