Medien & Kritik

Verfassungsgerichtshof kippt ORF-Gesetz: Regierung hat zu viel Einfluss auf ORF-Gremien

Wenige Monate vor Einführung der neuen ORF-Haushaltsabgabe hat der österreichische Verfassungsgerichtshof Teile des ORF-Gesetzes für verfassungswidrig erklärt. Zentrales Problem ist der Modus, wie Gremien, zB der Stiftungsrat bestellt werden, denn: Der übermäßige Einfluss der Regierung auf Stiftungsrat und Publikumsrat gefährdet die Unabhängigkeit des ORF. Bis 2025 muss das Gesetz neu geregelt sein.

Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes umfasst 76 Seiten und könnte große Veränderungen in der österreichischen Medienlandschaft auslösen. Unter anderem erklärt das Höchstgericht die Ablösung der ORF-Stiftungsräte als verfassungswidrig. Bislang war das nach Wahlen in den entsendenden Gremien wie der Bundesregierung oder dem Nationalrat möglich. Die Verfassungsrichter:innen bemängelten zudem die Anforderungskriterien für Stiftungsräte, die nach ihrer Ansicht zu ungenau waren. Und: Die Regierung darf nicht mehr Stiftungsräte bestellen als der Publikumsrat.

Eine weitere Kritik betrifft die Besetzung des ORF-Publikumsrats. Bislang konnte der Bundeskanzler die Mehrheit der 30 Mandate in diesem Gremium bestimmen. Diese Regelung stellt der VfGH nun infrage.

Was sind Stiftungsrat und Publikumsrat?
Der Stiftungsrat ist mit einem Aufsichtsrat in einem Unternehmen vergleichbar: Er bestellt unter anderem die Generaldirektion und auf dessen Vorschlag Direktor:innen und Landesdirektor:innen. Er genehmigt Budgets und Rechnungsabschlüsse. Dem Stiftungsrat gehören 35 Mitglieder an. Die Funktionsperiode dauert vier Jahre. 6 Mitglieder bestimmt derzeit die Bundesregierung bestellt (unter Berücksichtigung der Kräfteverhältnisse der Parteien), 9 weitere bestellt die Bundesregierung eigenmächtig, 6 Mitglieder bestellt der Publikumsrat, 5 Mitglieder der Zentralbetriebsrat & jedes Bundesland bestellt 1 Mitglied (insgesamt also 9).
Der Publikumsrat dient vorrangig der Wahrung der Interessen der Hörer und Zuschauer der Rundfunkgesellschaft. Er hat 30 Mitglieder und überwacht die Einhaltung der Bestimmungen des ORF-Gesetzes und kann Regulierungsbehörden einschalten. Er genehmigt Beschlüsse des Stiftungsrats und kann so auch die Höhe des Programmentgelts (ORF-Gebühren) festlegen.

Verfassungsgerichtshof verlangt Neuregelung bis März 2025

Die Entscheidung des obersten Gerichtshofes kommt nicht unerwartet. Bereits in der Vergangenheit führten Gerichtsurteile dazu, dass die Finanzierung des ORF durch einen „ORF-Beitrag“ ab 2024 neu geregelt wurde. Nun haben die Verfassungsrichter:innen die Besetzung der ORF-Gremien als teilweise verfassungswidrig erachtet und verlangen bis 31. März 2025 eine Neuregelung.

Die aktuell besetzten ORF-Gremien haben ihre Arbeit im Frühjahr 2022 aufgenommen und sollten bis zum Frühjahr 2026 tätig sein. Die Einführung eines neuen ORF-Gesetzes im März 2025 könnte jedoch die Amtszeit dieser Gremien verkürzen.

Reform der Besetzungsmodalitäten in ORF-Gremien gefordert

Die SPÖ nimmt das Urteil zum Anlass und fordert eine rasche Gremienreform. Ziel einer solchen Reform sollen neue Entsendungsmodelle in die Gremien, transparente Personalentscheidungen und insgesamt mehr Vielfalt in den Gremien sein. Nur so kann die Unabhängigkeit des ORF gesichert werden, so die SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzdar.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wandte sich an VfGH

Der Verfassungsgerichtshof wurde aufgrund eines Antrags des Landes Burgenland tätig, bei dem Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) eine Schlüsselrolle spielte. Für die Verhandlung am Höchstgericht bot sich Doskozil sogar als Kronzeuge an. Top-Jobs im ORF, sagt Doskozil, würden als „rein politische Besetzungen“ über die Bühne gehen.

Auch Armin Wolf (Moderator der ZIB2 im ORF) hat in einem Blogbeitrag auf die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der ORF-Gremien hingewiesen. Die Kritik lautete, dass die ORF-Gremien zu regierungsnah besetzt sind.

Das zentrale ORF-Gremium, der Stiftungsrat, ist maßgeblich für die Besetzung des Generaldirektors oder der Generaldirektorin verantwortlich und trifft wichtige unternehmerische Entscheidungen. Derzeit hat die ÖVP aufgrund des bestehenden Besetzungsmodus eine dominierende Mehrheit im Stiftungsrat.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1907 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1907 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 509 Stimmen
    16% aller Stimmen 16%
    509 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 387 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    387 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 300 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    300 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 163 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    163 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 3266
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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