Wohnen in Großstädten ist bis in den Mittelstand hinein nur schwer leistbar. Während in Europas Metropolen die Mietpreise explodieren, macht die Wiener Stadtregierung den Investoren jetzt strenge Vorgaben und weist Immobilien-Spekulanten in die Schranken. Europas Städte blicken gespannt auf Wien.
Wien ist ein Sonderfall. Die Stadt hat selbst in der Hochphase des Neoliberalismus den gemeinnützigen Wohnbau erhalten. Heute wohnen 60 Prozent der Wiener und Wienerinnen in geförderten Wohnungen. Dort sind die Mieten begrenzt und die Verträge unbefristet. Das dämpft auch die Mietpreise am freien Markt.
7.000 neue Wohnungen baut die Stadt jährlich. Das ist doppelt so viel wie Berlin und dreieinhalb Mal so viel München. Dennoch sind auch in Wien die Mietpreise in den letzten zehn Jahren um mehr als 30 Prozent gestiegen – allerdings von einem niedrigen Niveau im europäischen Vergleich.
Trotz des geförderten Wohnbaus hat die Stadt ein Problem: Investoren, die Geld mit dem Boden der Stadt verdienen wollen. Sie haben den Preis für bebaubares Land in der stark wachsenden Stadt enorm in die Höhe getrieben und damit auch den gemeinnützigen Wohnbau verdrängt.
Denn die Stadt Wien fördert die Errichtung von Wohnungen mit 1.700 Euro. 250 Euro davon dürfen Grundkosten pro Quadratmeter sein, der Rest ist ein Zuschuss für Planung und Bau. Die Quadratmeterpreise für Bauland liegen jedoch weit höher: Um 1.000 bis 2.000 Euro pro pro Quadratmeter werden heute Grundstücke in Wien verkauft. Wer also Bauland im Wert von 2.000 Euro pro Quadratmeter besitzt, will dort lieber Luxus-Wohnungen zum Verkauf errichten als geförderte Wohnungen mit höchstens 5 Euro Netto-Miete pro Quadratmeter.
Denn Luxus-Eigentumswohnungen können dann um 5.000 oder 6.000 Euro pro Quadratmeter verkauft werden. Und genau das ist in den letzten Jahren passiert. Lange Zeit waren zwei Drittel aller gebauten Wohnungen in Wien geförderte Wohnungen samt Mietgrenze. In den letzten Jahren setzen Investoren aber lieber auf den Bau von Eigentumswohnungen für den freien Markt: Nur mehr ein Drittel der Wohnungen ist gefördert, der Rest frei finanziert am Markt.
Darauf reagiert Wien mit der neuen Bauordnung. Die rot-grüne Stadtregierung entzieht den Boden-Spekulanten zwei Drittel des Baulandes. So viel ist für den geförderten Wohnbau reserviert, wie die Bauordnung mit der Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ vorschreibt. Das heißt auch: In zwei Drittel der neuen Wohnungen gilt eine Mietgrenze von fünf Euro netto, sowie ein Verbot von Befristungen und Maklergebühren.
Die Stadt argumentiert, dass das Geschäft mit Grund und Boden kaum eine Leistung für die Wiener mit sich bringt. Ein paar Grundbesitzer und Landwirte verdienen Millionen, wenn sie lange genug warten und ihre Fläche gut verkaufen. Manchmal werden Projekte sogar blockiert, weil Investoren lieber warten bis der Preis steigt als mit dem Bau zu beginnen.
In Deutschland staunt man über Wiens Entscheidung. Dort stehen die Städte der Mietkrise eher machtlos gegenüber, obwohl sie mittlerweile weit in den Mittelstand reicht. “Fünf Euro pro Quadratmeter – so geht’s“, titelt der Spiegel online. „Günstig wohnen? Wien ist einmalig. Diese Maßnahme begeistert“, berichtet das Deutschlandradio. Die Reform kommt laut deutschen Medien einem „Paukenschlag“ gleich. Nur aus der Immobilienwirtschaft kommt traditionell Kritik an einer zu starken Regulierung der Mietpreise.
Doch hier beruhigt der Stadtsoziologe Andrej Holm.
„Tatsächlich braucht man (als Besitzer einer Immobilie) wohnungswirtschaftlich gesehen für eine abbezahlte Wohnung nicht mehr als vier Euro pro Quadratmeter.“ Mit vier Euro kann der Immbobilienbesitzer also seine Verwaltungskosten und die Instandhaltung eines Hauses begleichen.
Armut in Österreich: Fast eine halbe Million Menschen können sich nicht genug zu essen leisten.…
Am 1. Mai wird auf der ganzen Welt der Tag der Arbeit gefeiert. Der Feiertag…
In der Gemeinde Trumau wird bald Realität, was sich viele lange erträumt haben: Strom zum…
Die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere FPÖ-Politiker:innen. Der Verdacht: Bestechung und Untreue. Herbert Kickl,…
Am 27. April hielt SPÖ-Chef Andreas Babler in Wieselburg seine "Herz und Hirn"-Rede. Darin präsentierte…
Mehr arbeiten bei gleichem Lohn: Die Industriellenvereinigung fordert eine 41-Stunden-Woche. Zusätzlich sollen auch noch Feiertage…