Coronavirus

Ehemaliger Impf-Koordinator: Österreich hat Impfdosen liegen gelassen – wegen Budgetdeckel

Gernot Blümel (ÖVP) hat für den Einkauf der Impfungen einen Kostendeckel von 200 Millionen Euro verhängt. Der Finanzminister bestreitet das, doch Unterlagen aus dem Gesundheitsministerium zeigen, dass die Regierung das Impf-Budget deckelte. Das bestätigt auch der damals zuständige Impfkoordinator bei seiner Befragung im Parlament. Er konnte nicht das ganze Impfstoff-Kontingent ausschöpfen, weil von der Regierung nicht mehr Geld freigegeben war. 

Gernot Blümel bestreitet, doch Dokumente belegen es: Im Juli 2020 beschränkte das Finanzministerium den Finanzrahmen für die Impfbeschaffung mit „bis zu 200 Millionen Euro“. Das bestätigt auch Clemens Martin Auer, der ehemalige Impfkoordinator im Gesundheitsministerium am Dienstag im Parlament: Österreich hatte zu wenig Budget, um das maximal verfügbare Kontingent an Impfstoffen von Johnson & Johnson und Biontech/Pfizer auszuschöpfen. Als Beamter hätte Auer wegen des Kostendeckels nicht anders agieren können. Er hätte nicht mehr ausgeben können, als ihm von der Regierung für die Beschaffung zur Verfügung gestellt worden sei. Sowohl Gesundheitsminister als auch der Kanzler seien darüber informiert gewesen. Das berichtete Auer laut Abgeordneten im Parlament im kleinen Untersuchungsausschuss zu den Corona-Beschaffungen der Regierung. Auer hat seine Position als Koordinator mittlerweile verlassen. 

Finanzministerium macht „bis zu 200 Mio“ aus „mehr als 200 Mio“

In einem Email-Verkehr zwischen dem damaligen Impfstoff-Beauftragten Clemens Martin Auer und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) stellte der ehemalige Spitzenbeamte bereits im Sommer 2020 klar: „Wir reden nicht von 50-100 Millionen Euro. Sondern jenseits von 100 Millionen Euro. Bei den Covid-Impfstoffen denke ich alles zusammen (für Impfstoffe, Material, Honorare etc.) von ca. 250 Millionen Euro (…)“.

Ein geleaktes Dokument belegt: Das Ministerium machte aus einer Minimal- eine Maximal-Bestimmung.

Bei einem Vortrag zum Ministerrat am 29. Juli 2020 geht es dann um den Kostenrahmen für die Impfungen. In der ursprünglichen Fassung aus dem Gesundheitsministerium heißt es: „Aufgrund der aktuell erst am Beginn stehenden Vertragsvereinbarungen und der Unabwägbarkeit verschiedener anderer Faktoren, ist bei der angestrebten Impfung von 8 Millionen Menschen in Österreich jedenfalls von einem Gesamtkostenrahmen von ‚mehr als‘ 200 Millionen Euro auszugehen.“ Doch in der Endfassung ist die Rede „von bis zu 200 Millionen Euro“. Das Finanzministerium hat aus einer Untergrenze eine Obergrenze gemacht – aus „mehr als“ wurde „bis zu“. Eine folgenschwere Entscheidung. Zum Vergleich: Das etwa gleich große Israel hat 660 Mio. Euro für Impfungen ausgegeben, dort sind mittlerweile über 60% der Bevölkerung geimpft.

Kostendeckel führte zu weniger Impfdosen

Der Sparkurs in der Beschaffung führte dazu, dass in Österreich entscheidende Impfdosen fehlen, ist sich die Opposition sicher. So hat man auf fast die Hälfte der angebotenen Moderna-Impfdosen bei der EU-Beschaffung verzichtet.

Der Kostendeckel führte zu einem Ausfall von 750.000 Impfdosen von Johnson & Johnson, das entspricht mehr als einem Drittel der zur Verfügung stehenden Menge.

In einer eilig einberufenen Pressekonferenz rechnete die Opposition Ende März vor, dass der Kostendeckel aus dem Finanzministerium dafür verantwortlich war, dass Österreich um 750.000 Impfdosen von Johnson & Johnson umgefallen sei. Für die Bestellung des begehrten Vakzins sei es nach der Aufstockung des Budgets 2021 nämlich zu spät gewesen.

Insgesamt hätte die Kurz-Regierung schon sieben Millionen mehr Impfdosen für die Bevölkerung ankaufen können – ließ sie aber liegen. 

Blümel stritt Kostendeckel ab

Im Finanzministerium stritt man einen Kostendeckel stets ab. Auf „Standard“-Anfrage gab man jetzt bekannt, die Angaben des Gesundheitsministeriums seien zu vage gewesen, darum habe man sie korrigiert. Damit erklärt das Blümel-Ressort, dass aus „mindestens“ 200 Millionen ein Kostenrahmen von höchstens 200 Millionen geworden ist. Man hätte auch 400 Millionen zur Verfügung gestellt, wäre das von Anschobers Beatmen gefordert worden, versichert das Ministerium. Man winke „eh alles durch, wo Covid draufsteht“.

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sieht das anders. Er spricht von „einem der größten Skandale der österreichischen Geschichte“. Blümel hat mehrmals einen Impfdosen-Kostendeckel abgestritten. „Das war unwahr“, urteilt Leichtfried.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1792 Stimmen
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    1792 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 477 Stimmen
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    477 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 368 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    368 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 286 Stimmen
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    286 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 151 Stimme
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12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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