Kollaps bei PCR-Tests: Warum Oberösterreich auf verlässliche Tests verzichtete

Österreichs PCR-Test-System droht zu kollabieren. Um das Gesundheitssystem und die kritische Infrastruktur zu sichern, könnte es zu Einschränkungen beim Zugang zu PCR-Tests kommen. Die unzuverlässigen Nasenbohrtests werden in acht Bundesländern wieder eingeführt. Nur in Wien sind genügend PCR-Test-Kapazitäten vorhanden. Wie Recherchen zeigen, müsste das nicht so sein. Die Regierung und einige Bundesländer standen auf der Sparbremse bei den Tests und lehnten den Ausbau der Wiener „alles gurgelt“-Aktion auf weite Teile Österreichs ab.

Schon im April 2021 bot das Labor Lifebrain der Bundesregierung und einigen Bundesländern an, auch in das „alles gurgelt“ Modell Wiens einzusteigen. Das Labor war zuversichtlich. Es mietete bereits Flächen in Graz und Linz an. Alleine in Linz wären in dem neu geschaffenen Labor 800 Arbeitsplätze entstanden. Doch Bund und Länder winkten ab. Ein Sprecher von Lifebrain erklärt sich das gegenüber dem „Standard“ mit einer damals „fehlenden politischen Bereitschaft“. Im Juli startete man dann zumindest ein Pilotprojekt in den drei oberösterreichischen Bezirken Gmunden, Vöcklabruck und Linz. Das Projekt lief gut, das Labor konnte zeigen, dass das Wiener-System auch in Flächenbundesländern funktioniert.

„Landeshauptmann Stelzer wollte einfach nicht das nötige Geld in die Hand nehmen“

Das Projekt ist mittlerweile ausgelaufen. Denn als es darum ging, ein Gurgel-Testsystem für das ganze Bundesland auszurollen, setzte Oberösterreich nicht auf ihren Partner aus dem Pilotprojekt. Den Zuschlag bekam das Labor Novogenia. Gestartet wurde mit dem neuen System am 10. November. Österreich war gerade mitten in der Delta-Welle. Oberösterreich so stark betroffen, dass es bis 17. Dezember und damit länger als alle anderen Bundesländer im Lockdown bleiben musste. Zu diesem Zeitpunkt startete das Bundesland erst mit einem flächendeckenden PCR-Testsystem. Doch auch das lief nicht ohne Probleme. Rund 440.000 Oberösterreicher:innen hatten zuvor Zugang zum Pilotprojekt von Lifebrain. Jetzt mussten sie sich umstellen: Andere Tests und vor allem andere Abgabestandorte. Nicht mehr der REWE-Konzern war der Logistikpartner, sondern die Handelskette SPAR. Das führte vor allem in Vöcklabruck und Gmunden zu einer starken Ausdünnung des Angebotes, weil es in der Region deutlich mehr REWE-Filialen gibt  – mitten in der bis dahin heftigsten Corona-Welle. Gerade zu Beginn des Projektes gab es auch zahlreiche Probleme bei den Tests selbst. Oftmals musste man zwei Tage oder länger auf das Ergebnis warten. Doch warum setzte das Land überhaupt auf ein anderes Labor als in der Pilotphase?

„Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Landeshauptmann Stelzer leider einfach nicht das nötige Geld in die Hand nehmen wollte“, erklärt sich der Gesundheitssprecher der SPÖ-Oberösterreich, Peter Binder, den Wechsel.

Oberösterreich: Erster Betrugsfall mit neuem Test-System

Ein „alles gurgelt“-PCR-Test kostet der Stadt Wien laut Angaben derzeit knapp 6 Euro. Das beinhaltet die Tests an sich, die Logistik und die Auswertung im Labor. Oberösterreich wollte denselben Preis wie Wien bekommen und war als Flächenbundesland nicht bereit, höhere Logistikkosten zu bezahlen als die Stadt Wien, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Stattdessen setzte man also auf Novogenia – doch bei diesen Tests musste das Land einige Abstriche akzeptieren. Bei den Tests von Lifebrain muss man sich während der Test-Durchführung etwa filmen und einen Ausweis scannen, um ein Test-Zertifikat zu erhalten. Tut man das nicht, wird einem zwar ein Ergebnis übermittelt, aber kein Nachweis für die 3-G-Regelung oder den Arbeitsplatz. Bei den Novogenia-Tests fehlt diese Möglichkeit gänzlich – ein Zertifikat bekommt man trotzdem. Betrug ist damit Tür und Tor geöffnet: Nicht nur positive Personen kommen so zu einem negativen Ergebnis. Impfgegner sind schon lange auf Plattformen wie Willhaben auf der Suche nach Speichel von Corona-Kranken, um ein positives PCR-Test Ergebnis zu erhalten und der Impfung zu entgehen. Ein erster Betrugsfall wurde bereits aufgedeckt.

Mit Oberösterreichs neuen Gurgeltests ist kein Freitesten möglich

Das ist nicht der einzige Nachteil des neuen Systems in Oberösterreich: Man hat nach der Anmeldung nur 20 Minuten Zeit, sich die Testkits zu holen. Sind in einer SPAR-Filiale die Tests vergriffen, startet ein Wettlauf gegen die Zeit und man muss vor Countdown-Ende noch zu einer anderen Filiale. Gerade in ländlichen Gegenden ein Ding der Unmöglichkeit. Tests sind außerdem nur jeden zweiten Tag möglich. Wirklich absurd wird es dann, wenn es um positiv getestete Personen geht: Liegt ein positiver Test vor, wird man 21 Tage bei Novogenia gesperrt – ein Freitesten aus der Quarantäne etwa nach 5 Tagen ist mit ihren Gurgeltests damit nicht möglich. Dazu muss man in Teststraßen des Landes Oberösterreich fahren. Diese werden von einem Labor mit guten ÖVP-Kontakten betrieben: den Covid Figthers. Fällt der dortige Test noch positiv aus, rät einem die Gesundheitsbehörde wenige Tage später einen Gurgeltest zu machen, um doch noch die Quarantäne beenden zu können.

Die Landesbediensteten meinen damit freilich nicht die Novogenia-Tests. „Haben Sie nicht noch alte „alles gurgelt“-Tests herumliegen – bis Februar dürfen Sie sie noch abgeben“, so der gut gemeinte Rat der Landesbediensteten, wie Betroffene in Oberösterreich berichten. Das bedeutet auch, dass tausende Oberösterreicher:innen länger als nötig in Quarantäne sein werden, da unkomplizierte Freitestmöglichkeiten fehlen.

In Oberösterreich reichen die Test-Kapazitäten nicht

Insgesamt reichen durch die Omikron-Welle die Kapazitäten der Labore in den Bundesländern einfach nicht mehr aus. In acht Bundesländern gelten darum die Wohnzimmer-Nasenbohr-Tests wieder als 3-G-Nachweis. Obwohl gerade die Omikron-Variante besonders schlecht durch Nasenabstriche in Eigenregie erkannt werden kann. Nur in Wien gibt es noch genügend Spielraum. Dort können bis zu 800.000 PCR-Tests am Tag ausgewertet werden – mehr als in ganz Deutschland. Die Kapazitäten wurden während der Pandemie sukzessive aufgebaut. Derzeit führt die Bundeshauptstadt rund eine halbe Million Tests pro Tag durch – es gäbe also noch offene Kapazitäten. Der Gesundheitssprecher der SPÖ-Oberösterreich, Peter Binder, sieht deshalb auch dringenden Handlungsbedarf der oberösterreichischen Landesregierung und fordert einen Testgipfel. „Es wäre hoch an der Zeit, alle Zuständigen und Testanbieter an einen Tisch zu bekommen.“ Binders Ziel: Ein dichteres Netz an Abgabestellen soll in Oberösterreich entstehen und alle Tests verlässlich innerhalb von 24-Stunden ausgewertet werden.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 60%, 1422 Stimmen
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    1422 Stimmen - 60% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 359 Stimmen
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    359 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 297 Stimmen
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    297 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 205 Stimmen
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    205 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 106 Stimmen
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    106 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2389
12. März 2024
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Marco Pühringer

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