Gesellschaft

„Dass sie uns sowas noch antun, hätten wir nie gedacht“

Hat man einmal erfahren, wie es besser sein könnte, ist es schwer, das wieder zu vergessen. Frauen über 70, alleine in einem zersiedelten Ort, die wieder zusammengefunden haben. Langzeitarbeitslose, die ihren neuen Job so gerne machen, dass sie weniger Krankenstände haben als normale Beschäftigte. Das BIS-Mobil hat Ebensee zu einem anderen Ort gemacht und dennoch wurde es Ende April eingestellt. Die Regierung hat dem AMS das Fördergeld gestrichen. 

Am letzten Tag fahren alle Gäste umsonst mit dem BIS-Mobil, aber die Fahrgäste freut das wenig. Auch sonst waren die Preise nicht hoch. Rund 2,50 Euro hat eine Fahrt gekostet, den Preisen des öffentlichen Nahverkehrs angepasst. Um 2,50 Euro zum Arzt, zur Apotheke, auf den Friedhof, ins Café oder eine Freundin treffen.

Ebensee ist flächenmäßig die zweitgrößte Gemeinde in Oberösterreich. Zum nächsten Nahversorger können es schon mal zehn Kilometer sein, wenn man Pech hat. Ohne Auto kommt man nicht weit. Buslinien wurden eingestellt, Taxis gibt es wenige und sie sind teuer. Die Menschen in der ehemaligen Industriegemeinde haben kleine Pensionen, eine Fahrt mit dem Taxi überlegen sie sich gut. Sonst müssen sie bitten, gefahren zu werden: Den Sohn, die Schwiegertochter oder die Nachbaren. Auch das überlegen sie sich gut. So verbringen sie viel Zeit zuhause, alleine – ohne Ansprache.

Als das BIS-Mobil im Jänner 2017 startet, sind es vor allem ältere Ebenseerinnen, die es in Anspruch nehmen. Anfangs mit Skepsis – nach und nach mit Begeisterung. Lässt man sich zuerst nur zum Arzt oder zur Therapie fahren, kommen die Ebenseerinnen drauf, alte Kontakte wieder zu beleben. Das BIS-Mobil fährt die Damen zum Kaffee und neue Träume entstehen. Statt alleine zuhause zu sitzen, finden sie wieder zusammen: „Wir haben sogar schon Pläne für den Sommer gemacht. Zu viert oder zu fünft an den See fahren und uns am Abend wieder abholen lassen“, erzählt eine ältere Dame. Daraus wird jetzt nichts. Das Projekt wird eingestellt – die Regierung hat die Mittel gestrichen.

„Ich mag das Wort kämpfen nicht, aber wir haben gekämpft“

Die Gemeinde wehrt sich. Sammelt Unterschriften, fährt nach Wien – ohne Erfolg. „Ich mag das Wort kämpfen nicht“, sagt eine der Beschäftigten, „aber für das BIS-Mobil habe ich gekämpft“. Es ist einfach ein Gewinn für alle gewesen, die älteren Ebenseerinnen sind aufgeblüht, haben Freundschaften wiederbelebt und Ansprache gefunden.

Die ehemaligen Arbeitslosen waren mit Freude bei der Arbeit und haben sich gebraucht gefühlt. „Es war die schönste und erfüllendste Arbeit, die ich je gemacht habe“, sagt ein Fahrer, der jetzt wieder arbeitslos wird.

Fassungslos ist auch Stefan Enter, Geschäftsführer des Bildungszentrum Salzkammergut (BIS). Auf einen Schlag verlieren zwölf Beschäftigte ihre Arbeit – kurz vor der Pensionierung. Die Fahrer waren 30 Stunden pro Woche beschäftigt und bekamen dafür zwischen 1.500 und 1.700 Euro brutto. Weniger wird die Arbeitslosenunterstützung für die zwölf Betroffenen auch nicht kosten.

Noch letztes Jahr hat das BIS-Mobil den österreichischen Mobilitätspreis gewonnen. Es hat alten Menschen im Ort ein selbstbestimmtes Leben und die aktive Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht, wie es bei der Presiverleihung heißt.

150 Stammkunden hatte das BIS-Taxi, 30 Fahrten wurden im Schnitt pro Tag gebucht. „Dass sie uns sowas noch antun, hätten wir uns nie gedacht“, sagt eine Kundin beim Aussteigen.

AKTION 20.000

20.000 Männern und Frauen auf Jobsuche hätte die Aktion 20.000 einen Arbeitsplatz und neue Hoffnung gegeben. Doch als eine der ersten Handlungen haben ÖVP und FPÖ die Aktion im Jänner 2018 eingestampft. Wer bis dahin seine Stelle noch nicht antreten konnte, wurde enttäuscht – und blieb ohne Job. 3.755 Männer und Frauen in ganz Österreich haben schlussendlich über die Aktion 20.000 einen Job gefunden. Jetzt, im Juni 2019, laufen ihre Stellen endgültig aus. Wie viele Gemeinden und Vereine einige der Stellen finanziell selbst stemmen und erhalten können, ist unklar.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1708 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1708 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 457 Stimmen
    16% aller Stimmen 16%
    457 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 362 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    362 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 277 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    277 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 138 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    138 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2942
12. März 2024
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Patricia Huber

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