Coronavirus

Regierung will die Gratis-Tests abschaffen – doch 75% gegen kostenpflichtige Tests

Die Teststrategie in Österreich soll sich ändern, das hat die Regierung beim Corona-Gipfel angekündigt. Flächendeckende Gratis-Tests will die Regierung demnach nur noch bis Ende März zur Verfügung stellen, dann will sie das kostenlose Testangebot beenden. Doch ein Runterfahren bei den Tests könnte sich rächen, wie Expert:innen und die Stadt Wien befürchten. 

„Bis Ende März kann das niederschwellige Testangebot in Österreich kostenfrei bleiben“, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bei der Pressekonferenz der Bundesregierung. Auch in Schulen wird weiter getestet. Für danach kündigt er einen „Paradigmenwechsel“ an: Ab April dürften Tests nur mehr für Menschen mit Symptomen kostenlos möglich sein. Wer hingegen vor dem Besuch von Großeltern oder einer Geburtstagsfeier sicher gehen möchte, muss den Test selbst zahlen.  

Das ist nicht gerade günstig, wie man aus anderen Ländern weiß: In Berlin zahlt man rund 50 Euro für einen PCR-Test. In Frankreich sind PCR-Tests zwar kostenlos, wer nicht geimpft ist, muss aber 45 Euro pro Test zahlen. Lifebrain, das die PCR-Tests von „Alles gurgelt!“ in Wien durchführt, rechnet mit Kosten von „15 bis 20 Euro“ pro Test, wie Firmengründer Michael Havel zur APA sagt. Aktuell kosten die Wiener Tests 6 Euro. „Dabei wird es sicherlich nicht bleiben, wenn die Mengen nicht mehr so groß sind“, erklärt Havel. Die Apotheken bekommen derzeit 25 Euro pro Test.

70 Prozent der Tests in Wien – zu nur 20 Prozent der Gesamtkosten

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig würde die Tests gerne auch nach März kostenlos für alle Wienerinnen und Wiener anbieten: „Das Testen hat drei Vorteile: Erstens können dadurch Infektionsketten unterbrochen werden, zweitens werden damit Mutationsvarianten rasch erkannt und es können die notwendigen Schutzmaßnahmen angepasst werden. Drittens kann sehr früh mit der Entwicklung von Medikamenten begonnen werden, die einen schweren Erkrankungsverlauf verhindern können.“ Doch ohne Bundesregierung ist das nicht möglich, die Kosten für die Tests sind aus dem Budget der Stadt Wien nicht finanzierbar. „Dann werden wir das leider beenden müssen“, sagte Ludwig. Für ganz Österreich liegen die Kosten für die Tests seit Beginn der Pandemie bei 2,6 Milliarden Euro.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dem Bund würde es bei der baldigen Abschaffung der kostenlosen Tests weniger um die Kosten gehen, als um schlechte Presse. Die Gratis-Tests sollen auch deshalb abgedreht werden, weil einige Landesregierungen es bis heute nicht geschafft hätten, eine funktionierende Testinfrastruktur aufzubauen. Etwa in Oberösterreich gibt es nach massiven Startschwierigkeiten bis jetzt immer wieder Probleme mit den Tests. Man wolle jetzt einfach raus aus den negativen Schlagzeilen. Die ineffiziente Infrastruktur und seltsame Ausschreibungen haben auch zu einer echten Kostenexplosion außerhalb Wiens geführt. In Wien werden rund 70 Prozent aller PCR-Tests durchgeführt. Das Wiener Testsystem ist jedoch nur für 20 Prozent der Gesamtkosten verantwortlich – 80 Prozent fallen in den Bundesländern an, die nur 30 Prozent der Tests abwickeln.

Viele Tests, niedrige Dunkelziffer

Die Mehrheit der Österreicher:innen findet die kostenlosen Tests jedenfalls sinnvoll und hilfreich, wie eine aktuelle Umfrage des Corona Panel der Uni Wien zeigt. Nur 10 Prozent der Befragten befürworten kostenpflichtige Tests,  75 Prozent der Befragten lehnen das ab. Dennoch wird seit Wochen jetzt über die Abschaffung der Gratis-Tests diskutiert.

Die Stadt Wien argumentiert, dass durch das frühe Erkennen einer Corona-Infektion, Infektionsketten schnell durchbrochen werden. Wenn man viel testet, findet man viele Fälle und die Virus-Verbreitung wird gebremst. In Österreich sind im Schnitt weniger als 10 Prozent der PCR-Tests positiv, in Deutschland und der Schweiz, wo viel weniger getestet wird, sind über 40 Prozent der Tests positiv. Das heißt: Dort gibt es viel mehr Infektionen in der Bevölkerung, die nicht entdeckt werden. Wie hoch die Dunkelziffer ist, darüber fehlen seriöse Zahlen.

Impfstoffforscher Florian Krammer spricht sich in der ZIB2 deshalb für die Beibehaltung der Gratistests aus:

„Wir befinden uns nach wie vor in einer starken Welle der Pandemie. Da ist es natürlich gut, wenn Leute wissen, ob sie infiziert sind oder nicht, damit sie andere nicht anstecken können.“

Michael Wagner, Molekularbiologe der Uni Wien, Foto: APA/Herbert Neubauer (c)

In eine ähnliche Richtung geht der Molekularbiologe Michael Wagner von der Uni Wien im „Standard“: „Erfahren verantwortungsvolle Menschen, wenn sie oder eine Kontaktperson sich infiziert haben, verhalten sie sich anders“, weshalb auch er eine Beibehaltung der Gratistests für sinnvoll hält. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni-Krems sieht die Tests in Wien mehr als „Bürgerservice“, wie er in „Wien heute“ im ORF erklärt.

Wien will durch Tests das Gesundheitssystem entlasten 

In Wien wurden zwischen Oktober und Dezember 2021 um 160 Prozent mehr Tests pro Einwohner:in durchgeführt als im Rest Österreichs. Laut Stadt Wien konnten damit zwischen 44.000 und 60.000 Folgeinfektionen verhindert werden. Das bedeutet nicht nur weniger Krankenstände und Quarantäne-Tage, sondern auch weniger Krankenhausaufenthalte, wie das Büro von Gesundheitsstadtrat Hacker betont. Als Wien noch gleich viel getestet hat wie die anderen Bundesländer, waren auch die Krankenhäuser ähnlich ausgelastet. Nach Ausrollen von „Alles gurgelt!“  stieg die Hospitalisierung in der Bundeshauptstadt deutlich langsamer als im Rest des Landes. Das galt jedenfalls für die Delta-Welle im Herbst, bei Omikron ist die Zahl der Krankenhausaufenthalte wieder gestiegen – auch weil sich Omikron deutlich schneller verbreitet und man mit dem Testen schwerer nachkommt.

Wie es mit dem in Wien etablierten „Alles gurgelt!“ nach März weitergeht, ist unklar. Sollte im Herbst die nächste Delta-Variation kommen und ein breites Testprogramm nötig sein, könnte sich der Zusammenbruch des Systems rächen. Lifebrain rechnet damit, bei einem kompletten Aus für die Gratistests im April 1.200 seiner 1.600 Mitarbeiter:innen abbauen zu müssen, dazu kommt der Rückbau von Laborkapazitäten. Wie schnell das System dann wieder hochfahren könnte – mit ähnlich niedrigen Kosten, ist unklar.  

 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1478 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1478 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 382 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    382 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 310 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    310 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 221 Stimme
    9% aller Stimmen 9%
    221 Stimme - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 110 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    110 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2501
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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