Verteilungsgerechtigkeit

„Besteuert uns endlich!“ Selbst Millionäre fordern schon Reichensteuern

Tax me Now! – zu Deutsch: Besteuert mich jetzt! – fordert eine Gruppe aus Millionärinnen und Millionären aus Deutschland und Österreich. Während Corona die soziale Lage verschärft, werden die Reichen reicher. Das wollen einige von ihnen ändern, und wenden sich mit einem offenen Brief an die Politik.

Ein Prozent der Bevölkerung besitzt nach Schätzungen 35 Prozent des Vermögens in Deutschland, vierzig Prozent haben keinerlei Rücklagen. Das stellt eine Gruppe von Superreichen in einem offenen Brief fest – und will es ändern. Unter taxmenow.eu (zu Deutsch „Besteuert mich jetzt“) haben österreichische und deutsche Millionärinnen und Millionäre einen Appell an die Politik veröffentlicht. Im Vorfeld der Bundestagswahlen in Deutschland fordern sie ein gerechteres Steuersystem, in dem „diejenigen, die viel besitzen“ einen „höheren Beitrag leisten, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen: Klimawandel, Digitalisierung, demografischer Wandel, Wohnungsmangel, Bildungsgerechtigkeit und Förderung einer effektiven Vermögensbildung für alle“. Der Appell wurde am Wochenende im Standard und der Süddeutschen Zeitung erstveröffentlicht.

Die Gruppe aus Betuchten fordert neben einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Millionen- und Milliardenvermögen strengere Regeln für die Vergünstigungen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer und striktere Regeln gegen Steuervermeidung und -hinterziehung sowie eine bessere Ausstattung der Steuerbehörden.

Mehrheit für Reichensteuern

Die Superreichen, die sich laut Eigenangaben aus Erb:innen, Unternehmer:innen, Kapitalanleger:innen zusammensetzen, wollen mit ihrer Forderung für mehr Gerechtigkeit sorgen. Denn während die Corona-Krise für viele eine Verschlechterung ihrer Situation bedeutet, haben Reiche und Konzerne daran verdient. Eine Liste der Unterzeichner:innen gibt es nicht. Die Gruppe aus Deutschland und Österreich ist sich sicher, „dass mehr Steuergerechtigkeit der zukunftsweisende Weg zu einer Gesellschaft ist, die sich an den Werten Gemeinwohl, Chancengleichheit und Zusammenhalt orientiert“.

Damit schließen sich die Millionär:innen der Mehrheit der Menschen in Österreich und Deutschland an: In Österreich wollen zwei von drei Menschen Vermögenssteuern, in Deutschland sind es sogar 77 Prozent.

In Deutschland und Österreich gibt es keine Vermögenssteuern

In Österreich wollte SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina diese 1993 reformieren, weil der Großteil Unternehmen, und nicht Reiche traf – diese konnten ihr Vermögen durch das Bankengeheimnis schützen. Lacina schaffte die Vermögenssteuer ab, mit der ÖVP war vereinbart, stattdessen Grund und Erbschaft höher zu besteuern. Diese Abmachung hat der Koalitionspartner nicht gehalten, und so wurde die Vermögenssteuer ersatzlos gestrichen.

In Deutschland ist die Vermögenssteuer zwar formal in Kraft, wird aber seit 1997 nicht mehr erhoben. Damals urteilte das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass Vermögen und Immobilienbesitz nicht ungleich besteuert werden dürfe. Anstatt die Steuern anzupassen, beschloss die CDU/CSU-FDP-Regierung unter Helmut Kohl, schlicht keine Vermögenssteuern mehr einzufordern. Ähnliches ist in Österreich mit der Erbschaftssteuer passiert: Statt die Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Grundstücken, die zur Aufhebung durch den VfGH geführt hatte, zu reparieren, ließ die Regierung Gusenbauer mit ÖVP-Finanzminister Molterer das Gesetz auslaufen.

Der Appell im Wortlaut

Millionär*innen fordern höhere Besteuerung von Millionenvermögen.

Corona verstärkt Ungleichheit, verschärft Gesundheitsrisiken, reduziert Bildungschancen für Arme, während manche Vermögende und Unternehmen zu den Krisengewinnern gehören und in der Krise noch reicher geworden sind. Seit Jahrzehnten nimmt die Ungleichheit in Deutschland und international zu. Demokratiegefährdende Machtkonzentration in Form von Kapital und Einfluss von wenigen steht wachsende materielle Unsicherheit von vielen gegenüber. Ein Prozent der Bevölkerung besitzt nach Schätzungen 35 Prozent des Vermögens in Deutschland, vierzig Prozent haben keinerlei Rücklagen.

Wir sind Vermögende und setzen uns für eine höhere Besteuerung von Vermögen ein, um mehr Chancen, Teilhabe und Zukunftsinvestitionen für alle zu ermöglichen. Unabhängig davon, ob wir durch Arbeit, Erbschaft, Unternehmertum oder Kapitalanlage zu Vermögen gekommen sind, rufen wir zu Reformen in fünf Bereichen auf:

  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Millionen- und Milliardenvermögen
  • Begrenzung von Ausnahmen für Betriebsvermögen und anderen Sonderregelungen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer
  • Progressive Steuersätze statt Einheitssatz bei der Kapitalertragssteuer
  • Eine Vermögensabgabe für Millionen- und Milliardenvermögen im Falle einer Schuldenbremse
  • Striktere Regeln gegen Steuervermeidung und -hinterziehung und bessere Ausstattung der Steuerbehörden

​Nicht nur eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland spricht sich in Umfragen für Reformen zur Vermögensbesteuerung aus. Auch internationale Organisationen wie die OECD, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank mahnen Reformen an, um die weltweite Ungleichheit zu bekämpfen und die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen.

Wir sind überzeugt, dass mehr Steuergerechtigkeit der zukunftsweisende Weg zu einer Gesellschaft ist, die sich an den Werten Gemeinwohl, Chancengleichheit und Zusammenhalt orientiert. Diejenigen, die viel besitzen, können einen höheren Beitrag leisten, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen: Klimawandel, Digitalisierung, demographischer Wandel, Wohnungsmangel, Bildungsgerechtigkeit und Förderung einer effektiven Vermögensbildung für alle.

​Die bevorstehenden Wahlen bieten eine einmalige Gelegenheit, die Orientierung von Vermögen am Wohle der Allgemeinheit im Sinne des Grundgesetzes zu stärken. Unterstützen Sie diesen Appell, damit unsere Forderungen mehr Gewicht haben. Ob vermögend oder anderweitig unterstützend: Melden Sie sich bei uns!

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1616 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1616 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 428 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    428 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 340 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    340 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 252 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    252 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 130 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    130 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2766
12. März 2024
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