Kultur

Warum wir die Ehe für Alle brauchen

Warum es bei der Ehe für Alle um mehr als Begriffe geht und für die LGBTI-Community noch längst nicht alle Missstände beseitigt sind.

Am 4. Dezember 2017 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und die eingetragene Partnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare zu öffnen. Das älteste Verfassungsgericht der Welt ist damit das erste Gericht Europas, das das Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare aufgehoben hat. In 15 europäischen Ländern erfolgte die Eheöffnung durch die Parlamente – also auf politischem Weg. In Österreich war das nicht möglich. Obwohl bereits 2015 laut einer Eurobarometer-Umfrage 62 Prozent der ÖsterreichInnen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare befürworteten, blockierten ÖVP und FPÖ im Parlament Anträge von SPÖ und den Grünen und verhinderten die dafür notwendige Mehrheit.

Gleiches Recht für gleiche Liebe

Wenn wir von der Ehe für Alle sprechen, geht es nicht nur um Begriffe und Zeremonien. In einer Gesellschaft, in der ein lesbisches Paar aus einem Café in der Wiener Innenstadt geschmissen wird, weil sie sich zur Begrüßung küssen und zwei Männer, die Händchen haltend spazieren gehen, mit körperlicher Gewalt bedroht werden, ist es umso wichtiger, dass der Staat klarmacht: Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind gleichwertig, der Staat und die Gesellschaft müssen sie schützen. Das ist ein unumgänglicher Schritt, um Vorurteile aufzubrechen und Tabus entgegenzuwirken.

Ehe für Alle als Mittel gegen Zwangsouting

Nicht selten argumentieren aufgeschlossene, progressive Menschen, dass die Ehe ganz grundsätzlich ein veraltetes Gesetz ist und meinen, die Ehe für Alle sei nicht unbedingt nötig. Leider sieht die Lebenspraxis heute so aus, dass in vielen Formularen, darunter auch dem Meldezettel, oder beim Berufseinstieg der „Personenstand“ angegeben werden muss. Dazu zählt neben dem Namen auch das familienrechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen. Die Kategorien „ledig“, „verheiratet“, „in eingetragener Partnerschaft lebend“ führt unweigerlich zu einem Zwangsouting. Warum sollen also gleichgeschlechtliche Paare nicht „verheiratet“ angeben können?

Homophobie am Arbeitsplatz

Nach wie vor – auch wenn der Diskriminierungsschutz am Arbeitsplatz schon sehr weitreichend ist – erleben viele Betroffene Homophobie am Arbeitsplatz. Wie eine Studie der Stadt Wien von 2015 zeigt, fühlten sich 14 Prozent der 3.161 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den letzten 12 Monaten im Job diskriminiert oder wurden belästigt. Knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist am Arbeitsplatz nicht geoutet. Viele dieser Menschen fürchten Diskriminierung. 1

Ehe-Öffnung ist auch ein Erfolg für Zivilgesellschaftt

Dass die Ehe nun geöffnet wird, ist auch ein großer Verdienst der Zivilgesellschaft. In Österreich gibt es viele LGBTIQ-Vereine und NGOs, die mit Beratung, Vernetzung und breitem Engagement für Gleichstellung die Community unterstützen und vertreten. Die Entscheidung zur Ehe-Öffnung ist ein Erfolg unzähliger Ehrenamtlicher und AktivistInnen, insbesondere aber des Rechtskomitees Lambda mit Rechtsanwalt Helmut Graupner, das seit Jahren viele zentrale Verbesserungen für die LGBTI-Community erkämpft hat.

Die Öffnung der Ehe ist ein wichtiges Zeichen des Staates, dass die Diskriminierung von Lesben und Schwulen zumindest in diesem Punkt der Vergangenheit angehört. Es ist auch ein wichtiges Signal an die Rechten und Konservativen, dass Menschenrechte für alle gelten, unabhängig davon, wen man liebt. Im Jahr 2017 sollten Schwule, Lesben, Trans* und Inter* Personen öffentlich zu sich stehen können – ohne Angst vor Repression oder Diskriminierung.

 

  1. Studie WAST
Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1652 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1652 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 440 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    440 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 350 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    350 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 264 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    264 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 134 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    134 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2840
12. März 2024
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Tatjana Gabrielli

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