Um ganze 14 Milliarden Euro will ÖVP-Obmann Kurz die Steuern senken. Geld, das dem Sozialstaat fehlen wird: im Bildungs-, im Gesundheits- und im Sozialsystem. Während wirtschaftlich und sozialpolitisch erfolgreiche Länder wie Dänemark oder Deutschland auf hohe Abgabenquoten und einen aktiven Staat setzen, nimmt sich Kurz Länder wie Polen, Griechenland oder die USA zum Vorbild.
ÖVP-Obmann Kurz will 14 Milliarden Euro einsparen. Das ist eines der wenigen Dinge, die man über sein Programm weiß. In den letzten Jahren war der Staatshaushalt nahezu ausgeglichen, das Defizit ging zurück. Will man derartige Beträge einsparen, dann steigt entweder das Defizit – oder man kürzt die Leistungen des Staates. Die ÖVP will kürzen. Und sie wird den Sozialstaat damit schwer beschädigen.
Um ihr Ziel zu erreichen, möchte die ÖVP die Abgabenquote – also den Anteil an Steuern und Abgaben an der Wirtschaftsleistung – senken. Und zwar, indem die Staatsausgaben in Zukunft eingefroren werden. Wenn die Wirtschaft wächst, rutscht die Abgabenquote in ein paar Jahren quasi automatisch unter 40%.
Das Problem ist aber: Steigt die Bevölkerung oder der Bedarf und die Ausgaben bleiben gleich – dann sinkt das zur Verfügung stehende Geld pro Kopf.
Beispiel Pflege: Die Bevölkerung wird älter, der Bedarf an Pflege steigt. Gleichzeitig professionalisiert sich die Pflege und entwickelt sich zu einer nachhaltigen Gesundheitsförderung. Das kostet Geld – aber wenn die Staatsausgaben nicht steigen dürfen, sinkt die Qualität. Die Pflege für Alte und Kranke wird also weniger oder schlechter.
Beispiel Gesundheit: Die Bevölkerung wächst und ihre Mitglieder werden älter – bleiben die Ausgaben für Gesundheit gleich, heißt das pro Kopf weniger Geld. Also ein Verlust an Qualität und medizinischer Versorgung.
Beispiel Bildung: Wenn die Ausgaben für Bildung nicht steigen dürfen, werden sich Schulen und Universitäten nicht weiterentwickeln und nicht mit der Digitalisierung Schritt halten können. Wieder: ein nachhaltiger Qualitätsverlust, der nicht zuletzt den Standort Österreich bedroht.
Ganze 5 Milliarden Euro will die ÖVP bei Förderungen einsparen. Angeblich ist das Fördersystem derart bürokratisch und undurchsichtig, dass es diese Beträge verschlingt. Wer vom österreichischen Fördersystem Ahnung hat, weiß: Das ist eine Illusion. Mehr Transparenz kann die Effizienz sicher steigern und da und dort ein paar Millionen Euro einsparen – aber nie und nimmer 5 Milliarden.
So gesehen läuft der ÖVP-Vorschlag auf die Streichung von indirekten Förderungen hinaus. Werden die Förderungen zur Vergünstigung der Mehrwertsteuer bei Lebensmittel, der Kinderabsetzbetrag, Studienbeihilfen oder die Mittel zur Gesundheitsförderung gekürzt, dann könnten 5 Milliarden Euro erreicht werden. Aber dann werden die Lebensmittel teurer und unser Bildungssystem und unser Gesundheitssystem werden darunter leiden. Welche Förderungen gestrichen werden sollen, darüber schweigt Kurz.
Österreich hat heute eine Abgabenquote von 43%. Und steht damit mit Ländern wie Dänemark, Schweden oder Finnland in einer Reihe. Auch Deutschland hat eine ähnliche Abgabenquote: Da dort das Abgabensystem etwas anders funktioniert, hat Deutschland offiziell nur 36% – rechnet man allerdings alle Abgaben ein, hat Deutschland sogar eine höhere Quote als Österreich.
Niedrige Abgabenquoten gibt es hingegen in Ländern wie Griechenland, Polen, der Slowakei – oder den USA.
Es sind in der Regel die wirtschaftlich und sozialpolitisch erfolgreichen Länder, die hohe Abgabenquoten haben. Hohe Abgabenquoten stehen für einen aktiven Staat, für Werte wie sozialen Zusammenhalt, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit. Niedrige Abgabenquoten hingegen für Ellbogengesellschaften.
Geht die Abgabenquote zurück und werden Förderungen radikal gestrichen, erodiert der Sozialstaat. Wer über ein hohes Einkommen verfügt oder viel Geld besitzt, kann den Abbau kompensieren: Private Pensionsversicherung, private Gesundheitsversicherung, Privatschule für die Kinder. Die breite Masse der Bürger muss aber mit dem Verlust von Qualität leben. Oder steigende Kosten in Kauf nehmen.
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