Energie

Wien Energie will Preise für Fernwärme verdoppeln: Hunderttausende Haushalte betroffen

Für hunderttausende Wiener Haushalte soll sich die Fernwärmerechnung ab Herbst fast verdoppeln. Denn Wien Energie will die Preise für Fernwärme um 92 Prozent erhöhen. Besonders dramatisch ist das, weil davon viele Haushalte mit niedrigem Einkommen betroffen sind, die schon jetzt kaum die Lebenshaltungskosten berappen können – so die Kritik der Arbeiterkammer Wien. Die Stadt Wien will mit einem Notfallpaket gegensteuern.

Anbieter für Anbieter erhöht derzeit die Preise für Strom und Gas. Nachdem Verbund die Preise im Mai deutlich erhöht hat, war der Aufschrei groß – hat der Stromkonzern doch gleichzeitig Extraprofite in Milliardenhöhe verzeichnet. Jetzt zieht auch Wien Energie mit den Preisen für Fernwärme nach. Ab Herbst sollen diese um 92 Prozent steigen, so die Ankündigung von Wien Energie. Im Schnitt bedeutet das für die Kund:innen etwa 45 Euro mehr pro Monat.

Begründet wird der hohe Anstieg mit den explodierenden Gaspreisen. Anders als der Energiekonzern Verbund, der 96 Prozent des Stroms aus günstiger erneuerbarer Energie bezieht, wird ein Großteil der Fernwärme immer noch mit Erdgas produziert. Nur ein Drittel kommt aus erneuerbaren Quellen wie Geothermie oder aus Abfall (letzteres wird nur zu 55 Prozent als erneuerbar gewertet). Sie sind somit sehr abhängig von Gas, das ihre Kosten in die Höhe treibt. “Allein seit Juni 2021 ist der österreichische Gaspreisindex um mehr als 420 Prozent gestiegen. Dazu kommt die allgemeine Teuerung, etwa auch stark steigende Baukosten, die die Fernwärme zusätzlich stark treffen”, erklärt Wien Energie-Sprecherin Lisa Grohs. Massive Gewinneinbrüche sind zu erwarten.

Arme Haushalte besonders betroffen

Doch dass die Kosten in diesem Ausmaß an die Kund:innen weitergegeben werden, stößt auf breite Kritik. Zwar müssten noch die konkreten relevanten betrieblichen Unterlagen, die im Rahmen des Verfahrens zu Preiserhöhung vorzulegen sind, abgewartet werden, um eine finale Einschätzung abgeben zu können, wie Energie-Expertin Dorothea Herzele von der AK Wien sagt. Aber fest steht, dass die Auswirkungen dramatisch sein werden.

“Eine Verdoppelung der Preise ist einfach eine enorme finanzielle Belastung für viele Menschen. Die Leute sind jetzt schon mit sehr hohen Preisen konfrontiert, was etwa die Lebensmittelpreise, Strompreise oder Mieten betrifft. Wenn sich die Fernwärme jetzt verdoppelt, ist das schlicht für viele nicht machbar”, sagt AK-Energieexpertin Herzele gegenüber Kontrast.

Denn die Hälfte der Menschen, die mit Fernwärme heizen, liegen in den ersten vier Einkommensdezilen, erklärt sie. “Es betrifft somit Menschen, die schon jetzt die Lebenshaltungskosten kaum stemmen können. Diese könnten den Kosten nur ausweichen, indem sie im Winter aufs Heizen verzichten”, so Herzele.

Insgesamt beziehen mehr als 420.000 Haushalte Fernwärme, die in der Müllverbrennungsanlage Spittelau und den Kraftwerken Donaustadt und Simmering produziert wird. Davon sind 258.000 Haushalte direkt von dieser Erhöhung betroffen, weil sie einen direkten Vertrag mit Wien Energie haben. Bei anderen Kunden, die etwa Großkundenverträge haben, steht ein Dritter – z.B. Bauträger – dazwischen: Dort wurden die Preise teilweise schon erhöht, wobei aufgrund der Intransparenz bei der Fernwärme die Höhe nicht genau bekannt ist, wie vonseiten der AK bedauert wird.

Preiskommission soll klären, ob Erhöhung gerechtfertigt ist

Dass es zu einer Erhöhung der Fernwärme-Rechnung im Herbst kommt, ist aufgrund der allgemein steigenden Preise kaum zu vermeiden. Doch ob das Ausmaß der Erhöhung gerechtfertigt ist, wird im Rahmen von Verhandlungen mit der AK Wien, der Wirtschaftskammer Wien sowie der Landwirtschaftskammer Wien noch diskutiert. Sie alle sitzen in der Preiskommission, die den Antrag auf Preiserhöhung von Wien Energie prüfen wird. Am Ende muss auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zustimmen. Dieser kann ablehnen, wenn u.a. die Erhöhung deutlich über der allgemeinen Preiserhöhung in diesem Wirtschaftszweig liegt – dies gilt es zu überprüfen.

Allerdings könnten auch andere sachliche Gründe dazu führen, dass die Erhöhung abgeschwächt wird, wie Herzele von der AK erklärt, die auch in der Preiskommission sitzt. Ein solcher Grund könnte etwa sein, wenn die Erlöse von Wien Energie die steigenden Kosten relativieren. Immerhin sind die Wiener Stadtwerke – zu denen Wien Energie gehört – am Verbund beteiligt und haben somit von deren Gewinnausschüttung profitiert.

“Leider können wir dem Verfahren nicht vorgreifen und in die Details gehen”, teilt Wien Energie auf Kontrast-Nachfrage mit. Die genaue Berechnung werde der Preiskommission im Verfahren offengelegt. Die 92 %ige Erhöhung ergebe sich jedenfalls daraus, “was Wien Energie als Unternehmen braucht, um die Fernwärme wirtschaftlich zu betreiben.”

Zum Vergleich, die etwas größeren Stadtwerke München haben die Fernwärmepreise kürzlich um durchschnittlich 116 Prozent erhöht.

Notfallpaket bringt automatisch 200 Euro für Mindestsicherungsbezieher

Die Stadt Wien verweist ebenfalls auf die kommenden Verhandlungen. Die Preiskommission sei jetzt gefordert, abzuklären, „in welcher Dimension diese Erhöhung gerechtfertigt ist“, teilte Stadtrat Hanke mit. Um der Belastung entgegenzuwirken, hat Wien ein Notfallpaket in Höhe von 125 Millionen Euro beschlossen. Ab Juni bekommen Personen, die Mindestsicherung, Arbeitslosengeld oder Wohnbeihilfe beziehen, automatisch 200 Euro überwiesen, Alleinerziehende 100 Euro.

Michael Ludwig (SPÖ) kündigt umfassende Entlastungsmaßnahmen gegen den kommenden Heizkostenanstieg an. © C. Jobst/PID

Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen geplant. Im Rahmen des Fernwärme-Unterstützungspakets soll etwa die Wiener Energieunterstützung deutlich aufgestockt werden:

„Ausgeweitet wird sowohl der Umfang des BezieherInnenkreises als auch der finanzielle Zuschuss für KundInnen. Damit soll die zusätzliche Kostenbelastung von FernwärmebezieherInnen weitgehend abgefedert werden“, kündigt Bürgermeister Michael Ludwig an.

Wien Energie will hingegen die Mittel für die Ombudsstelle aufstocken, die in Kooperation mit Sozialeinrichtungen wie Caritas, Rotes Kreuz oder Volkshilfe bei Härtefällen mit individueller Betreuung und Unterstützungsplänen hilft. Außerdem sind Ratenzahlungen und Stundungsvereinbarungen möglich. Langfristig will man von Gasimporten unabhängig werden, bis 2040 soll Fernwärme klimaneutral sein. In den Gasausstieg investiert Wien Energie deshalb in den nächsten fünf Jahren eine Milliarde Euro, etwa in Großwärmepumpen und Geothermie.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1784 Stimmen
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    1784 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 475 Stimmen
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    475 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 368 Stimmen
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    368 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 286 Stimmen
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    286 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 150 Stimmen
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12. März 2024
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Lena Krainz

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