Fotos von blutigen Messern und Fotomontagen von finsteren Kapuzenmännern – das FPÖ-nahe Magazin Wochenblick kennt vor allem ein Thema: Neben Attacken auf den ORF, Falter, Merkel und die EU dreht sich die Welt des blauen Blattes vor allem um kriminelle Migranten. Wir haben 100 Beiträge und die Resonanz der Leser analysiert. Fazit: 94 % der Facebook-Teilungen werden über das Migrationsthema erzeugt. Seriös ist das Medium nicht, denn viele der Artikel sind falsch und Verbrechen aus aller Welt werden in Österreich angesiedelt.
In der Redaktion des Wochenblick sitzt ein Mitglied der sogenannten Identitären, ansonsten pflegt man den personellen und inhaltlichen Austausch mit der FPÖ. Das schlägt sich schon bei der Themenauswahl nieder, es geht vor allem um Migranten. Verbreitung findet die blaue Print-Zeitung aus Oberösterreich vor allem auch auf Facebook. Wir wollten wissen, welche Inhalte von der FPÖ-Familie verbreitet werden und welchen Anklang finden. Dafür wurden 100 Wochenblick-Artikel untersucht, die zwischen 30. Oktober und 15. November auf Facebook gepustet wurden, um herauszufinden: Wie seriös ist das Medium? Hier sind die Ergebnisse im Überblick.
Schon die Nachrichtenauswahl macht klar, was die blaue Welt im Innersten zusammenhält. Wie die Grafik zeigt, nimmt das Migrations-Thema mit Abstand am meisten Raum ein. Vorzugsweise in Kombination mit Kriminalität und Gewalt. 46 Prozent der Artikel, also gut die Hälfte des Inhalts, kreisen um das Thema Migration, 29 % kombinieren Migration mit Kriminalität:
Der Rest des Inhalts ist ein wildes Potpourri aus Nebensächlichkeiten. Perchtenlauf in Gmunden, Japaner heiratet Hologramm-Prinzessin, welche Künstler sind nicht heimat-treu (alle Rapper, Rainhard Fendrich, Herbert Grönemeyer, Staatskünstler usw.). Die Welt des Wochenblick kennt keine Probleme wie zu niedrige Gehälter, den 12-Stunden-Tag oder überteuertes Wohnen. In der Welt des Wochenblick sucht niemand nach Lösungen für das Pflege-System, es gibt kein Problem mit dem Überschreiten der Wahlkampfkosten, kein Frauenvolksbegehren, keinen BVT-Skandal.
Der Wochenblick reduziert das Leben in Österreich auf den täglichen Kampf auf der Straße und die rohe Gewalt. Verziert werden die Texte mit reisserischen Photoshop-Fake-Bildern. Häufig wird ein finsterer Kapuzenmann in ein echtes Foto geklebt und dabei Gewalt-Action vermittelt. Raus kommen dabei irre anmutende Bilder mit immer wiederkehrenden Motiven wie:
Nun gibt es in Österreich aber viel zu wenig Kriminalität, um den sonst so blutleeren Wochenblick zu füllen. Das Problem umschifft die Redaktion, indem sie Tag für Tag Kriminalfälle aus der ganzen Welt zusammenträgt. Dass sich die martialisch beschriebenen Kriminalitätsfälle gar nicht in Österreich zugetragen haben, verschweigt das Medium in den Facebook-Postings ganz gezielt.
Die Fake-Bild-Sprache dabei bleibt ist deutlich wie bei allen Beiträgen: Blonde Opfer, dunkelhäutige Täter. Meist werden lokale Zeitungsberichte abgeschrieben, die Überschriften werden mit heimtückisch, besonders grausam, oder äußerst brutal gewürzt. Autoren und Grafiker sind mit viel Herz und Liebe zum Detail bei der Sache.
Es muss täglich mit brachialer Schreibgewalt ein dystopisches Bild unserer Gesellschaft gezeichnet werden, die Opfer sind dabei nicht zuletzt die irregeführten Konsumenten der Facebook-Postings des Wochenblick.
Ein sehr eindeutiges Bild ergibt die Analyse der Facebook-Shares durch die Leserschaft:
Im Untersuchungszeitraum entfielen ganze 94 % aller Teilungen auf Facebook nur auf Beiträge zum Thema Migration. Und über die Hälfte dieser Teilungen kam zustande, wenn das Thema Migration mit Kriminalität in Verbindung gebracht wurde. Nicht viel anders verhält es sich mit den Likes für die Beiträge. 87 % aller Wochenblick-Likes entfallen auf Inhalte mit Migration.
Artikel wie Weil er keine Frau erhält: Ausländer dreht durch werden über 4.000 mal geteilt, EU lockt Migranten mit Prepaid Karten 2.800 mal.
Dass die Emotionalisierung mit Gewalt besonders geut funktioniert, weiß man in der Redaktion, wie eine Analyse der Agentur Spinnwerk festgestellt hat. Analysen und Auswertungen zeigen, dass die Wochenblick-Leser vor allem mit dem Wut-Emotivon reagieren.
Alle anderen Themen kommen bei der Leserschaft nicht wirklich an. So wird etwa ein wirtschaftspolitischer Artikel, der einen neuen Standort eines großen Futtermittelherstellers thematisiert, kein einziges Mal geteilt und von nur vier Personen geliket. Ein Bericht über den „luftgeselchten Pfarrer“ von St. Thomas erhält 15 Likes, 1 Teilung. Der Bericht über Oberösterreichs „Missen-Macherin“ schafft gerade mal 14 Likes und 1 Teilung.
Auch die Blut-und Bodentreue und Liebe zur Heimatscholle hat es noch nicht wirklich von der Redaktionsstube in die Herzen der Leser geschafft. Der Bericht über den Fund von geheimnisvollen Gräbern und Bärentatzen in Hallstatt interessiert die Wochenblick-Leser nicht und erhält lediglich 43 Likes und 6 Teilungen. Schwach auch die Resonanz auf den Beitrag Das heimische Naturjuwel Schieder-Weiher wurde zum schönsten Herrgottswinkel Österreichs gekürt: 57 Likes, 8 Teilungen, ein grantelnder Kommentar. Ohne Photoshop-Kapuzenmann keine Reichweiten.
Da die Berichterstattung nicht seriös ist und die Leser in die irre führt, rügte der Presserat schon mehrmals den Wochenblick. So zum Beispiel wegen seiner Berichterstattung über Flüchtlinge in Schweden. Das unabhängige Gremium bemängelte etwa, dass das Magazin seine Leser „auf geradezu systematische Art und Weise getäuscht“ hat. Die Autorin setze laut Presserat auf „Alarmismus und Angstmache“, die Artikel hätten „mit professionellem und verantwortungsvollem Journalismus nichts gemein“.
Außerdem wurden verschiedene Artikel vom Presserat als „maßlos übertrieben, willkürlich aufgebauscht und zum Teil auch absichtlich falsch“ bezeichnet. Auf „korrekte seriöse Recherche“ oder gar „Check und Re-Check“ sei verzichtet der Wochenblick, denn die Autorin „wollte Panik verbreiten sowie Ressentiments und Vorurteile gegenüber Migranten schüren“, lautet der Befund des Presserats. Das Urteil des Presserates scheint die Regierung aber wenig zu kümmern. Schließlich finanziert sie das Magazin mit Inseraten aus Steuergeld.
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