Den Verkauf von Hanfsamen und -pflanzen will die Regierung gänzlich verbieten, die Strafen für den Konsum von Gras sollen erhöht werden. International geht der Trend in die andere Richtung: In immer mehr Staaten wird der medizinische Gebrauch von Cannabis oder sogar das Kiffen legalisiert. In den USA wächst das Geschäft mit dem Kraut für Produzenten und den Staat. Österreich könnte jährliche Steuern von 200 Mio. Euro einnehmen.
Im Regierungsprogramm finden sich nur vage Formulierungen zur Drogenpolitik der neuen Regierung. Jetzt sickern drei konkrete Vorhaben durch:
Seit 2010 produziert die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) jährlich 250 Kilo Marihuana und gewinnt daraus THC und andere Cannaboide für Medikamente. Obwohl weltweit im Einsatz, soll in Österreich neu geprüft werden, ob die Medikamente tatsächlich wirken. Erste Wirtschaftstreibende verlassen bereits das Land,
2017 wurde in Österreich mit 34.686 Anzeigen wegen Cannabis-Vergehen ein neuer Rekord in der Strafverfolgung aufgestellt. Jetzt sollen die Strafen zusätzlich erhöht werden.
In Österreich gibt es etwa 200 sogenannte „Growshops“. Das sind kleine Geschäfte, die Hanfpflanzen und Hanfsamen anbieten. Dazu kommen Landwirte, die Hanffelder bewirtschaften. Der größte legale Cannabis-Produzent hat mittlerweile angekündigt, seinen Betrieb nach Italien zu verlegen.
In Österreich darf Marihuana in Pflanzenform nicht einmal medizinisch eingesetzt werden. Erlaubt sind nur synthetische Extrakte aus den Pflanzen, also Präparate mit den Inhaltsstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) oder Cannabidiol (CBD). In vielen europäischen Staaten wie Belgien, Spanien, Portugal, Tschechien oder den Niederlanden ist Cannabis inzwischen teilweise legal oder wenigstens entkriminalisiert. In Deutschland gibt es bereits Cannabis auf Rezept: Schwerkranke Menschen können dort sogar auf Kassenkosten Cannabis als Medizin – vor allem im Schmerzmittelbereich – erhalten.
Auch in den USA rücken immer mehr Bundesstaaten von dem Verbot ab. Inzwischen ist der Marihuana-Konsum in neun Bundesstaaten erlaubt, zuletzt legalisierte ihn am 1. Juli 2018 Vermont. Eine Mehrheit aller Bürger in den USA ist inzwischen für die grundsätzliche Legalisierung.
Mit ein Grund für die Liberalisierung sind häufig auch wirtschaftliche Überlegungen. Der Bundesstaat Washington etwa nahm im Steuerjahr 2017 satte 315 Millionen Dollar aus dem Cannabis-Sektor ein, das waren um 93 Millionen mehr als durch den Umsatz mit Alkohol-Produkten. Im gleichen Jahr setzte der US-weite Cannabis-Markt etwa 7 Milliarden USD um. Bis 2021, so rechnen Experten, wird er einen Umsatz auf 15 Milliarden Dollar steigen.
Erwartete Steuereinnahmen von 400 Millionen Dollar dürften auch Kanada dazu bewogen haben, 2018 den Gras-Konsum zu legalisieren. Anhand des geschätzten Verbrauchs und der möglichen Steuern auf Cannabis-Produkte werden für Österreich mögliche Steuereinnahmen von bis zu 200 Millionen geschätzt.
Das Cannabis-Verbot ist historisch gewachsen, baut aber nüchtern betrachtet auf keinem schlüssigen Argument auf. Das Verbot geht auf den US-Minister Harry Anslinger zurück. Er kümmerte sich 1929 um die Prohibition, das Verbot von Alkohol. Das Verbot war ein erfolgloses Desaster und Nährboden für das Aufkommen des organisierten Verbrechens in den USA. Als die Prohibition gestoppt wurde, hatte das Ministerium Anslingers seine Aufgabe verloren.
Zur selben Zeit gab es einen spektakulären Kriminalfall in Florida. Ein Junge hat seine Familie mit einer Axt getötet – mutmaßlich hatte er zuvor auch Marihuana konsumiert. Beweise dafür gab es nie, in der Familie des Täters gab es jedoch mehrere Fälle von psychischen Erkrankungen. Anslinger, der zuvor Cannabis als ungefährlich bezeichnet hatte, nutzte die Gunst der Stunde: Er behauptete, unter den Einfluss von Cannabis falle man in eine „deliriumsartige Wut“ und man verliere „die Fähigkeit, Gedanken zu verknüpfen“ und ende schlussendlich im „Wahnsinn“. Er kampagnisierte erfolgreich für das Marihuana-Verbot und gab seinem Ministerium damit wieder eine Existenzberechtigung.
Später stellte sich heraus, dass Minister Anslinger 30 führende medizinische Wissenschaftler um eine Einschätzung hinsichtlich des Gefahrenpotentials von Cannabis gebeten hatte: 29 davon hielten den Stoff für ungefährlich.
1947 geht Anslinger in die UN-Drogenkommission und forcierte das weltweite Verbot des Cannabisanbaus, welches schließlich in Form des Einheitsabkommens über die Betäubungsmittel 1961 festgeschrieben wurde. In weiterer Folge verbreitete sich das Cannabisverbot auf der ganzen Welt – auch unter kräftigem Mitwirken der Tabak- und Alkohol-Lobby.
Die Diskussion zur Legalisierung des Konsums gibt es mitlerweile seit Jahrzehnten.In Deutschland hat sich in diesem Jahr auch der Chef der deutschen Polizeigewerkschaft (Bund Deutscher Kriminalbeamter) zu Wort gemeldet und befürwortet die Legalisierung des Konsums:
„Es gab in der Menschheitsgeschichte noch nie eine Gesellschaft ohne Drogenkonsum, das muss man schlicht akzeptieren,“ sagt der deutsche Polizistenchef André Schulz.
Rauschmittel, so Schulz, sind Teil der meisten menschlichen Kulturen. Probleme bereiten auch nicht die Konsumenten, sondern schlechtesten Falles die mafiösen Strukturen, die sich an Handel und Verkauf der Subsanzen bereichern. Das gesetzliche Verbot spielt den Kriminellen dabei in die Hände. Polizei und Gerichte wiederum sind mit Fällen überlastet, bei denen Konsumenten beim Rauchen eines Joints erwischt wurden.
Die deutsche Polizeigewerkschaft zeigt Alternativen auf. Sie ist der Meinung, dass es bessere Möglichkeiten als die Repression gebe: Mehr Hilfe für wirklich Suchtkranke und einen besseren Kinder- und Jugendschutz. Cannabis könnte unter legale Suchtmittel wie Alkohol und Nikotin eingereiht werden. Von der Gesellschaft akzeptiert, aber nicht unkontrolliert.
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