Verteilungsgerechtigkeit

Milliarden-Hilfen im Dunkeln: Auch von neuen Corona-Geldern soll niemand wissen, wer sie bekommt

Noch nie wurde so viel Steuergeld an Unternehmen ausgeschüttet wie in der Corona-Krise. Über 31 Milliarden Euro berichtete Finanzminister Blümel dem Parlament in einem nur 55 Seiten fassenden Papier. Doch wer davon wie viel bekommt, bleibt weiter im Dunklen. Auch die neuen Förderungen, die für die gesamte Dauer der Pandemie gelten sollen, werden ohne Transparenz vergeben. Es kommt der Verdacht auf, dass es der Wunsch der ÖVP ist, die Gewinne bestimmter Branchen aus Steuergeldern zu finanzieren.

Nicht einmal das Parlament hat Kontrollrechte bei der Vergabe der Steuergelder. Seit März kritisiert die Opposition, dass Milliarden hinter verschlossenen Türen vergeben werden, im November hat auch der unabhängige Budgetdienst des Parlaments diese Intransparenz bei den Corona-Hilfsgeldern beanstandet. In der Zwischenzeit hat die Regierung ein Covid-19-Transparenzgesetz vorgelegt. Damit will sie auf die Kritik reagieren, die großen Brocken der Covid-Hilfsgelder bleiben davon aber ausgenommen. Finanzminister Blümel berichtete dem Parlament über die bisher ausgeschütteten oder fix zugesagten Hilfszahlungen in einem nur 55 Seiten fassenden Dokument. Darin wird die Vergabe von 31 Milliarden Euro begründet – auf einer A4 Seite klärt Blümel also im Schnitt über die Verwendung von 600 Millionen Euro Steuergeld auf. Die Kreditgarantien fassen 6 Milliarden Euro und werden überhaupt nur auf zweieinhalb Seiten argumentiert.

Mehr Transparenz kommt bei Gemeinden, Vereinen und Einpersonenunternehmen

Das liegt auch daran, dass die Transparenzregeln überwiegend Hilfen für Vereine, NGOs und Einpersonengesellschaften, die im Schnitt 1.200 Euro bekamen, betreffen. Berichten müssen die Minister künftig darüber, welche Projekte in welchen Gemeinden Österreichs mit wie viel Geld gefördert werden. Diese Angaben sollen ab 1. Jänner öffentlich abrufbar sein. Außerdem bekommen die Abgeordneten Informationen über den NPO-Unterstützungsfonds (Non-Profit-Organisations-Fonds für Vereine und NGOs) und den Härtefallfonds. Die Ausgaben für Corona-Kurzarbeit – wie viele Unternehmen werden unterstützt und wie viele Arbeitnehmer sind betroffen – werden aufgeschlüsselt nach Branchen, Unternehmensgröße und Bundesland – nicht aber nach Unternehmen.

Hinter dem Vorhang bleiben aber die Gelder, die über die Cofag abgewickelt werden. Über die Finanzierungsagentur Cofag werden Haftungen, der Fixkostenzuschuss und der Umsatz-Entgang für Unternehmen abgewickelt. Die Regierung hat die Cofag extra als GmbH gegründet und damit der parlamentarischen Kontrolle entzogen. „Nicht ein einziger Cent davon wird transparent gemacht. Wohin das Steuergeld fließt, weiß die Öffentlichkeit nicht“, schreibt der ORF-Journalist Martin Thür auf Twitter.

Auch „Ausfallsbonus“ bleibt geheim

Auch der am 17. Jänner präsentierte „Ausfallsbonus“ wird von der Cofag ausgeschüttet und bleibt damit geheim. Mit dieser Förderung erhalten Unternehmen bis zu 30 Prozent ihres Umsatzrückganges im Vergleich zum Vorjahre erstattet. Pro Monat jedoch höchsten 60.000 Euro.

Regierung verweigert Auskunft über Haftungen und Direktzahlungen

Schon bisher wurde jede Anfrage, welche Unternehmen welche Wirtschaftshilfe erhalten, von der Regierung abgelehnt. Die ORF-Redaktion dürfte gegen diese Auskunftsverweigerung nun sogar beim Verwaltungsgericht vorgehen, wie Martin Thür auf Twitter bekannt gab. Schließlich sind öffentliche Organe verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Auch bei parlamentarischen Anfragen verweigert die Regierung Auskunft zu den Cofag-Hilfen: Wie viele Haftungen bereits übernommen wurden und welche Direktzahlungen geflossen sind, will Finanzminister Blümel nicht beantworten. Stellt sich die Frage: Was hat die Regierung oder der Finanzminister zu verbergen?

Bereits seit längerem wird kritisiert, dass die Finanzhilfen der Regierung nicht treffsicher sind. So fließen Steuergelder zu den reichsten Österreichern, die sich dennoch mitten im Krisenjahr Millionen Dividenden ausgeschüttet haben. Multi-Milliardäre wie Novomatic-Gründer Johannes Graf und Rene Benko können 2020 ihre Gewinne mit Hilfsgeldern finanzieren, anstatt mit ihrem Vermögen Hilfsgelder mitzufinanzieren – für jene, die es wirklich brauchen. Transparenz würde sicherstellen, dass die Hilfen aus Steuermitteln nicht die Gewinne der Eigentümer finanzieren, sondern das Überleben von Betrieben sichern.

Auch SPÖ-Chefin Rendi-Wagner fordert seit Monaten: „Wer Staatshilfen erhält, darf keine Boni oder Dividenden zahlen, keine Steuervermeidung betreiben und muss Arbeitsplätze sichern.“ In wie vielen Fällen das nicht der Fall ist, hält die Regierung geheim.

Nicht das Überleben, sondern Gewinne werden finanziert

Es scheint der Wunsch der ÖVP zu sein, die Gewinne bestimmter Branchen aus Steuergeldern zu finanzieren – hinter verschlossenen Türen. Hoteliers etwa dürfen sich laut Berechnungen des Momentum Instituts im November und Dezember über eine „Überförderung“ freuen: Die Hilfsgelder sind so angelegt, dass große Häuser ihren regulären Gewinn von 10 auf 20 Prozent des Umsatzes steigern könnten.  Schaut man sich die Spender der ÖVP aus den letzten Wahlkämpfen an, ist klar: Die Liste der Hoteliers ist lang – vor allem im Luxussegment. Auch bei Baumärkten oder Möbelhändlern wie Benkos Kika/Leiner-Gruppe sichern die Hilfsgelder weniger das Überleben, sondern vor allem die Gewinne. Viele Betriebe könnten im November und Dezember die finanziell besten Monate aller Zeiten erleben  – ohne überhaupt geöffnet zu haben. Selbst der Budgetsprecher der Grünen spricht in einer Aussendung von einer „Überförderung“ beim Umsatzentfall, wenn die Kurzarbeit nicht gegengerechnet wird.

Wer profitiert von Corona? Wirtschaftshilfen bleiben intransparent

Arbeitnehmer und Konsumenten zahlen zwar 90 Prozent der Kosten, dürfen aber nichts über die Verteilung ihres Geldes wissen. So gerne die Regierung kommuniziert und Pressekonferenzen gibt, wer wieviele Milliarden Euro Steuergeld bekommt, dürfen nicht einmal die demokratisch gewählten Volksvertreter erfahren.

Dass es auch anders geht, zeigen die Niederlande: Dort ist für alle öffentlich einsehbar, welches Unternehmen wie viel Geld bekommt. Das hält der AK-Ökonom Markus Marterbauer für wesentlich, wenn man die Unterstützung der Steuerzahler möchte: „Wir brauchen öffentliches Wissen und Transparenz darüber, wer wie viel bekommen hat. Es kann nicht sein, dass die SteuerzahlerInnen Milliarden an große Unternehmen geben und sie sind nicht einmal darüber informiert, wer das Geld bekommt.“

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1787 Stimmen
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    1787 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 477 Stimmen
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    477 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 368 Stimmen
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    368 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 286 Stimmen
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    286 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 151 Stimme
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    151 Stimme - 5% aller Stimmen
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12. März 2024
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Patricia Huber

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