Gesundheit & Leben

„Das Gesundheitspersonal ist am Limit“ – doch Türkis-Grün stockt Gesundheitsbudget nicht auf

Das Budget der Regierung sieht nach zwei Jahren Corona keine strukturelle Erhöhung im Gesundheitssystem vor. Das heißt: Eine Entlastung der Pfleger:innen und Ärzt:innen wird es mit dem Budget von ÖVP und Grünen nicht geben. Schon jetzt wollen viele ihren Job schmeißen, zu groß ist die Belastung. Der Gesundheitskasse fehlen alleine in diesem Jahr 200 Millionen Euro.

Mittlerweile befinden wir uns tief in der vierten Welle. In einigen Bundesländern drohen die Gesundheitssysteme zusammenzubrechen. Besonders in Salzburg und Oberösterreich ist die Lage an den Spitälern prekär. Doch nicht nur die Stationen – auch die Menschen, die sie betreiben, stehen vieler Orts vor dem Zusammenbruch. Pfleger:innen und Ärzt:innen sind unbestritten die Helden der Pandemie. Wir würden mehr von ihnen brauchen. Doch das Budget von ÖVP und Grünen gibt das nicht her. Man spart an der falschen Stelle.

Gesundheitsausgaben: Netto bleibt nichts

Auf den ersten Blick wirkt es, als gäbe es eine Erhöhung beim Gesundheitsbudget. Das vermeintliche „Plus“ entsteht aber zum einen aus pandemiebedingten Kosten, die keinen nachhaltigen Effekt haben. Die Kosten für Corona-Tests zum Beispiel. Zum anderen entsteht es durch die höheren Ersatzleistungen. Mit der Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für kleine Einkommen fehlt den Krankenkassen das Geld. Der Staat übernimmt zwar diesen Betrag, doch netto bleibt nicht mehr im System.

Für den Ausbau der Leistungen und der Spitäler, um beispielsweise Wartezeiten zur verkürzen und mehr Pflegekräfte anzustellen, gibt es kein Geld.

Nur für die Kinder und Jugendpsychiatrie werden mehr Mittel zur Verfügung gestellt. 13 Millionen. Zum Vergleich: Das gesamte Gesundheitsbudget liegt bei etwa 20 Milliarden.

Türkis-blau belastete das Gesundheitssystem schon vor Corona

Dabei waren die Krankenkassen schon vor der Pandemie stark belastet. Die türkis-blauen Fusion der Gebietskrankenkassen zur ÖGK kostete unserem Gesundheitssystem etwa 400 Mio. Euro. Dazu wurden der ÖGK Mehrkosten umgehängt: Pauschale Abgeltungen an private Spitäler zum Beispiel.

Dieses Jahr rechnen die Kasse mit einem Verlust von über 200 Millionen.

Mitarbeiter:innen überlastet – Corona hat Missstände verschärft, die es schon gab

„Jede zweite Pflegekraft denkt darüber nach, den Job zu wechseln. Und viele machen es auch, sie wechseln den Job oder schlittern ins Burnout und fallen lange aus.“, sagt Silvia Rosoli, Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Pflegepolitik der Arbeiterkammer. „Krankenhäuser können den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten, weil ihnen schlicht und einfach die Pflegekräfte fehlen, die die Arbeit machen.“

Corona ist nicht der Auslöser – sondern das Brennglas. Die Pandemie hat ein Problem befeuert, dass schon lange vor sich glimmt. Schon seit Jahren kennt man die Probleme in der Pflege. Seit Jahren gibt es viele Forderungen, um die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen der Pflege zu verbessern. Gewerkschaften, Arbeiterkammer und Ärztekammer haben dem Gesundheitsminister 2020 einen umfassende Forderungskatalog übergeben, der auch Sofortmaßnahmen zur unmittelbaren Entlastung der Beschäftigten enthält. Ins Budget haben es diese Forderungen nicht geschafft.

Das Gesundheitspersonal in Österreich ist am Limit.

Die Diplomkrankenpflegerin Alexandra Gferer und die Soziologin Natali Gferer haben nun für eine Studie mit über 2.400 Pflegekräften in Krankenhäusern gesprochen. Themen waren die Arbeitsbedingungen und das Belastungsniveau während der Corona-Pandemie. Von den Befragten gaben 86 Prozent an, dass sich die Arbeitssituation stark oder sogar sehr stark verschlechtert hat. 85 Prozent sind psychisch belastet, leiden an Stress, Angstzuständen und Schlaflosigkeit. Körperlich macht sich die Überlastung mit Erschöpfung oder sogar Schmerzen bemerkbar.

Pflege-Bedarf steigt – Gesundheitsausgaben stagnieren

Dazu kommt, dass der Bedarf an Pflege steigt. Die Gesellschaft altert. Doch auch das findet sich im Budget nicht wieder. Die Kosten werden lediglich um die Inflation angepasst. Mehr Personal gibt es damit nicht. Doch die Stellen könnten derzeit sowieso kaum besetzt werden, es gibt zu wenige Fachkräfte. Für die Ausbildung von Pflegekräften finden sich 50 Millionen Euro im Budget, deren Verwendung aber selbst im zuständigen Ausschuss noch unklar bleibt. Zu wenig finden Expert:innen und Opposition:

„Die paar Millionen, die Sie für einen Ausbildungsfonds reinbringen, ist zu wenig. Das Gesundheitspersonal ist am Limit, der Notstand beim Personal ist mittlerweile größer als bei den Betten. Das ist durch diese Politik verursacht“, sagt SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch in seiner Rede zum Budget.

Eine nachhaltige und umfassenden Sanierung der Pflege kostet 1,7 Milliarden Euro errechnete die Arbeiterkammer. Mit einer „Gesundheitsmilliarde“ wäre auch das Gesundheitssystem nachhaltig aufgestellt. Gefordert hat die der ehemalige Kanzler Sebastian Kurz im Wahlkampf. Gekommen ist sie nicht.

Die Corona-Wellen in Österreich im Überblick

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1489 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1489 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 384 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    384 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 13%, 316 Stimmen
    13% aller Stimmen 13%
    316 Stimmen - 13% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 223 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    223 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 111 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    111 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2523
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Jakob Zerbes

Neue Artikel

Andreas Babler’s Herz und Hirn Rede: Hier sind seine 24 Ideen für Österreich

Am 27. April hielt SPÖ-Chef Andreas Babler in Wieselburg seine "Herz und Hirn"-Rede. Darin präsentierte…

27. April 2024

Industriellenvereinigung fordert 41-Stunden-Woche und weniger Feiertage

Mehr arbeiten bei gleichem Lohn: Die Industriellenvereinigung fordert eine 41-Stunden-Woche. Zusätzlich sollen auch noch Feiertage…

26. April 2024

SPÖ-Chef Andreas Babler will gratis Öffis für alle unter 18

SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler präsentiert am Samstag in seiner „Herz-und-Hirn“-Rede 24 Projekte, die Österreich wieder gerechter…

25. April 2024

ÖVP gegen EU-weites Grundrecht auf Abtreibung

Das EU-Parlament hat das Recht auf Abtreibung zum Grundrecht erklärt - gegen die Stimmen der…

25. April 2024

Die FPÖ in Brüssel: Gegen Mindestlöhne, Lohntransparenz und bessere Arbeitsbedingungen

Das Europäische Parlament hat in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen…

25. April 2024

ÖVP für mehr Überwachung: Geheimdienste sollen im Messenger mitlesen dürfen

Die ÖVP will mehr Befugnisse für die Geheimdienste, sie soll auch die Nachrichten in den…

24. April 2024