Eine Initiative von Sozialministerium, gemeinnützigen Bauvereinigungen und der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe will bis September 2024 rund 1.000 obdachlose Menschen von der Straße holen. Dafür steigt Österreich auf das Erfolgskonzept „Housing First“ um. Die Grundidee ist einfach: Obdachlose Menschen erhalten zuallererst eine eigene Wohnung – ganz ohne Bedingungen. 4 von 5 Menschen finden so wieder zurück in die Gesellschaft.
Österreich gehört zu den 10 reichsten Ländern der EU und dennoch haben über 20.000 Menschen kein Zuhause. Sie sind obdachlos und leben auf der Straße. Tagein, tagaus kämpfen sie ums Überleben, insbesondere, wenn es draußen wieder kalt wird. Um diesen Menschen langfristig zu helfen, steigt Österreich jetzt auf das Erfolgsmodell „Housing First“ um. Expert:innen fordern dies schon lange: So hat Finnland mit dem Modell die Obdachlosigkeit in den letzten 10 Jahren drastisch reduziert.
Das Sozialministerium will mit der Initiative „Housing First Österreich – zu Hause ankommen“ über 1.000 obdachlosen Menschen langfristig ein neues Zuhause bieten. Statt in Notunterkünften oder Übergangslösungen sollen sie eine eigene Wohnung samt Mietvertrag erhalten.
Bis September 2024 sollen hierfür 512 leistbare Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen zur Verfügung gestellt werden. Geleitet wird das Projekt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO).
Die Kosten für Finanzierungsbeiträge, Umzug und Kaution werden mit rund 6,6 Millionen Euro durch das Sozialministerium gefördert. Miete und Nebenkosten bezahlen die ehemals obdachlosen Menschen selbst.
Sozialarbeiter:innen werden Betroffene bei Bedarf begleiten und betreuen. Sie helfen etwa bei persönlichen Krisen, finanziellen Angelegenheiten oder der Bewältigung des Alltags.
Der „Housing Frist Ansatz“ ist im Grunde genommen recht einfach: Obdachlose Menschen bekommen erst einmal eine eigene Wohnung – ganz ohne Bedingungen. Das heißt: Sie müssen keine Suchtprogramme absolvieren, keine therapeutischen Angebote nutzen und keinen Arbeitsplatz vorweisen. Das alles kann warten.
Der Ansatz geht davon aus, dass Menschen erst einmal Sicherheit und einen Rückzugsort brauchen. Erst dann fänden sie schrittweise zurück ins Leben und in die Gesellschaft. Das scheint zu stimmen, wie international Beispiele zeigen. Etwa in Finnland, Denver oder Houston. Studien zeigen, dass 4 von 5 ehemals obdachlosen Menschen so wieder zurück ins Leben finden.
Das Konzept ist eigentlich nichts Neues. Es wird von mehreren Organisationen bereits seit Jahren angewendet. Darunter etwa die Caritas Wien, die Obdachlosenhilfe Neunerhaus und diverse Frauenhäuser. Expert:innen fordern seit langem, dass auch die Regierung das Konzept stärker fördert.
Obdachlosen Menschen ein neues Zuhause zu geben, ist nicht nur menschlicher, sondern auch billiger. Denn dort, wo Menschen in Not sind, kommt es öfter zu Notfällen. Verletzungen, Zusammenbrüche, Übergriffe und Rettungseinsätze. Das fordert nicht nur die Polizei, das Gesundheits- und das Justizsystem, sondern kostet auch Geld.
Etwa 20.000 Menschen in Österreich haben kein Zuhause. Die Dunkelziffer ist wohl noch um einiges höher. Denn das System erfasst nur jene, die sich Hilfe suchen und registriert werden. Der Großteil von ihnen, fast 60 Prozent, lebt in Wien. Die Wiener Wohnwohnungslosenhilfe geht davon aus, dass davon knapp 4.000 jünger als 30 Jahre sind.
Es gibt viele Gründe für Obdachlosigkeit: Schicksalsschläge, Unfälle, Suchterkrankungen oder psychische Problem, um nur die dramatischen zu nennen. Doch es reicht auch weitaus weniger:
„Es braucht keinen Schicksalsschlag, um wohnungslos zu werden. Oft genügen Übergangsphasen: Ein junger Mensch, der aus dem Elternhaus herausmuss. Eine Trennung. Ein auslaufender Mietvertrag. Wer in solchen Situationen keinen Zugang zu einer leistbaren Wohnung hat, läuft Gefahr, wohnungslos zu werden”, erklärt Elizabeth Hammer, Obfrau der BAWO.
Kritiker:innen der Obdachlosenhilfe schieben oftmals dem einzelnen Menschen die Schuld für die eigene Obdachlosigkeit zu. Doch das wäre zu einfach. Denn auch die hohe Teuerung, die steigenden Mieten und die wenigen leistbaren Wohnungen tragen dazu bei, dass Menschen auf der Straße landen. Weil sie sich das Leben nicht mehr leisten können.
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