Bis ein T-Shirt in einem Geschäft in Österreich landet, hat es tausende Kilometer zurückgelegt, von der Baumwollproduktion über das Nähen und Einfärben bis zur Veredelung. Doch wer ist dafür verantwortlich, dass auf diesem Weg Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden? Derzeit niemand. Freiwillig schützen Konzerne weder Menschen- noch Arbeitsrechte. Ein Lieferkettengesetz kann das ändern!
Indische Buben, jünger als 6 Jahre, die Teppiche knüpfen – und dabei täglich Wollreste einatmen. Mädchen, die Zigaretten rollen. Indonesische ArbeiterInnen, die Felder mit Ölpalmen bewirtschaften und Herbizide einatmen – damit wir Palmöl in Keksen und Brotaufstrichen essen. Viel zu oft werden global gehandelte Güter unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert.
„Wir importieren Menschenrechtsverletzungen mit den Produkten, die es in unseren Regalen zu kaufen gibt“, kritisiert SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr. Wir konsumieren, was unter Ausbeutung hergestellt wurde. Müssen wir dann einfach anderes konsumieren? Die Verantwortung nur auf den Endverbraucher umzuwälzen, greift zu kurz – vielmehr müssen Konzerne in Produktion und Vertrieb ihrer Pflicht nachkommen. Denn sie entscheiden, wen sie womit beauftragen. Sie suchen Billigstanbieter und nehmen in Kauf, dass Menschen und Umwelt Schaden nehmen. Jeder Zulieferbetrieb ist Glied einer Kette – und genau hier setzen Initiativen für ein Lieferkettengesetz in Österreich an.
Eine Studie in der EU-Kommission zeigt, dass nur jedes 3. europäische Unternehmen seine Lieferketten mit Blick auf Menschenrechte und Umweltauswirkungen prüft. In mehreren Ländern gibt es daher Initiativen, Lieferkettengesetze zu beschließen.
Während Frankreich bereits 2017 ein entsprechendes Gesetz beschlossen hat und 2020 die Schweizer mehrheitlich für die Konzernverantwortungsinitiative gestimmt haben, gab es kürzlich auch in Deutschland die Einigung zu einem Lieferkettengesetz. Noch 2021 soll es auf EU-Ebene einen Entwurf geben.
Zwei Kampagnen setzen sich in Österreich für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in den globalen Lieferketten ein. Über 10 NGOs, die AK und der ÖGB rufen im Zuge ihrer Kampagne gemeinsam zur Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze“ auf. Auch die SPÖ unterstützt dieses Bündnis. Die Sozialdemokraten fordern, dass internationale Konzerne, die in Österreich Produkte verkaufen oder Dienstleistungen anbieten, ihre Lieferketten überprüfen müssen. Wenn diese feststellen, dass Menschen-, Arbeits- oder Umweltrechte missachtet werden, sollen sie handeln müssen. Betroffene sollen bei Schäden den Konzern vor österreichischen Gerichten klagen können – und es soll nicht nur zu Geldstrafen, sondern auch zur Beendigung öffentlicher Aufträge kommen.
Seit November 2020 läuft zudem die „Initiative Lieferkettengesetz Österreich“. Sie will ein Gesetz, das „Konzerne vor Ort zur Verantwortung zieht und einen nationalen Beitrag zur europäischen Debatte leistet„.
Für die billige und schnelle Produktion stark nachgefragter Güter wird auch der Umweltschutz ignoriert. Ein bekanntes Beispiel ist die Abholzung des Regenwaldes für Rindfleischimporte.
Obwohl sich 2010 etwa 400 Unternehmen freiwillig zur entwaldungsfreien Produktion verpflichtet haben, sind seitdem 1,1 Millionen km2 abgeholzt worden. Das ist mehr als die Fläche Österreichs, Deutschlands und Frankreichs zusammen.
Auch beim Abbau von Lithium, einem Leichtmetall, das in Handys und Elektroautos verbaut ist, entstehen in der Umwelt schwere Schäden. Diesen Rohstoff benötigen wir vor dem Hintergrund der Digitalisierung in Zukunft wohl in noch größerem Ausmaß. Es gibt zwar bereits umweltfreundlichere Abbaumöglichkeiten, doch Konzerne greifen lieber auf die billigere, extrem wasserintensive Variante zurück.
Das zeigt, dass profitorientierte Konzerne nicht von selbst auf das Wohl von Menschen und Umwelt achten. Auf freiwilliges Engagement zu hoffen, wird Ausbeutung nicht beenden. Ein Lieferkettengesetz nimmt Konzerne in die Pflicht, weil sie aus Eigeninitiative nichts ändern werden.
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