Der „Marshmallow-Test“ ist eines der bekanntesten Experimente. Jahrelang glaubte man, folgende Erkenntnis gewonnen zu haben: Kinder, die länger auf eine Belohnung warten können, sind später erfolgreicher – denn sie sind willensstark. Jetzt hat eine neue Studie den „Marshmallow-Test“ widerlegt. Ausschlaggebend für die Leistungen der Kinder ist nicht deren angebliche Willensstärke – sondern die soziale Lage ihrer Eltern.
Ein Kind sitzt in einem Raum, vor ihm wird ein Marshmallow platziert. Ein Forscher erklärt dem 4-Jährigen, dass er den Raum verlassen wird. Wenn er zurückkommt, verspricht er, darf das Kind den Marshmallow essen und bekommt sogar einen zweiten. Allerdings nur, wenn es den Marshmallow am Tisch noch nicht gegessen hat. Die Forscher zeichneten die Zeit auf, die die Kinder bereit waren, zu warten. Jahre später verglichen sie die schulische Leistung der damals 4-Jährigen. Die Forscher stellten fest: Je länger ein Kind damals gewartet hatte, desto erfolgreicher war es später. Man dachte also: Es gibt willensstarke und willensschwache Kinder. Ihr Erfolg ist also Ergebnis ihres Charakters, den sie schon als Kind haben.
US-amerikanische Forscher haben den Ergebnissen der 40-Jahre-alten Studie misstraut und die Versuche nochmal durchgeführt. Die neue Stichprobe war zehn Mal größer und besser durchmischt. Ihr Ergebnis war ein ganz anders: Nicht die Willenskraft eines 4-Jährigen bestimmt die späteren Leistungen, sondern die soziale Lage der Familie.
Arme Kinder warten seltener auf die zweite Süßigkeit. Sie haben Angst, dass es später nichts mehr geben könnte.
Das neue Team hat die Zusammensetzung der ersten Auflage des Experiments kritisiert. Walter Mischel führte die Tests zwischen 1968 bis 1974 mit nur 90 Kindern durch. Außerdem besuchten alle die Vorschule des Stanford Universitäts-Campus, kamen also alle aus privilegierten Verhältnissen.
In der Neuauflage des Experiments vergrößerten die Forscherinnen die Grundgesamtheit auf 900 Kinder. Sie achteten außerdem auf die soziale Durchmischung der Gruppe, damit diese für die Gesamtbevölkerung repräsentativ ist. Bei der Auswertung wurde auf soziale Aspekte wie Einkommen und Bildungsgrad der Eltern geachtet. Ansonsten blieb das Experiment gleich.
Die Neuauflage des Experiments zeigte: Kinder, deren Eltern einen Universitätsabschluss hatten, schnitten bei späteren Prüfungen ähnlich gut ab – egal, wie lange sie sich beim Marshmallow-Test zurückhalten konnte. Das Gleiche traf auch umgekehrt zu: Kinder von Nicht-Akademikern schnitten bei späteren Tests vergleichbar ab.
Gute Leistungen leiten sich also vom sozialen Status der Eltern ab. Und nicht von der Willensstärke.
Die neue Studie hat aber noch etwas gezeigt: Ärmere Kinder haben seltener auf den zweiten Marshmallow gewartet. Und das hat einen Grund: Für diese Kinder gibt es im täglichen Leben keine Garantien. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass Dinge, die gerade verfügbar sind, auch morgen noch vorhanden sind. Außerdem erleben sie häufiger, dass Versprechen nicht gehalten werden können – aus finanziellen Gründen. Geld, das ihre Eltern heute haben, ist morgen schon aufgebraucht. Die Kinder lernen, dass sie kurzfristig planen und konsumieren müssen. Und das ist in ihrer Situation auch vernünftig.
Das Umfeld, in dem Kinder aufwachsen, bestimmt also ihr Konsumverhalten und ihre spätere Leistungsfähigkeit stark. Unsichere finanzielle Verhältnissen in der Kindheit wirken sich bis ins Erwachsenenalter darauf aus, wie lange Belohnungen aufgeschoben werden können. Kürzungen im Sozialbereich verstärken diesen Effekt zusätzlich.
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