Schon 2021 griff der deutsche Staat der Kaufhauskette des Milliardärs René Benko unter die Arme. 680 Millionen Euro sind seither vom deutschen Steuerzahler an „Galeria Karstadt Kaufhof“ geflossen. In Österreich erhielt Benko für seine Firmen 10,2 Millionen von den Steuerzahlern. Jetzt will Benko erneut Karstadt-Filialen und Mitarbeiter abbauen und wieder Millionen vom deutschen Staat. Doch Gewerkschaft und Politik erwarten jetzt, dass sich Benko auch mit seinem eigenen Vermögen für seine strauchelnden Firmen einsetzt.
René Benko ist der 6. reichste Österreicher. Sein Vermögen wird auf knapp 5 Milliarden Euro geschätzt. Auch in den Corona-Krisenjahren machte der Milliardär gute Geschäfte: 2020 machte seine Signa Holding allein mit ihrem Immobiliengeschäft 800 Millionen Euro Gewinn, Benko zahlte sich eine Dividende von 100 Millionen Euro aus. 2021 kam die Immo-Sparte der Signa-Gruppe sogar auf einen Gewinn von netto 1,1 Milliarden Euro.
Wenn es gut läuft, wandern die Gewinne in Benkos Taschen. Doch was, wenn es in einer Tochtergesellschaft schlecht läuft? Dann werden Beschäftigte massenhaft entlassen und die Allgemeinheit soll für Schäden und Risiken haften. So wie bei der deutschen Warenhauskette „Galeria Karstadt Kaufhof“. Dort tauchen jetzt sogar Vorwürfe auf, dass Benko seine Warenhäuser selbst in die Pleite getrieben hat, um mit den Immobilien Geld zu machen. „Das miese Spiel“ nennt das die deutsche Bild-Zeitung und beruft sich auf geheime Unterlagen.
Aber von Anfang an: 2014 verleibte sich Benkos Signa die Kaufhauskette ein. 2019 fusionierten die beiden traditionsreichen Warenhäuser Karstadt und Galeria Kaufhof – unter dem Dach der Signa – zur „Galeria Karstadt Kaufhof GmbH“. Doch nur ein Jahr später brechen die Zahlen ein. Und seither muss laufend der deutsche Staat einspringen.
Im März 2020 forderte Benko, dass die Kette einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe bekommen sollte. Das Risiko dafür sollte zu 90 Prozent die Bundesrepublik übernehmen – und damit die SteuerzahlerInnen. Diesen Vorschlag machte man nicht, ohne eine indirekte Drohung auszusprechen: Ohne Kredit würden zigtausende MitarbeiterInnen ihre Jobs verlieren. Und das könne der Staat ja nicht wollen.
Die gewagte Forderung wurde nicht erfüllt. Im Juli 2020, wenige Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie, meldete der Konzern „Galeria Karstadt Kaufhof“ Insolvenz an. Und setzte 4.000 Beschäftigte auf die Straße. Man kündigte die Schließung von 62 Niederlassungen an – geworden sind es schlussendlich 41.
Also gab es Hilfe vom deutschen Steuerzahler. Und während die Signa mit ihren Immobilienfirmen Gewinne machte, sprang für die Kaufhauskette der Steuerzahler ein. Mit einem Darlehen in der Höhe von 460 Millionen Euro, um genau zu sein. Abgewickelt über den deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).
Das Vermögen des Milliardärs Benko wuchs weiter und wurde nicht angetastet, obwohl einer seiner Firmenzweige in einer tiefen Krise steckte.
Auch 2022 erhielt die Kette abermals Unterstützung. 250 Millionen waren es Anfang des Jahres. René Benko steigt mit dem Rettungsdeal gut aus: Nur 15 Prozent des nötigen Kapitals soll seine Signa-Gruppe beisteuern.
„Der Staatskredit ist aus meiner Sicht ein Skandal“, erklärt Martin Fassnacht, Handelsexperte von der WHU Otto Beisheim School of Management gegenüber dem deutschen „Handelsblatt“. Das Geld ist für die SteuerzahlerInnen verloren. „Bei dem wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens sehe ich nicht, wie sie dieses Geld jemals zurückzahlen können.“
Ähnlich sieht das der Einzelhandelsexperte Hendrik Schröder von der Universität Duisburg-Essen. Während kleine HändlerInnen viele Auflagen erfüllen müssen, um Staatshilfe zu erhalten, werden nun Warenhäuser bedient, die schon vor der Krise nicht gut aufgestellt waren. Etwa wegen schlechter Management-Entscheidungen und mangelhafter Anpassung an den Online-Wettbewerb.
Im Herbst 2022 wählt Benko erneut den Weg zum Insolvenzgericht und will erneut Filialen und Mitarbeiter abbauen. Das Filialnetz müsse „um mindestens ein Drittel reduziert werden“, hieß es. Derzeit betreibt Galeria mit 17.400 Mitarbeitern 131 Warenhäuser. Zum dritten Mal in knapp zwei Jahren will Benko wieder Geld vom deutschen Steuerzahler, obwohl schon 680 Millionen Euro geflossen sind.
Im Hintergrund wird Benko jetzt ein „mieses Spiel“ vorgeworfen: Kurz nach seinem Einstieg bei Karstadt soll Benko etliche Kaufhaus-Filialen verkauft haben. Die Folge: Die Kaufhaus-Kette musste ihre Handelsflächen zu überhöhten Preisen zurückmieten. Bis zu 58 Millionen Euro sollen die Filialen laut „Bild“ im laufenden Jahr an die neuen Immobilieneigentümer bezahlt haben. „Die Aussage, dass hohe Mietkosten dazu beigetragen haben, die Galeria Karstadt Kaufhof in die Insolvenz zu treiben, ist nicht korrekt“, weist ein Unternehmens-Sprecher die Anschuldigung auf „Bild“-Anfrage zurück.
Die deutsche Gewerkschafterin Stefanie Nutzenberger fragt sich jedenfalls, „wo der Eigentümer ist in dieser existenziell höchst bedrohlichen Situation für 17.400 Menschen und ihre Familien.“ Nutzenberger fordert eine starke finanzielle Beteiligung des Eigentümers Benko an der Rettung des angeschlagenen Warenhauskonzerns. „Da gibt es klare Erwartungen an den Eigentümer.” Die Gewerkschaft bekommt Rückendeckung von ungewöhnlicher Seite. Auch FDP Wirtschaftssprecher Houben meint, der Unternehmer Benko müsse sich diesmal mit einem größeren Beitrag aus seinem persönlichen Vermögen an der Rettung beteiligen, bevor der Staat erneut aktiv wird.
Außerdem fordert die Gewerkschaft ein Zukunftskonzept von Eigentümer und Management. „Die Beschäftigten haben viele konkrete Vorschläge für eine erfolgreiche Zukunft gemacht, die im Management wenig Gehör gefunden haben”, kritisiert Nutzenberger.
Zweifel an den Staatshilfen gab es bereits Anfang 2022. Denn die Benko-Gesellschaft „Galeria Properties“ aus Köln hat nur zwei Tage nach der bekannt gewordenen Zusage für den zweiten Millionen-Kredit die Bilanz für 2020 veröffentlicht.
„In der Bilanz weist die Firma für 2020 eine ‚Ausschüttung aus Gewinnvortrag‘ von 450,4 Millionen Euro aus. Ein ähnlich hoher Betrag wurde im selben Jahr über zwei Luxemburger Firmen aus dem Konzern Richtung Signa weitergereicht.“ Danach hatte man innerhalb der deutschen Regierung Zweifel, ob es richtig war, der Kaufhauskette derartige Hilfszahlungen zu gewähren. Man hat Bedenken, „dass am Ende nicht die Kaufhäuser, sondern vor allem ihr Eigentümer profitiert: Rene Benko.“ (Focus, vom 12.02.2022, S. 9)
Laut Signa werden Kaufhäuser und Immobilien in getrennten Unternehmensbereichen verwaltet, auch Investoren und Aktionäre seien unterschiedlich. Firmenbuchauszüge aus Österreich zeigen jedoch, dass in beiden Bereichen unter anderem René Benko als Eigentümer verzeichnet ist.
Auch in Österreich hat Benko Corona-Hilfen beantragt: Für seine Kika-Leiner Gruppe-flossen 9,5 Millionen Euro. Dazu bekam er für seine Luxus-Hotels noch eine Million. Die MitarbeiterInnen seiner Kika-Leiner-Gruppe schickte er 2020 für sieben Wochen in Kurzarbeit – auch das übernahmen die SteuerzahlerInnen. Dabei gelten Möbelhäuser als die Gewinner der Krise: Um über vier Prozent sind ihre Umsätze gestiegen.
[Der Artikel wurde am 31. Jan. 2022 veröffentlicht, am 4. Nov. 2022 und am 15. Nov. 2022 aktualisiert]
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