Die neue Studie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zur finanziellen Situation der Bevölkerung zeigt, wie ungleich das Vermögen verteilt ist. Während rund die Hälfte so gut wie nichts besitzt, profitiert die obere Mittelschicht von immer wertvolleren Immobilien. Im Dunkeln bleiben hingegen die reichsten Haushalte. Erneut erhebt die Studie auch eine mehrheitliche Zustimmung zu einer Vermögenssteuer.
Seit 2010 nimmt die Nationalbank im Zuge der „Household Finance and Consumption Survey“ (HFCS) regelmäßig das Vermögen der privaten Haushalte unter die Lupe. Dazu zählen Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Aktien, Autos sowie Geld am Konto. Untersucht wurden bei der vierten und aktuellsten Studie alle Euro-Länder sowie Tschechien, Ungarn und Dänemark.
Für Österreich zeigt sich, dass die Hälfte (!) aller Haushalte im Großen und Ganzen gar kein Vermögen besitzen. Sie sind es, die auch zur Miete wohnen und deshalb sowohl von der Teuerung als auch den stark steigenden Wohnkosten besonders betroffen sind. Denn sie können nicht auf Erspartes zurückgreifen. Der Anteil der Mieter:innen ist in Österreich mit rund 50 Prozent besonders hoch. Nur 47,6 Prozent der Bevölkerung besitzt eine Wohnung oder ein Haus. Im Vergleich zu den anderen Ländern hat nur Deutschland einen noch höheren Anteil an Mieter:innen.
Die andere Hälfte der Bevölkerung besitzt hingegen Immobilien – großteils vor allem nur die Wohnung oder das Haus, in dem sie leben. Denn das durchschnittliche Immobilienvermögen liegt bei knapp unter 400.000 Euro. Das ist auch jene Bevölkerungsgruppe, die seit 2017 einen deutlichen Vermögenszuwachs verzeichnen konnte. Das lässt sich darauf zurückführen, dass Immobilien seitdem deutlich wertvoller geworden sind. Die Immo-Wertsteigerungen auf der einen Seite entsprechen somit den Mieterhöhungen auf der anderen Seite.
Die Studienzahlen zeigen auch, dass eine Vermögenssteuer ab einer Million Euro – wie es etwa die SPÖ fordert – kaum jemanden treffen würde. Denn selbst die obere Mittelschicht hat ein geringeres Vermögen. Lediglich die reichsten vier bis fünf Prozent würden laut der Auswertung davon betroffen sein. Die Vermögenskonzentration ist somit bereits jetzt sehr stark ausgeprägt.
Und das, obwohl die Studienautoren selbst anmerken, dass die Superreichen in dieser Auswertung stark unterschätzt sind. Der maximale abgebildete Vermögenswert liege bei zwölf Millionen Euro. „Dann können Sie sich vorstellen, wie viel nach oben fehlt“, sagt Studienautor Martin Schürz bei der Präsentation der Ergebnisse. Bei René Benko wird das Vermögen beispielsweise auf 6.000 Millionen Euro geschätzt.
Während laut dieser Studie das reichste Prozent „nur“ 16,3 Prozent des Vermögens hält, kommen andere Studien der EZB auf einen Wert von bis zu 50 Prozent. Ein Grund für diesen eklatanten Unterschied besteht darin, dass die Österreichische Nationalbank – anders als 17 andere Länder – auf ein sogenanntes „Oversampling“ verzichtet hat. Mit dieser Methode würde man überproportional mehr Haushalte in die Stichprobe aufnehmen, bei denen man höhere Vermögen vermutet. Damit könnte man ausgleichen, dass diese Bevölkerungsgruppe von vornherein weniger wahrscheinlich an der Umfrage teilnimmt und damit unterrepräsentiert ist. Darüber hinaus könnte man begründete Verteilungsannahmen sowie öffentlich bekannte Reichenlisten in die Schätzung miteinbeziehen, so wie es etwa die US-Notenbank macht und ab Herbst auch die Europäische Zentralbank.
Nichtsdestotrotz bliebe auch dann ein großer Teil des Überreichtums einiger Weniger unsichtbar. Denn solange die Vermögenserfassung lediglich auf Freiwilligkeit, Stichproben und Schätzungen beruht, wird man nie wissen, wie reich die oberen Prozente der Bevölkerung tatsächlich sind. Dabei wäre es aus demokratiepolitischer sowie ökologischer Perspektive besonders wichtig, die großen Vermögen zu erfassen. Immerhin sind es die Superreichen, die das Klima überproportional schädigen und mit ihrem Reichtum Einfluss auf politische Entscheidungen sowie die Medienlandschaft nehmen.
„Die HFCS-Daten sind zweifellos von hoher Qualität im Hinblick auf die Vermögen in der breiten Bevölkerung, sie geben aber wenig Aufschluss über die demokratie- und klimagefährdende Vermögenskonzentration am oberen Rand“, kritisieren die Ökonom:innen Matthias Schnetzer und Eva Six von der Arbeiterkammer.
Ökonom:innen wie Joseph Stiglitz, Jayati Ghosh oder Thomas Piketty, aber auch die Arbeiterkammer ein Vermögensregister. Damit könnte man Transparenz herstellen, die es etwa bei armutsbetroffenen Menschen längst gibt. Denn Sozialhilfe-Empfänger:innen etwa müssen jede Buchungszeile ihres Girokontos mitteilen.
Auch vor dem Hintergrund der größten Inflation seit Jahrzehnten wäre eine Umverteilung heute notwendiger denn je, um zunehmende Armut zu verhindern. Dazu hat die Nationalbank ebenso die teilnehmenden Haushalte befragt. Demnach spricht sich eine deutliche Mehrheit für Vermögenssteuern aus – über alle Einkommens- und Vermögensgruppen hinweg: Wenn eine Vermögenssteuer von einem Prozent bei gleichzeitiger Reduktion der Einkommenssteuer von zwei Prozent eingeführt wird, sprechen sich rund 74 Prozent dafür aus.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Umfragen:
Nach den Argumenten für eine Vermögenssteuer gefragt, finden über 66 Prozent überzeugend, dass der Abstand zwischen Reich und Arm zu groß ist (und eine solche Steuer dabei helfen würde, ihn zu reduzieren). Auch das Argument, dass die Reichen in den letzten Jahren reicher geworden sind und es Zeit ist, etwas zurückzugeben, ist für eine deutliche Mehrheit (58,6 Prozent) überzeugend. Bei den unteren Einkommens- und Vermögensgruppen liegt die Zustimmung bei diesem Argument sogar bei über 67 Prozent.
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