Klassenkampf von oben

Michael Mazohl widerlegt alle Vermögenssteuer-Märchen

Ein Gespenst geht um in Österreich – das Gespenst der unbesteuerten Vermögen. Gerade werden uns eine Menge Märchen aufgetischt, damit wir uns vor Vermögenssteuern fürchten – obwohl wir selbst gar nicht betroffen wären. Sondern nur die reichsten 4 Prozent der Gesellschaft.

Gespenster und Vermögen haben vier Gemeinsamkeiten: Sie richten Schaden an, sie überdauern Generationen, sie sind unsichtbar und es gibt eine Menge Märchen dazu.

Große Vermögen richten Schaden an. Kika/Leiner wäre einer Sozialhilfeempfängerin nicht passiert. Da hat, und der Verdacht ist groß, jemand die Macht seines Vermögens eingesetzt, um sich ungeniert Vorteile und Gewinne zu verschaffen.

Große Vermögen überdauern Generationen. Sie werden in der Regel vererbt, in den seltensten Fällen sind sie „selbst erarbeitet“. Für die Erbschaft, die ein leistungsloses Einkommen für Erb:innen bedeutet, müssen keine Steuern bezahlt werden. Die Vermögen können sich in weiterer Folge fast wie von selbst vermehren, ohne dass sie einen steuerlichen Beitrag zur Gesellschaft leisten müssen.

Über den Daumen besitzt das reichste Prozent der Haushalte die Hälfte des Gesamtvermögens. Und umgekehrt besitzen die unteren fünfzig Prozent etwa ein Prozent. Bei den Kapitaleinkommen – also Miete, Pacht, Dividenden und dergleichen – entfallen neunzig Prozent auf die reichsten zehn Prozent, und umgekehrt zehn Prozent dieser Einkommen auf die restlichen neunzig Prozent der Haushalte. Aus Geld wird Geld, völlig ungehindert. Beim Faktor Arbeit ist das nicht so, dieser wird ordentlich zur Kassa gebeten. Die Steuern und Abgaben auf Arbeit und Konsum machen etwa drei Viertel der Staatseinnahmen aus. Vermögen tragen fast nichts bei.

Große Vermögen sind unsichtbar. Wir wissen nicht, wie reich die Reichen wirklich sind. Die Vermögensverteilung Österreichs wird auf Basis einer stichprobenartigen Erhebung der Nationalbank geschätzt. Genaue Daten gibt es einfach nicht. Von denen, die am wenigsten haben, wissen wir hingegen alles. Sozialhilfeempfänger müssen jede Buchungszeile ihres Girokontos offenlegen.

Kaum werden Vermögenssteuern gefordert, zeigt sich deshalb sofort ein Henne-Ei-Problem: Da wird frech die Frage gestellt, auf welcher Basis die Vermögenssteuern bloß eingehoben werden sollen – wir haben schließlich kein Vermögensregister, in dem alle Vermögenswerte erfasst sind. Wird umgekehrt ein Vermögensregister gefordert, heißt es: Wozu? Wir haben ja keine Vermögenssteuer. Die Lösung ist klar: Wir müssen beides gleichzeitig einführen. Es braucht, sozusagen, nur die Eier dafür.

Große Vermögen lieben Schauermärchen. Sie machen es möglich, dass Reiche und Superreiche uns eine Menge Geschichten auftischen können. Dafür gründen sie eigene Thinktanks wie die Agenda Austria, eigene Medien, oder zeigen sich da und dort mit Spenden und Gefälligkeiten großzügig. Propaganda ist ihre stärkste Waffe im Klassenkampf von oben. Was Vermögenssteuern betrifft, werden seit Jahrzehnten die immer gleichen Mythen gestreut, die eigentlich leicht zu widerlegen sind.

Mythos: „Vermögende verlassen in Scharen das Land!“

Vermögenssteuern würden dazu führen, dass unsere Vermögenden das Land verlassen würden. Das ist aber gar nicht so einfach. Erstens ist es schwierig, Immobilien ins Ausland mitzunehmen – und ein großer Teil der Vermögenswerte liegt in Immobilien. Zweitens könnte eine Abwanderung durch eine sogenannte Wegzugsbesteuerung weniger attraktiv gemacht werden. Und drittens stellt sich die Frage: Wohin sollen sie auswandern? Österreich ist in der Vermögensbesteuerung Schlusslicht. Fast nirgends wird Vermögen so wenig besteuert wie hierzulande.

Mythos: „Eine Vermögenssteuer findet keine Akzeptanz in der Bevölkerung“

Tatsächlich zeigen Umfragen seit mindestens 15 Jahren stabile Mehrheiten für die Einführung einer Vermögenssteuer, je nach Modell und Umfrageinstitut zwischen 52 und 58 Prozent. Zuletzt sprachen sich in einer SORA-Umfrage des Momentum-Instituts im März dieses Jahres zwei Drittel der 2.000 Befragten dafür aus. Auch für Erbschaftssteuern spricht sich eine Mehrheit aus.

Mythos: „Eine Vermögenssteuer rechnet sich nicht“

Das jährliche Aufkommen einer Vermögenssteuer nach dem sehr milden SPÖ-Modell (ein halbes Prozent ab einer Million Euro, ein Prozent ab zehn Millionen Euro) bringt über drei Milliarden Euro pro Jahr. Die Modelle des ÖGB bzw. der GPA, die sich im Wesentlichen durch eine weitere Steuerstufe ab drei Millionen Euro unterscheiden, bringt bis zu sechs Milliarden Euro pro Jahr. Ausweicheffekte – also dass Reiche Vermögenswerte in andere Länder transferieren – sind in diesen Berechnungen der Arbeiterkammer bereits berücksichtigt.

Mythos: „Häuslbauer können sich ihre Eigenheime nicht mehr leisten“

Damit das Vermögen von Häuslbauern überhaupt besteuert werden würde, müsste der Wert ihres Hauses und Grundstücks eine Million Euro übersteigen. Das ist sehr unwahrscheinlich. Außerdem würde eine SPÖ, die sich als „Partei der Häuslbauer sieht“, um den neuen Vorsitzenden Andreas Babler zu zitieren, Eigenheime wohl sowieso von einer Vermögenssteuer ausnehmen.

@kontrast.at Kann man einem Millionär zumuten, gleich viel Steuern zu zahlen wie eine Angestellte? 🤔 #vermögenssteuer #millionär #steuern #reichemenschen #österreich #kritischdenken ♬ Originalton – Kontrast

Mythos: „Der Mittelstand wird angegriffen“

Was Vermögen betrifft, gibt es in Österreich keinen Mittelstand. Nur die vier bis fünf reichsten Prozent der Bevölkerung besitzen ein Vermögen von über einer Million Euro. Das Durchschnittsvermögen des reichsten Prozents der Bevölkerung beträgt etwa 12 Millionen Euro. Ihre jährliche Vermögenssteuer würde nach dem SPÖ-Modell 65.000 Euro betragen – also so viel wie einige Flüge im Privatjet.

95-96 Prozent wären von einer Vermögenssteuer nicht betroffen, sie könnten aber direkt (durch niedrigere Steuern auf Arbeit und Konsum) oder indirekt (durch einen Ausbau des Sozialstaats) von einer Vermögenssteuer profitieren.

Mythos: „Der Administrationsaufwand für Vermögenssteuern ist zu hoch“

Ein Blick auf den Kalender zeigt: Wir leben im Jahr 2023, dem Zeitalter der Digitalisierung. Mit der Einführung eines Vermögensregisters, der Auswertung von Grundbüchern oder Kontodaten sollte eine Besteuerung effizient umsetzbar sein.

Es gibt aber nicht nur eine Menge Mythen gegen Vermögenssteuern, sondern auch Gründe dafür. Eine hohe Vermögenskonzentration in den Händen weniger gefährdet etwa den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie. Mit diesem Argument wird man Reiche und Superreiche freilich nicht überzeugen – Demokratie wollen sie sowieso beeinflussen, von den Auswirkungen sozialer Spannungen können sie sich freikaufen. Aber ein verlockendes Argument gibt es da noch: Vermögenssteuern zählen zu den wachstumsfreundlichsten Steuerarten. Wenn Steuern auf Arbeit im Gegenzug zu Vermögensbesteuerung gesenkt werden, steigt der Konsum entsprechend – die Konjunktur brummt. Davon würden tatsächlich alle profitieren.

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Wolfgang
Wolfgang
13. Juli 2023 18:36

Vermögen bedeutet nicht gleich liquide Mittel. Vor allem bei Betrieben, die auf ihr Betriebsvermögen angewiesen sind, könnte eine solche Steuer ein Todesurteil darstellen.
Es ist mir absolut unverständlich, warum man immer auf so unkreative Wege setzt, wie einfach eine neue Steuer einzuführen, um Symptome zu überdecken, anstatt an Ursachen zu arbeiten.
Warum nicht z.B. eine Win-win-Situation schaffen, die Vermögende viel eher annehmen können.
1) Vermögende haben häufig das „Problem“, ihr Geld gut und sicher anzulegen.
2) Eines der größten Probleme für armutsgefährdete Personen ist es, die Miete zu bezahlen.
Warum nicht Vermögende verpflichten, einen Teil ihres Geldes, das sie mitunter sowieso gerne anlegen möchten, zur Finanzierung von Wohnraum zur Verfügung zu stellen, der nur armutsgefährderten Personen dient. Die Bewohner zahlen statt einer Miete, die einfach weg ist, ihre Wohnung über 30 Jahre ab und danach gehört sie ihnen. Der vermögende Geldgeber hat vielleicht keinen Gewinn damit gemacht, aber sein Geld ist auch nicht weg, wie im Fall einer Steuer.

Man könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen und dem Vermögenden die Möglichkeit geben, die Wohnung bis zu 50% vom Wert günstig zu beleihen – damit könnte er das so zurück geliehene Geld sogar gewinnbringend verwenden. Die Zinsen für dieses Darlehen könnten wiederum in eine verwaltende Gesellschaft fließen, die damit weiteren Wohnraum finanziert, womit einer der größten Pains für armutsgefährdete Menschen gemildert wird.

Damit ließen sich jährlich zehntausende Wohnungen finanzieren und Menschen, die nie eine Chance auf einen Kredit hätten, kämen zu Eigentum.

Peter
Peter
15. Juni 2023 17:09

Auch die Vermögensteuer ist keine Lösung.

Siehe dazu Gefangen im Kasino (Spektrum der Wissenschaft). (https://www.spektrum.de/magazin/modellierung-moderner-volkswirtschaften/1686890)

Um das Verteilungsproblem zu lösen braucht es vollkommen andere Lösungen. Das wäre im Interesse aller. Eine kleine Vermögensschere einer Gesellschaft nutzt allen. Auch das ist Wissenschaftlich hinlänglich belegt. (Dabei ist es egal ob alle Reich oder Arm sind!)

Die Vermögungssteuer ist ungerecht, es lässt Fragen offen was ist Reich und was Arm?

Als Beispiel dieser Problematik, ein Firmeninhaber mit 30 Angestellten, der sein gesamtes Vermögen in seine Firma steckte, und jetzt die Kinder erben. Finanziell ist wenig da, die Folge wäre dann das 30 Menschen arbeitslos werden, weil die Steuer nicht aufgebracht werden kann. Da beißt sich dann die Katz in den Schwanz (Ähnliche Beispiele gibt es mehr als genug in Österreich).

Ein Lösung zu finden ist Aufgabe unsere Denkfabriken!

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