Teuerung

Inflation in Österreich steigt weiter: Auch Wifo-Chef Felbermayr für Markteingriffe

Die Inflation von 8,7 Prozent ist im Mai in Österreich noch immer höher als in vielen anderen EU-Ländern. Selbst marktliberale Ökonomen sprechen sich jetzt für preisregulierende Maßnahmen aus. So sollte man nun über eine Mietpreisbremse, einen Gaspreisdeckel sowie eine Mehrwertsteuer-Senkung auf Lebensmittel nachdenken, sagt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr im ORF.

Laut aktueller Schätzung der Statistik Austria stieg die Inflation in Österreich im April recht stark an – trotz hohem Niveau. Der Wert liegt nun wieder auf 8,9 Prozent und damit um 0,8 Prozentpunkte mehr als noch im März. Für das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) kommt das überraschend. Denn die Energiepreise für Gas, Sprit und Strom, die in den letzten Monaten zu den stärksten Preistreibern gehörten, steigen nun nicht mehr so stark. Das sollte eigentlich eine sinkende Inflationsrate zur Folge haben – was aber offenbar nicht der Fall ist.
Laut Statistik Austria sind besonders die Bereiche Freizeit, Reisen und Dienstleistungen stark angestiegen. Welche Faktoren genau eine Rolle spielen, wird nun im Detail analysiert.

„Wir müssen jedenfalls davon ausgehen, dass wir unsere Prognose vom März – dass wir heuer eine Inflationsrate von 7 Prozent haben werden – revidieren müssen. Die Reise geht leider weiter nach oben“, sagt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr im ORF.

Inflation in Österreich höher wegen fehlender Preiseingriffen

Fest steht auch, dass in Österreich die Preise deutlich stärker als in anderen Euro-Ländern steigen. In Luxemburg oder Spanien liegt sie etwa bei rund 3 Prozent. Aber auch Deutschland steht im Vergleich besser da: Dort ist die Inflation 2,6 Prozent niedriger.

Gründe dafür sieht Wifo-Chef Felbermayr unter anderem im unterschiedlichen Konsumverhalten. So wird in Österreich etwa mehr Geld für Gastronomie und Tourismus ausgegeben. Die Preissteigerungen in diesem Bereich wirken sich damit stärker auf die Inflationsrate aus als in Deutschland. Auch geben Österreicher:innen mehr Geld von ihrem Einkommen für Lebensmittel aus als in den reicheren Ländern Schweiz und Luxemburg.

Aber auch einen anderen entscheidenden Unterschied macht der Ökonom aus, und zwar in der Inflationsbekämpfung: Andere Länder haben stark in die Preise eingegriffen, die Energiepreise gedeckelt (statt subventioniert), Mehrwertsteuersätze gesenkt, in die Mieten eingegriffen usw. „Das haben wir alles nicht gemacht“, so Felbermayr, der als marktliberaler Ökonom gilt. Auch der Gaspreis sei weiterhin sehr viel höher als anderswo.

Ökonom: Mietpreisbremse sollte angedacht werden

„Dass der Abstand zur Eurozone so groß ist, das muss uns schon zu denken geben. Wir müssen jetzt sicherlich an vielen Hebeln ziehen, damit wir diesen relativ großen und leider auch wachsenden Inflationsunterschied zur Eurozone schließen. Da sollte keine Option von vornherein ausgeschlossen werden“, so Felbermayr. Die angesprochenen Maßnahmen hätten zwar auch Nebenwirkungen, so der Ökonom.

„Aber ja, die Mietpreisbremse wäre eine Chance gewesen und in diese Richtung kann man immer noch nachdenken“, führt er weiter aus.

In der Zwischenzeit steigen mit Mai die Mieten für fast 800.000 Menschen erneut um satte 8,6 Prozent.

Auch Möglichkeiten im öffentlichen Dienst sollten ausgelotet werden, etwa wie die Preise für die Müllabfuhr gesenkt werden könnten, schlägt er im Interview vor.

Mehrwertsteuersenkung für Wifo nun doch denkbar

Die Lebensmittelpreise sind ebenfalls für viele Menschen inzwischen ein großes Problem. Diese sind innerhalb eines Jahres um bis zu 70 Prozent gestiegen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass selbst direkt an der österreichisch-deutschen Grenze die Preise hierzulande um 13 Prozent teurer sind. Grund dafür könnte sein, dass die wenigen großen Supermarktketten in Österreich ihre Marktmacht ausnutzen und deshalb ihre Produkte teurer verkaufen können. Das sieht auch der Minister für Konsumentenschutz, Johannes Rauch (Grüne) so, der einen Lebensmittelgipfel ankündigt.

Einige Länder haben die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ausgesetzt. Auch in Österreich fordern das die Gewerkschaft, die Arbeiterkammer und die SPÖ seit vielen Monaten. Die ÖVP, Grüne und Neos haben das bis jetzt abgelehnt. Auch das Wifo war anfangs dagegen – und schwenkt jetzt aber um:

„Wir waren auch dagegen am Wifo, das stimmt. Ich denke, dass wir da jetzt offen darüber reden müssen, was da funktionieren könnte. Die Mehrwertsteuer-Senkung wäre eine Möglichkeit“, so der Wifo-Chef.

Gerade im Lebensmittelbereich gäbe es allerdings auch weitere Möglichkeiten. Felbermayr spricht sich etwa für eine höhere Preistransparenz aus. Für die 20 bis 30 wichtigsten Lebensmittel sollte man sichtbar machen, wo die Preise am günstigsten sind, meint der Ökonom. Das würde den Wettbewerb stärken und könnte die Preise senken.

Die ÖVP sieht freilich keinen Handlungsbedarf. Sie lehnen eine Mietpreisbremse, einen Gaspreisdeckel sowie Eingriffe in die Lebensmittelpreise weiterhin ab.

Wie sollen wir in Österreich die Teuerung bzw. ihre Folgen bekämpfen?

Maximal 4 Antwortmöglichkeiten

  • Steuern auf Arbeit senken, dafür Steuern auf Millionenvermögen erhöhen 23%, 301 Stimme
    23% aller Stimmen 23%
    301 Stimme - 23% aller Stimmen
  • Übergewinnsteuer für Energieunternehmen und Banken 21%, 268 Stimmen
    21% aller Stimmen 21%
    268 Stimmen - 21% aller Stimmen
  • Energiepreise stärker regulieren 15%, 194 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    194 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Mieterhöhungen für die nächsten zwei Jahre stoppen 13%, 165 Stimmen
    13% aller Stimmen 13%
    165 Stimmen - 13% aller Stimmen
  • Mehrwertsteuer auf Lebensmittel streichen 12%, 149 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    149 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Ganztagesschulen kostenlose machen 8%, 100 Stimmen
    8% aller Stimmen 8%
    100 Stimmen - 8% aller Stimmen
  • Höchstzinsen für Häuselbauerkredite einführen 5%, 62 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    62 Stimmen - 5% aller Stimmen
  • Mindestzinsen für bestimmte Sparprodukte einführen 4%, 50 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    50 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 1289
Voters: 383
13. Mai 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.

Neue Artikel

Natur wiederherstellen: So blockiert die ÖVP ein wichtiges EU-Umweltgesetz

Jahrelang wurde über das Gesetz über die Wiederherstellung der Natur in Europa verhandelt. Die EU…

19. Mai 2024

Das ist Harald Vilimsky: FPÖ-Spesenaffäre, Putin-Freund und Trump-Fan

Jahrelang war Harald Vilimsky Generalsekretär an der Seite von HC Strache, seit 2014 ist er…

17. Mai 2024

„Niemand zahlt so wenig Steuern wie Milliardäre“ – Starökonom Zucman fordert globale Reichensteuer

Die reichsten Menschen zahlen am wenigsten Steuern. Was nach einer Geschichte aus dem Mittelalter klingt,…

17. Mai 2024

Nationalratssitzung vom 15. bis 16. Mai 2024: So haben die Parteien abgestimmt!

In der Nationalratssitzung vom 15. bis 16. Mai 2024 ging es unter anderem um Österreichs…

16. Mai 2024

Kein Mensch müsste hungern: Wie Milliardäre den Welthunger beenden können

In einer Welt, in der Luxusyachten auf den Meeren unterwegs sind und Weltraumreisen ein neues…

16. Mai 2024

Das Lieferkettengesetz der EU einfach erklärt

Das Lieferkettengesetz der EU soll Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. So sollen sie künftig…

15. Mai 2024