Umwelt

Parlament beschließt Verbot von Wasserprivatisierung

Heinz Christian Strache hat im Ibiza-Video versprochen, Österreichs Trinkwasser an private Investoren zu verkaufen. Dank des freien Spiels der Kräfte im Parlament konnten solche Pläne nun langfristig verhindert werden. Eine Bestimmung im Verfassungsrang garantiert den Erhalt des Trinkwassers in öffentlicher Hand.

In der EU steigt der Druck, die Wasserversorgung zu privatisieren. Lobbygruppen und Konzerne wie Nestlé setzen sich seit Jahren dafür ein. Dabei zeigen Beispiele aus ganz Europa: Durch Privatisierungen wird Wasser teurer, aber die Qualität schlechter.

Die Privatisierung von Wasser hat sich in ganz Europa als schwerer Fehler erwiesen: Mehr als 120 Städte und Gemeinden haben in den letzten 15 Jahren ihre Wasserversorgung von der privaten in die öffentliche Hand zurückgeholt – Konzerne und Investoren sind nicht in der Lage gewesen, die Wasserversorgung der Bevölkerung zu sichern.

Um Österreich die Kosten von Privatisierung und erneuter Verstaatlichung zu ersparen, will die SPÖ das Trinkwasser in Österreich per Gesetz schützen. Im Juli hat das Parlament beschlossen.

„Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten.“

Strache im Ibiza-Video: „Benefit für den privaten Betreiber muss stimmen“

Anlass ist das Ibiza-Video des ehemaligen Vizekanzlers Heinz Christian Strache (FPÖ). Dort verspricht er einer Investorin das österreichische Trinkwasser als Geschäftsfeld: Man müsse ein Modell finden, „wo wir das Wasser verkaufen, wo der Staat eine Einnahme hat und derjenige, der das betreibt, genauso eine Einnahme hat“. Man müsse sich dann eben „um die Prozente streiten“.

Natürlich könne man das Wasser nicht einfach privatisieren, sagt Strache, denn: Da reagieren die Österreicher „allergisch“. Aber eine Privatisierung unter der Hand kann sich Strache dennoch vorstellen: Die öffentliche Hand soll die Infrastruktur behalten, aber private Betreiber bezahlen, die Wasserversorgung zu „managen“.

Dabei soll der „Benefit für den privaten Betreiber stimmen. „Des hat Sex. Des hat Sex, genau“, freut sich Strache.

Strache-Modell: In Frankreich stieg Wasserpreis um 265 Prozent

Was Strache meint, ist die Vergabe von Konzessionen an private Wasserunternehmen. Das heißt: Quellen und Infrastruktur bleiben in öffentlicher Hand, Konzerne kümmern sich um die Bereitstellung und Entsorgung.

Ein Modell, das etwa in Frankreich enormen Schaden angerichtet hat: 1984 hatte die Stadt Paris in einem 25-jährigen Vertrag die Wasserversorgung an die Konzerne Suez und Veolia vergeben. Die Infrastruktur und die Verantwortung über die Wasserqualität blieben bei der Stadt.

Von 1985 bis 2009 ist der Wasserpreis um 265 Prozent gestiegen. Alle drei Monate hat sich das Wasser für die Pariser verteuert.

2010 ist das Konzessions-System endgültig gescheitert: Paris hat die Versorgung rekommunalisiert und die Preissteigerungen zurückgenommen. 40 französische Gemeinden, darunter große Städte wie Bordeaux und Brest, haben sich dem Pariser Vorbild angeschlossen – auch dort werden keine Konzessionen mehr an Private vergeben.

In Österreich ist die Wasserversorgung dem österreichischen Wasserrechtsgesetz unterworfen – die Vergabe privater Konzessionen bei der Wasserversorgung ist darin nicht ausgeschlossen.

Wasser als Aktien-Ware: Bewohner geben 20% des Einkommens für Wasser aus

An einer anderen Stelle im Ibiza-Video verspricht Strache sogar einen echten Ausverkauf des Wassers. Die österreichische Wasserversorgung soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Der Staat soll dann lediglich eine Sperrminorität mit 25,1 Prozent der Anteile halten.

Beispiele für diese Art der Wasser-Privatisierungen finden sich in Berlin, Portugal und Großbritannien. Der Wasserpreis in Portugal stieg innerhalb von nur sechs Jahren um 400%, nachdem Unternehmen die Werke aufgekauft hatten. Bewohner gaben etwa 20% ihres Einkommens für Wasser aus.

Undichte Leitungen: In England droht der Wassernotstand

Mit explodierenden Wasserpreisen mussten auch die Berliner leben: Das Wasser kostete um ein Drittel mehr, die Gewinne der Konzerne Veolia und RWE lagen im dreistelligen Millionenbereich. Nach massivem Druck der Bevölkerung hat die Stadt die Wasserversorgung wieder zurückgekauft – seither sind die Wasserpreise wieder gesunken.

Dramatisch ist auch die Situation in Großbritannien: Nach der Privatisierung durch die Thatcher-Regierung  1989 stiegendie Wasserpreiseinflationsbereinigt um mehr als 40 Prozent. Gleichzeitig sind die Investitionen in Wasserleitungen gesunken. Das Ergebnis: Die Wasserkonzerne konnten alleine 2017 1,8 Mrd. Euro an ihre Aktionäre auszahlen, während Leitungen verfallen und Wasser aus den undichten Rohren rinnt. In 25 Jahren droht England der Wassernotstand, wenn die Leitungen nicht erneuert werden. 

Wasserprivatisierung im ÖVP-Umfeld

Für Österreich sah die Recherche-Platform Addendum Straches Pläne in ersten Schritten bereits umgesetzt: So hat die ÖVP-nahe Investmentbanker-Familie Muhr das Wasserrecht in Hallstein auf 89 Jahre zugesprochen bekommen – eine Konzession im Sinne Straches. Auf einem Grundstück der Bundesforste dürfen sie Trinkwasser abfüllen und als „Hallstein Water“ verkaufen.

Die Familie Muhr spendete 10.000 Euro für den Präsidentschaftswahlkampf des ÖVP-Kandidaten Andreas Khol. Genau in dem Jahr wird der Pachtvertrag mit der Republik Österreich unterschrieben: Die Firma Alpine Water bekommt das Wasserrecht für die längst mögliche Laufzeit für eine Pacht-Vereinbarung dieser Art. Für das Jahr 2019 war ein Umsatz von knapp 80 Millionen Euro geplant – die Republik Österreich hätte davon gerade mal 129.085 Euro erhalten.

In anderen Gemeinden soll es ähnliche Pläne zur Privatisierung von Trinkwasser gegeben haben, die Bewohner haben das aber mehrfach verhindert.

Wie sollen wir in Österreich die Teuerung bzw. ihre Folgen bekämpfen?
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13. Mai 2024
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