Kinder und Jugendliche von Alleinerzieherinnen sind in Österreich mehr als doppelt so oft von Armut betroffen als andere Kinder. Schuld daran sind auch Lücken im Unterhaltsrecht. Eine Unterhaltsgarantie könnte die Situation zehntausender Kinder verbessern.
179.600 Ein-Elternfamilien¹ lebten laut Statistik Austria 2016 in Österreich. Zu 90 Prozent sind Mütter die Alleinerziehenden – eine Gruppe, die nicht nur besonders unter der Doppel- und Dreifachbelastung leidet, sondern auch überdurchschnittlich häufig davon betroffen ist arm zu sein:
Neben niedrigen Fraueneinkommen und der besonderen Schwierigkeit, als Alleinstehende Kind und Job unter einen Hut zu bringen, sind es oft auch die niedrigen oder ganz fehlenden Unterhaltszahlungen der Väter, die arm machen.
Wenn der Unterhaltspflichtige, in der Regel der Vater, nicht zahlt, gibt es zwar Unterhaltsvorschuss vom Staat (knapp über 50.000 Kinder bekommen einen solchen Vorschuss) – allerdings nur, wenn die Aussicht besteht, dass das Geld vom Unterhaltspflichtigen zurückgefordert werden kann. Wenn der Vater etwa arbeitsunfähig, schwer krank oder nicht auffindbar ist, gibt es keinen Vorschuss – die Mütter müssen allein dafür sorgen, die Kinder finanziell über die Runden zu bringen.
Dazu kommt, dass der Unterhaltsvorschuss mit dem 18. Lebensjahr endet. Jugendliche, die in Ausbildung sind und kein Einkommen haben, müssen dann den Vater bei Gericht klagen, um zu dem Unterhalt zu kommen, der ihnen zusteht – aus nachvollziehbaren Gründen verzichten viele auf diesen schwierigen Schritt.
Darüber hinaus gibt es Regelungen im aktuellen Unterhaltsrecht, die den monatlichen Unterhalt zu einer ständigen Zitterpartie machen. Wenn der Staat Vorschuss gewährt, der Unterhaltspflichtige aber behauptet, diesen nie zurückzahlen zu können, kann er einen Antrag stellen, dass der Betrag gesenkt wird. Das kann dazu führen, dass statt der zugesprochenen 250 Euro Unterhalt, z.B. nur mehr 20 Euro im Monat oder gar nichts gezahlt wird –– bis das Gericht bewiesen hat, dass der Vater aufgrund von Qualifikation, Alter, Arbeitsmarktlage mehr zahlen könnte. Das Problem: Bis das Gericht seine Überprüfung abgeschlossen hat, können Monate vergehen – eine finanzielle Katastrophe für diese Familien.
Zudem können diese Anträge vom Vater wiederholt gestellt werden – das bedeutet ständige Unsicherheit für Mütter und Kinder.
Die Österreichische Plattform für Alleinerziehende und Frauenpolitikerinnen fordern deshalb eine Reform des Unterhaltsrechts.
So soll der Unterhaltsvorschuss nicht nur bis zum 18. Lebensjahr, sondern bis zum Ende der Ausbildung ausbezahlt werden. Die so genannten Regelbedarfssätze, an denen sich die Höhe des Unterhalts orientiert, müssten neu berechnet werden. Und auch die Regelungen im Unterhaltsvorschussgesetz, die bewirken, dass Kinder oft monatelang keinen oder sehr niedrigen Unterhalt bekommen, sollen abgeschafft werden.
Vorbild für eine umfassende Reform könnte Schweden sein: Dort gibt es eine staatliche Kindesunterhaltssicherung, die sich nach den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen richtet und nicht, so wie bei uns, nach den Möglichkeiten der Unterhaltspflichtigen. In Schweden erhalten die Kinder unbürokratisch einen Fixbetrag und der Staat holt sich vom Unterhaltsschuldner, was er holen kann.
In Österreich hat ÖVP-Justizminister Brandstetter schon vor drei Jahren eine Arbeitsgruppe versprochen, die Reformvorschläge vorlegen soll. Ergebnisse fehlen bislang. Die SPÖ nimmt sich des Themas in ihrem neuen Wahlprogramm an und will eine „Unterhaltsgarantie“ einführen, um jene Kinder, die keinen oder sehr geringen Unterhalt(svorschuss) bekommen, abzusichern. In einer TV-Diskussion der SpitzenkandidatInnen zur Nationalratswahl haben dann alle ihr Ja zu einer Reform zugesichert. Ein Gesetz könnte sogar noch vor der Wahl beschlossen werden. Geschätzte Kosten der Unterhaltsgarantie: 54 Mio. Euro – nicht zu viel, wenn es um die Bekämpfung von Kinderarmut geht.
¹ 179.600 Ein-Eltern-Haushalte mit zu erhaltenden Kindern unter 25 Jahre, davon 160.200 Mütter und 19.700 Väter (Statistik Austria)
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