Wirtschaft und Finanzen

Wie die Regierung die Arbeitnehmer entmachten will

Die österreichische Sozialversicherung ist nicht leicht zu erklären. Ein solidarisches Versorgungssystem sichert lebensbedrohliche Risiken wie Krankheit ab, und zwar weitgehend unabhängig von staatlichen Einflüssen. Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger nennt man dieses System, das ÖVP und FPÖ schon länger ein Dorn im Auge ist – obwohl sie in allen andere Bereichen den Einfluss des Staates mit Begeisterung zurückdrängen.

Das Papier der Regierung

Jetzt ist ein konkretes Reformpapier aufgetaucht, das die „Presse“ am 18. April veröffentlicht hat. Dem industriellen Flügel der Kanzlerpartei ÖVP dürfte die Geduld ausgegangen sein: auf weniger Lohnnebenkosten für Arbeitgeber wollen sie nicht mehr warten. Lieber gleich das gesamte Sozialversicherungssystem in Österreich umbauen.

Zunächst soll die Verwaltung zentralisiert werden: Über die neun Gebietskrankenkassen soll mit der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) eine zentralisierte Einheit gestülpt werden. Entscheidungen werden künftig zu den Generaldirektoren verschoben. Die Vorstände werden abgeschafft. In ihnen waren 10 oder 15 Personen vertreten – die Arbeitnehmer zu vier Fünftel.

Entmachtung der Arbeitnehmer

Künftig soll dann nicht mehr die demokratisch legitimierte Selbstverwaltung der Beitragszahler etwa über die Anschaffung eines Röntgengeräts entscheiden, sondern ein Generaldirektor – gesteuert aus einer zentralen Struktur in Wien. Dazu kommt eine Art Verwaltungsrat, in der fünf Arbeitgeber- und fünf Arbeitnehmer-Vertreter sitzen, sowie zwei Kommissäre des Bundes. Der Rat hat nur noch Rechte in grundsätzlichen Fragen, wie Liegenschaftskäufen.

Wer schon einmal mit zentralisierten Entscheidungsläufen zu tun hatte weiß, wie lange so etwas dauern kann. Das bedeutet also längere Entscheidungsprozesse, mehr Bürokratie und weniger Rücksicht auf regionale Bedürfnisse. Wenn eine weitere Ebene durch die ÖGK eingezogen wird, werden die Prozesse komplizierter, es gibt womöglich sogar weniger Mitarbeiter, die für die Versicherten da sind. Damit sind die vermeintlich eingesparten Stellen durch die Auflösung der Gebietskrankenkassen gleich wieder andernorts verbraucht. Dazu kommt, dass mit der Zentralisierung der gesunde Wettbewerb unter den Kassen wegfällt. Auch er ist Ansporn zu Verbesserungen.

Beamtenversicherung bleibt samt Privilegien unberührt

Unberührt bleibt interessanterweise die Beamtenversicherung – mit entsprechenden Privilegien hinsichtlich der Leistung. In ihr werden die Eisenbahner und Bergleute aufgehen, die bisher in der eigenen Versicherungsanstalt Eisenbahn und Bergbau versichert sind. Der Unfallversicherung AUVA werden dagegen in Zukunft die Selbstständigen nicht mehr angehören, sie wandern in die „SVS“, die neu geschaffene Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen – das ist nicht mehr als der Austausch der Türschilder.

So ganz nebenbei wird parteipolitische Umfärbung betrieben und der sozialpartnerschaftliche Interessensausgleich von Arbeitnehmern und Wirtschaft geschwächt.

Fazit

Der Kanzler hat sich mit seinem Reformversprechen keinen Gefallen getan. Österreich hat ein exzellentes Gesundheitssystem und eine gut funktionierende Pensionsversorgung.

Natürlich gibt es Verbesserungsbedarf:

  • endlich gleiche Leistungen für alle, und zwar die bestmöglichen
  • die Versicherten in den Mittelpunkt stellen und nicht die Struktur
  • Anerkennung für die großartige Leistung der Mitarbeiter der Sozialversicherungen

Keiner dieser Punkte ist im Regierungskonzept enthalten.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1627 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1627 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 431 Stimme
    15% aller Stimmen 15%
    431 Stimme - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 346 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    346 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 254 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    254 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 132 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    132 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2790
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Florian Burger

Neue Artikel

So weit hinten wie noch nie: Österreich stürzt bei Pressefreiheit auf Platz 32 ab

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlichen jedes Jahr ein Ranking, wie es um die weltweite Pressefreiheit…

3. Mai 2024

AK-Wahlen: Sozialdemokratie gewinnt – Regierungsparteien verlieren

Die Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) gewinnen trotz leichtem Minus die AK-Wahlen klar. In sieben…

3. Mai 2024

Die Familie Lopez aus Haslach: Bestens integriert, trotzdem abgeschoben!

2021 kam die Familie Lopez nach Haslach in Oberösterreich. Die Mutter fand schnell Arbeit als…

2. Mai 2024

Fast eine halbe Million Österreicher haben nicht genug zu essen

Armut in Österreich: Fast eine halbe Million Menschen können sich nicht genug zu essen leisten.…

2. Mai 2024

1. Mai – Seine Geschichte und Bedeutung für unsere Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und faire Löhne

Am 1. Mai wird auf der ganzen Welt der Tag der Arbeit gefeiert. Der Feiertag…

30. April 2024

Niederösterreich: So halbiert eine rote Gemeinde den Strompreis für alle

In der Gemeinde Trumau wird bald Realität, was sich viele lange erträumt haben: Strom zum…

30. April 2024